Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1872)

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Herr Sekretär Hutzel spricht sich dahin aus: „Seiner Mei 
nung nach entstehe gewiß kein Streit darüber, daß der Massivbau 
dem Holzbau vorzuziehen sei, und er habe bei Aufstellung des 
Entwurfs die Frage, ob man den Holzbau auch fernerhin gestatten 
solle, sehr erwogen, aber bei dem sonstigen Streben nach möglich 
ster Unbeschrünktheit in der Art zu bauen, sei ihm der Sprung 
von der jetzigen Praxis zum gänzlichen Verbot der Holzbauten zu 
groß vorgekommen und er habe zur Erwägung geben wollen, ob 
man damit nicht zuwarten solle, bis sich der Steinbau noch allge 
meiner eingebürgert habe, und damit ein natürlicher Uebergang 
hergestellt sei. 
Herr Oberbaurath v. Egle spricht dafür, jetzt den Steinbau 
vorzuschreiben, weil sonst, bei der raschen Entwicklung von Stutt 
gart das ganze Thal vollends ausgebaut sein werde, ehe man zu 
einem entsprechenden Gesetz komme. Auch habe der Soliddenkende, 
der sich sein Haus von Stein bauen lasse, den gerühmten Vortheil 
der Feuersicherheit nicht, so lange er mitten zwischen Holzhäusern 
sitze, bei einem größeren Feuer verbrenne sein Haus doch mit. 
Herr Baurath Bock: Jetzt sei der richtige Zeitpunkt bei 
Gelegenheit der Aufstellung des Ortsbaustatuts. Auch sei der 
Schritt kein so erheblicher, als man denke, er sei nicht größer, als 
der seiner Zeit gemachte, da man die Erdgeschoße und Hinterhäu 
ser massiv verlangte, es habe diese Vorschrift damals hart einge 
griffen in die Interesse der Bauenden, aber schon jetzt wisse man 
es nicht anders, und Jedermann sei damit versöhnt. 
Professor Walter: „Er theile diese Ansicht und wolle noch 
hinzufügen, daß jetzt schon vielfach bei reinen Mieths- und Speku 
lationshäusern steinerne, ja sogar luxuriöse Ouadernfa^aden dem 
sonstigen Holzbau vorgesetzt würden." Diese Praxis sei durchaus 
verwerflich und bei einer bescheidener gehaltenen Fa^ade könne man 
beinahe die übrigen Außenwände mit demselben Kvstenauflvand 
von Stein konstruiren. Auch müsse bemerkt werden, daß in Stutt 
gart vorläufig Steinbau als ein Luxus angesehen und in Folge 
deffen theuer ausgeführt werde. Sobald der Holzbau ausgeschlos 
sen, werde man ganz von selbst auf billigere Ausführungen kommen 
und eine große Masse des Materials, welches jetzt in den Stein 
brüchen weggeworfen werde, könne dabei, wie an anderen Orten 
noch Verwendung finden. Allerdings gehöre dazu ein besserer 
Mörtel, als man ihn hier zu verwenden gewöhnt sei, aber auch 
der sei zu beschaffen. In den Städten, wo man seit längerer Zeit 
den Steinbau kultivire, baue man billiger massiv als hier von 
Holz. — Bei der gegenwärtigen Bau-Wuth lasse sich der Ueber 
gang am Leichtesten bewerkstelligen." 
Der Vorsitzende will, ehe er einen Beschluß herbeiführt, 
noch die Frage behandelt wissen, ob unter Massivbau auch die 
heutzutage üblichen Vermauerungen begriffen sein sollen, indem 
denselben als unsolid gesteuert und eine nähere Definition über 
Massivbau gegeben werden sollte, und ob der Steinbau auch auf 
die Villenartigen Gebäude in der Umgebung Stuttgarts sich er 
strecken solle. 
Herr Oberbaurath v. Egle: „Er denke sich den Steinbau 
auf Stuttgart ausgedehnt, soweit der Stadtbauplan reiche, nicht 
aber auf die Weiler, sodann habe er einen wirklichen Steinbau im 
Auge, keinen scheinbaren. Dagegen möchte er keine so erschweren 
den Bestimmungen, wie sie die Wiener Bauvorschriften enthalten, 
vielmehr glaube er, daß die englischen in der Hauptsache auch für 
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uns genügen würden. Dort sei der freien Construktion ein große: 
Spielraum gelassen, und es sei wünschenswerth, daß man die Con- 
struktionen nicht zu sehr beenge und in Schablonen einweise." 
Herr Sekretär Hutzel: „Die Vorschriften über die gesetz 
mäßige Ausführung der Gebäude werden ohne Zweifel in der von 
Ministerium zu erwartenden Instruktion enthalten sein." 
Herr Baurath Bock wirft die Frage auf, ob die Weiler woh! 
genugsam von Stuttgart abgegrenzt seien, um von der Vorschrif! Fassu 
über den Steinbau ausgeschlossen zu werden. 
Herr Straßenbau-Inspektor Kaiser: „Grenzen seien aller 
dings vorhanden; gegen Heslach bilde die Straße hinter der Ziiw 
mermann'schen Brauerei und gegen Berg die sogenannte Villastraß 
je eine solche." 
Herr Sekretär Hutzel: „Es bestehe vorläufig die Ansicht, 
Heslach und Berg in das Ortsbaustatut hereinzunehmen, dagegen 
würde sich dasselbe für Gablenberg Wohl weniger eignen, und es 
sei deßhalb fraglich, ob man auch Gablenberg den Bestimmungen 
genor 
Ansic 
desselben unterwerfen werde." 
Herr Oberbaurath v. Egle formulirt seinen Antrag wie 
folgt : 
„Für die Stadt selbst mit vorläufigem Ausschluß der dazilh^ 
gehörigen Weiler ist der Massivbau in der Art allgemeii hg^e 
vorzuschreiben, daß nicht bloß die Außenmauern, sondern aueh ^he 
Jnnengewände von Stein herzustellen sind, in soweit dieß 
zur Unterstützung der Gebälke nöthig sind oder zur Umschlie 
ßung von Treppen dienen. Außerdem müssen die Dach 
böden und alle Wohnungen mindestens mittelst einer voll 
kommen feuersicheren Treppe mit dem Hofe oder dem Aus 
gange verbunden sein." 
Der Verein nimmt diesen Antrag einstimmig an 
Hier fällt der Zusatz der Commssion zu §. 37 von selbst 
weg, wonach Gebäude von über 15"> Höhe massiv auszuführen 
wären. 
Vor Schluß der Sitzung verliest noch Herr Oberbaurath 
v. Egle einen Brief an den Vorstand, worin Herr Baurath 
v. Martens Herrn Ingenieur Gulde, Assistent der Ministeriak 
abtheilung für Wasserbau, zur Aufnahme in den Verein empfiehlt. 
Da die Herren, welche Herrn Ingenieur Gulde persönlich 
kennen, den Vorschlag unterstützen, so wird derselbe einstimmig aufi 
genomnien. 
Hierauf Schluß der Sitzung um 11 Uhr. 
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Fünfzehnte Versammlung am 30. November 1872. 
Vorsitzender: v. Egle. 
Schriftführer: Landauer. 
Anwesend: 14 Mitglieder. 
Gäste: Hr. Architekt Dreher aus Odessa und Hr. Sekretär Hutzel. 
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Fortsetzung der Berathung über das Ortsbaustatut. 
Berichterstatter der Commission: Prof. Silber. 
Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung, welches durch 
einen Zusatz zu den Aeußerungen des Herrn Oberbaurath Schlier 
holz ergänzt, int klebrigen nicht beanstandet wird. 
Anknüpfend an die Berathung über den Massivbau in der 
letzten Versammlung wirft Herr Profeffor Silber die Frage auf, 
ob auch die Hauptgesimse der massiven Vorderhäuser, wie die der 
Hintergebäude von Stein zu fertigen vorgeschrieben werden solle. 
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