betreten haben. Denn deutlicher kann kein Text darüber auf klären, daß mit
diesem Imperfekt die Ich-Origo des Erzählers verschwindet, sich gewisser
maßen aus der Erzählung zurückzieht und an ihre Stelle die fiktiven Ich-
Origines der Romangestalten treten. Bis zu diesem »sagte« hatten Schau
platz und Zeit der Erzählung noch in der Vergangenheit des Erzählers ge
standen, waren auf seine echte Ich-Origo, sein echtes Jetzt-Erzählen bezo
gen. Sie waren Gegenstand einer Wirklichkeitsaussage, wenn auch einer
phantasierten, ja einer fingierten. Erst mit dem Imperfekt wird das stumme
Bild zu einem lebenden Bild, zum Roman, zur Fiktion im genauen dich
tungstheoretischen Sinne. Gerade der Kontrast dieses Imperfekts mit dem
voraufgehenden Präsens der Bildschilderung, das hier kein historisches Prä
sens ist, zeigt diese Grenze mit aller Deutlichkeit an. Die Bildschilderung,
von »Die jüngere sitzt am Fenster und stickt ...« an, leitet gewiß zur Fik
tion bereits über, indem sie die Mädchen in ihren Beschäftigungen zeigt.
Aber so genau lenkt die hier vorliegende Gestaltungstendenz die gramma
tischen Bedeutungsgehalte, daß dieses Präsens nur dann die Bedeutung eines
historischen Präsens erhalten hätte, wenn diese Schilderung nach dem Imper
fekt »sagte« aufgetreten wäre. Denn dann würde sie bereits dem Raum der
Fiktion angehören. Hiergegen kann einwendend gefragt werden, ob es also
das Imperfekt, das Präteritum als solches ist, das das fiktionale Erzählen als
fiktional ausweist, da doch in unserem Text auch an seiner Stelle ein Präsens
hätte stehen können, ohne den fiktionalen Charakter zu verändern. Gerade
mit dieser Frage ist das eigentliche Verhalten und Wesen des epischen Prä
teritums berührt. Ehe wir es aber ganz enthülle^, wollen wir noch das weitere
Verhalten des Hochwaldtextes prüfen, nicht nur um aus ihm sich ergebende
mögliche Einwände zu entkräften, sondern auch, weil gerade dies Verhalten
die Phänomenologie des epischen Präteritums besonders gut beleuchtet.
Wir halten zunächst fest, daß von dem Imperfekt »sagte« an die Gestalten
als lebende, aus sich selbst >handelnde< recht eigentlich erst >auftreten<, und
ohne uns hier noch in den Sinn dieser Erscheinung zu vertiefen, bedeutet
dies, und wird auch unmittelbar gespürt, daß von nun an das Geschehen,
und damit die Zeit des Geschehens, nicht mehr auf den Erzähler, sondern
auf diese Gestalten bezogen ist. Eine Versetzung der Ich-Origo aus dem
Wirklichkeitssystem in ein anderes, das Fiktionssystem, oder wie wir auch
sagen können, in das Fiktionsfeld, hat stattgefunden, wo nun ein heute,
gestern oder morgen, sich auf das fiktive Jetzt und Hier der Gestalten, nicht
mehr auf ein reales Jetzt und Hier des Erzählers bezieht — und sich deshalb
ohne weiteres mit dem grammatischen Imperfekt verbinden kann: