daß gegenwärtiger Verfasser selber tausend Mal mehr Gleichnisse für seine >Grönländischen
Prozesset schon im ersten Jahr seiner akademischen Laufbahn in Leipzig, also in einem noch
jüngeren Alter, herausgebracht und herausgegeben. Denn Worble war, als er von Henoch
zum Prinzenerzieher installiert wurde, gerade anderthalb Jahre älter als ich, nämlich neun
zehn und ein halbes Jahr. ...
Ich frage überhaupt die ganze Welt, wie war es denn anders zu machen, um Nikolaus durch
die Städte zu bringen ? Und was mich dabei besonders freut, ist, daß sogar Libette, die Schwe
ster, in alles einging, ja in manchem vorausging . . . (Jean Paul, Der Komet)
Die Texte 1—3 wären nach der traditionellen Terminologie als Beispiele
objektiven Erzählens zu bezeichnen. Hier redet kein >Erzähler-Ich< hinein. In
allen dreien wird eine konkrete Situation geschildert: die Marquise vonO . .
wie sie sich zusammennimmt, ins Freie geht und ihre Kinder küßt; Kommer
zienrat Treibei und seine Frau, wie sie nacheinander ins Arbeitszimmer kom
men; K., wie er ein Nachtlager im Wirtshaus sucht. Alle drei Erzählarten sind
ohne Umschweife und Abschweifungen unmittelbar auf die Situation gerichtet.
Wenn wir sie aber nun aus diesem Grunde als objektiv bezeichnen würden, er
schiene uns dieser Terminus dennoch als inadäquat. Wir würden nämlich nicht
ohne weiteres auf die Frage antworten können, ob die eine dieser Erzählweisen
objektiver ist als die andere, d. h. die jeweilige Situation hier objektiver, dort
weniger objektiv geschildert sei.
Vergleichen wir zunächst die Texte Kleists und Kafkas. Die Stelle aus der
»Marquise von O . ..« weist einen gefühlsbetonteren Wortschatz auf als die
aus Kafkas »Schloß«. In der letzteren bezeichnen nur zwei emotionalere Aus
drücke die Verfassung des Wirts: äußerst überrascht und verwirrt. In der
ersteren haben wir deren eine ganze Menge: schöne Anstrengung, der Auf
ruhr , der ihre Brust zerriß, große Selbstzufriedenheit, die Kraft ihres schuld
freien Bewußtseins, endlich auch die metaphorische Umschreibung des Sich-
zusammennehmens: »hob sie sich plötzlich, wie an ihrer eigenen Hand, aus
der ganzen Tiefe, in welche das Schicksal sie herabgestürzt hatte, empor«. Ist
aber nun die Marquise von O . .. hier weniger objektiv dargestellt als der Wirt
bei Kafka?
Die Antwort auf diese Frage wollen wir nicht unmittelbar geben, sondern
auf dem Umwege über ein kleines Experiment, das uns überhaupt erst die
Möglichkeit zu einer exakten Bestimmung der hier vorliegenden erzähleri
schen Verhältnisse gibt. Wir nehmen einen Augenblick an, es handele sich bei
der Kleistschen Stelle um einen Wirklichkeitsbericht, den eine Person von der
Marquise von O ... gibt. Einige Wortbildungen der Stelle, nicht alle, könnten
auch in einem solchen auftreten, etwa die eben zitierte: sie erhob sich aus der
ganzen Tiefe ... Wir bemerken sogleich, wenn wir diese Annahme machen,
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