Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1874)

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Beil. 7 mit Beil. 7». und 7b. 
Referat 
über die verschiedenen Straßenunlerhaltungsmettjoden der hiezu bestimmten Kommission, bestehend aus den 
Herren Waurälhen Schenk, v. Wartens und Kaiser. 
Vorgetragen von Baurath Schenk in der 10. Versammlung des Vereins für Baukunde. 
Zur Beantwortung der im Fragekasten des Bauvereins unter 
dem 28. März gestellten Frage: 
Welches sind die Resultate bezüglich der verschiedenen Metho 
den der Straßenunterhaltung und zwar: 
bei dem in Württemberg vorzugsweise gebräuchlichen ge 
schlossenen Einbringen des Unterhaltungsmaterials gegen 
über gewalzten Straßen mit Schutzdecke, wie sie in Baden, 
Hessen u. s. f. gebräuchlich ist, 
hinsichtlich des Vorzugs der Einen vor der Anderen und 
des Kostenaufwandes, — die periodische Erneuerung der 
Schutzdecke bei letzter Methode in Rücksicht genommen? 
ist den Unterzeichneten vom verehrten Bauverein die Ehre zu Theil 
geworden, das Referat hierüber kommissarisch zu übernehmen, sowie 
auch in dem zu erstattenden Gutachten sich über die von auswär 
tigen Vereinsmitgliedern erbetenen Ansichten zu äußern. 
Bevor wir nun auf das Spezielle der gestellten Frage ein 
gehen , glauben wir im Allgemeinen die Anforderungen an die 
Spitze stellen zu sollen, welche vom technischen Standpunkte aus 
an eine gut erhaltene Straße zu machen sind. 
Ist die Straße nach richtigen Grundsätzen kunstgemäß her 
gestellt und in einem den Verkehr nicht belästigenden Zustande zur 
Benützung dem Publikum überlassen worden, so muß auch solche 
mit ihren Zubehörden zum fortwährenden Gebrauche sowohl in 
ihrem Längen- als auch Querprofil auf eine Weise unterhalten 
werden, welche den Verkehr weder belästigt, noch die Unterhaltungs 
arbeiten selbst erschwert, es soll die Fahrbahn stets in ihrem Nor 
malprofil erhalten bleiben, so daß die dazu erforderlichen Arbeiten 
ihrem Zweck nicht allein am schnellsten entsprechen, sondern auch 
damit ein die Zugthiere am wenigsten in Anspruch nehmendes 
Verfahren verbunden wird. 
Die Lösung dieser Frage könnte, rein technisch betrachtet, bei 
Anwendung der gegenwärtig zu Gebot stehenden Hülfsmittel, deren 
Beschreibung wir uns wohl enthalten dürfen, als leicht bezeichnet 
werden, wenn der Kostenpunkt unberücksichtigt bleibt; da 
aber bei einem rationellen Verfahren auch der finanzielle Punkt 
nicht außer Acht zu lassen ist, so kann mit Rücksicht hierauf nur 
ein solches Unterhaltungssystem Anspruch auf einen Vorzug machen, 
welches bei möglichst vollständig erreichtem Zweck keine unverhält- 
nißmäßig großen Mittel erfordert. 
Um nun auch die Resultate bezüglich der verschiedenen Methoden 
der Straßenunterhaltung zu wissen, ist es erforderlich, die ver 
schiedenen Systeme zu kennen, nach welchen bei uns in Württem 
berg die Straßen unterhalten werden, beziehungsweise erhalten 
werden müssen. Hier ist aber gleich zu bemerken, daß die Ver 
kehrsverhältnisse, welche zum Theil von großem Umfang je in 
unmittelbarer Nähe von Stuttgart ganz außergewöhnlich sind, 
besondere Berücksichtigung verdienen. 
Da die Straßen bekanntlich bei feuchter und nasser Witterung 
mehr oder weniger, je nach der Güte des verwendeten Materials, 
als bei trockener Witterung an Widerstandsfähigkeit verlieren, so 
sind sie auch gewöhnlich zu Herbst- und Winterszeiten, so lange 
sie sich nicht einer Schneedecke erfreuen, der Beschädigung mehr 
ausgesetzt und erfordern in diesen Perioden die meisten Ausbeffe- 
rungen. Abgesehen davon aber erleiden auch die Straßen in der 
trockenen Jahreszeit Abnützungen, welche — wenn sie nicht zu 
lästig sind — nur bei feuchter und regnerischer Witterung wieder 
aufgeholt werden, weil zu dieser Zeit eine schnellere und innigere 
Verbindung des Kleingeschlügs nicht allein unter sich, sondern auch 
mit dem durch die Nässe mehr erweichten Untergrund erfolgt; 
während sich also zu trockener Jahreszeit nur auf die nothwendig 
sten Ausbesserungen mittelst Einlegung von Material zu Beseitigung 
von Geleisen und Schlaglöchern beschränkt wird, geschehen die 
Hauptergünzungen im Früh- oder Spätjahr mittelst Einbringung 
von Geschlägdecken je nach Bedürfniß auf die ganze oder halbe 
Fahrbahnbreite, oder aber auf noch kleinere Theile derselben und 
überläßt man die Komprimirung des Geschlägs in der Regel den 
Fuhrwerken selbst, was je nach der Frequenz der Straßen, der 
Natur und Größe des Kleingeschlügs mehr oder weniger schnell 
vor sich geht, vielfach aber eine Belästigung der Reiter und Fuhr 
werke bleibt, daher auch in manchen Fällen, wie z. B. bei den 
Straßen der Umgebung Stuttgarts die Befestigung mittelst der 
Walze geschieht. 
Um übrigens auch da wo nicht gewalzt wird, eine bessere 
und schnellere Komprimirung unter möglichster Schonung der Thiere 
zu bewerkstelligen, ist bei uns das geschlossene Einbringen auf große 
Breiten und lange Streifen nur auf das Nothwendigste beschränkt 
und dafür ein wechselförmiges Einlegen angeordnet worden, wo 
durch frühere Nachtheile in der Unterhaltung wesentlich beseitigt 
worden sind; auch wurde, von dem Grundsatz ausgehend, daß der 
öffentliche Verkehr so wenig wie möglich Belästigungen und Hinder 
nissen ausgesetzt sein soll, das früher bestandene Blokiren des nicht 
mit Schotter eingelegten Theils der Fahrbahn aufgehoben. 
Wenn nun auch bei diesem Unterhaltungssystem die Aus 
besserung kleiner Gebrechen zu jeder Jahreszeit nicht ausgeschlossen 
bleibt, vielmehr gleichfalls geschehen soll, so läßt sich anoerseits 
doch nicht läugnen, daß unsere Straßen unernchtet der sorgsamsten 
Pflege nicht überall und zu allen Zeiten in einem Zustande sind, 
welcher den Eingangs erwähnten Anforderungen genügend entspricht.
	        

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