Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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Beil. 5. 
zur 7. Versammlung. 
Vortrag des Professors Groß 
über die 
Hhomas'sche Rechenmaschine 
und die Manipulation mit derselben. 
Schon seit einigen Jahrhunderten ist das Bestreben vorhan 
den, die geistige Arbeit bei verschiedenen Arten von Rechnungen 
durch eine mechanische zu ersetzen, um die Ermüdung des Geistes 
zu vermindern. Ein Hülfsmittel dieser Art wurde in den Loga 
rithmen entdeckt, allein auch bei diesen ist immer noch ein bedeu 
tender Grad von geistiger Arbeit vorhanden, weßhalb eine Reihe 
von Männern, so z. B. Pascal, Leibnitz u. A. suchten, Ma 
schinen für gewisse Arten von Rechnungen zu verwenden. Mehrere 
solcher Maschinen wurden gebaut, jedoch immer wieder als unprak 
tisch verlassen, bis endlich M. Thomas in Colmar im Jahre 1820 
die Erfindung niachte, welche wir jetzt nach wesentlichen Verbesse 
rungen unter dem Namen ^ritümomstrs oder Rechenmaschine 
vielfach verwendet sehen. 
Das Prinzip dieser Rechenmaschine soll hier kurz dargestellt 
werden. 
Ein um eine horizontale Axe drehbarer Cylinder trägt auf 
der Hälfte seines Umfangs 9 Rippen, von welchen die erste die 
ganze Länge des Cylinders hat, die zweite ®/ 9 dieser Länge, die 
dritte 7 / 9 , . ... die letzte oder neunte ‘/ 9 . Ein mit 10 Zähnen 
versehenes Zahnrädchen, dessen Axe parallel mit der Cylinderaxe 
und welches auf seiner Axe verschiebbar ist, greift mit seinen Zäh 
nen in die Rippen des Cylinders ein. Wird dieses Rädchen in 
das erste Neuntel des Cylinders gestellt, so wird bei einer Um 
drehung des letztem nur eine Rippe, d. i. die längste, eingreifen, 
das Zahnrüdchen also nur um einen Zahn, d. h. um ‘/ 10 einer 
ganzen Umdrehung gedreht. Wird das Zahnrädchen in das zweite 
Neuntel des Cylinders gestellt, so dreht sich bei einer Umdrehung 
des letztem das Zahnrädchen um l / 10 Umdrehungen, bei einer 
Stellung von % gegen den Cylinder um 3 /io u. s. f. Um die 
verschiedenen Stellungen des Zahnrädchens auf der horizontalen 
Platte, welche über dem erstem und dem Cylinder liegt, ausführen 
zu können, wird das Zahnrädchen durch einen Knopf verschoben, 
welcher in einem zur Cylinderaxe parallelen Schlitze der Platte 
verschiebbar ist und dessen richtige Stellung durch beigeschriebene 
Zahlen bezeichnet wird. Senkrecht über der Axe des Zahnrädchens 
befindet sich eine horizontale, auf ihrer obern Fläche am Umfang 
die Zahlen 0, 1, 2 — 9 tragende Scheibe so, daß der Reihe 
nach diese Zahlen in einer kleinen Oeffnung einer zweiten Platte 
erscheinen, welche mit der vorhin berührten in einer Ebene liegt. 
Die Scheibe macht mittelst konischer Räder denselben Bruchtheil 
einer Umdrehung wie das Zahnrädchen. 
Es sei nun 0 die Ziffer, welche in der Oeffnung der zweiten 
Platte steht, der Knopf ist auf die Zahl n gestellt und der Cylin 
der wird einmal gedreht, so erscheint in der Oeffnung die Zahl n, 
bei einer weitern Drehung des Cylinders die Zahl 2n u. s. w., 
bei m Drehungen die Zahl m. u, d. h. das Produkt der Zahl, 
welche der Knopf angibt in die Anzahl der Umdrehungen des 
Cylinders. 
Dieß das Prinzip der Maschine, die Ausführung ist folgende: 
Statt eines Cylinders, welcher nur eine einziffrige Zahl als Faktor 
zuließe, sind deren mehrere mit parallelen Axen vorhanden und 
zwar gibt es Maschinen mit 4, 6 oder 8 Cylindern, so daß also 
ein Faktor 4, 6 oder 8 Ziffern haben kann. Selbstverständlich 
sind auch mit jedem Cylinder die weitem oben angeführten Theile 
verbunden. Alle diese Cylinder werden durch eine Kurbel gleich 
zeitig gedreht und zwar erhält jeder einzelne Cylinder bei einer 
Kurbeldrehung auch eine ganze Umdrehung. Denkt man sich nun 
bei einer 6ziffrigen Maschine in allen Oeffnungen die Nullen der 
Scheiben, stellt man ferner die Knöpfe auf 213202 und macht 
eine Kurbeldrehung, so erscheint in den Oeffnungen die Zahl 
213202, bei einer weitern Drehung erscheint die Zahl 426404, 
d. i. 2.213202, bei einer dritten Drehung der Kurbel die Zahl 
639606 d. i. 3.213202 u. s. w. Man hat somit bei dem Ge 
brauche der Maschine für eine Multiplikation nur den einen Faktor 
durch die Knöpfe darzustellen und den andern durch die Anzahl 
der Kurbeldrehungen, um sofort das Produkt in den Oeffnungen 
erscheinen zu sehen. 
Einer weitern Vorrichtung an der Maschine, nämlich der so 
genannten Zehnerübertragung, muß noch Erwähnung gethan wer 
den, es läßt sich jedoch dieselbe ohne eine Reihe von Zeichnungen 
nicht beschreiben. Genügend wird es sein, anzuführen, daß sobald 
eine der Scheiben mit den Ziffern eine ganze Drehung gemacht 
hat, durch eine besondere Vorrichtung die nächste Scheibe links um 
eine Ziffer vorgeschoben wird. Es sei ein Knopf z. B. auf 4 ge 
stellt, bei der ersten Umdrehung der Kurbel erscheint in der betref 
fenden Oeffnung 4, bei der zweiten Umdrehung 8, bei der dritten 
4 Ziffern weiter, d. h. der Reihe nach 9, 0, 1 und zuletzt 2, 
während in der nächsten Oeffnung links 1 zum Vorschein kommt, 
das Produkt 4. 3 stellt sich somit als 12 dar. 
Wie oben bemerkt wurde, ist der Multiplikant eines Produk 
tes mit den Knöpfen einzustellen, während der Multiplikator durch 
die Anzahl der Kurbeldrehungen gegeben wird. Ist nun letzterer 
ebenfalls eine mehrziffrige Zahl bespielsweise 734, so könnte das 
Produkt nur durch 734 Umdrehungen hergestellt werden, wenn die 
Maschine nicht auch hier zur Vereinfachung eine sinnreiche Einrich 
tung hätte, welche ganz auf dem Prinzip der gewöhnlichen Mul 
tiplikationsregeln beruht. Letztere sagen uns, daß die Multiplika 
tion der Reihe nach mit allen einzelnen Ziffern des Multiplikators
	        
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