Full text: Die Härte der Weltenliebe

Guten Abend, Herr Justizrat. Und die Frau Gemahlin? 
Sie wird gleich hier sein, Doktor. Sie geht etwas mit meinen 
Töchtern auf und ab. 
Eigentlich wollte ich noch um Ihren Rat bitten, aber bei der 
schönen Musik sind Sie wohl nicht in Stimmung. 
Abends bin ich Mensch. Dieser Lindenduft 
Ist das Lindenduft. 
Lieber Doktor, Sie haben keinen Sinn für die Natur. Und kein 
Herz für Musik. Mich erinnern diese Linden an meine 
Jugend. Ober, noch ein Bier. 
Mir auch. In meiner Jugend blühten keine Linden. 
Diese Musik ist wunderbar. Sie erinnert mich an eine 
Studentenkneipe. Damals kam dieser Künstler auf. Das 
waren noch Zeiten, Doktor. Abends vergesse ich meine 
ganze Arbeit. Ein Stück Natur gehört zum Menschen. 
Zwei helle, bitte sehr. 
Guten Abend, Herr Doktor. 
Guten Abend, mein gnädiges Fräulein. * 
Hier riecht es scheußlich nach diesen ekelhaften Tieren. 
Ihr Herr Vater riecht Lindenduft. 
Mein Mann kann überhaupt nicht riechen. Das ist alles nur 
Einbildung. 
Ottilie, Du hast den Herrn Doktor noch gar nicht begrüßt. 
Aber natürlich. Du kannst überhaupt nicht sehen. 
Die gnädige Frau hat mich sogar sehr liebenswürdig begrüßt, 
Herr Justizrat. Und Fräulein Irma? 
Die geht noch mit der Gesellschafterin herum. So ein junges 
Mädchen muß sich ausplaudern. 
Wozu die Irma noch eine Gesellschafterin braucht. 
Das muß so sein, Otto. Du kannst überhaupt nichts verstehen. 
Du hast heute wieder einen Ton, Ottilie 
Verheiraten Sie sich nur nie, Herr Doktor. Ich quäle mich 
nun schon vierundzwanzig Jahr. Da gehen Geheimrats. 
Wenn sie nur nicht an den Tisch kommen.
	        
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