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Beilage 3
zur 15. Versammlung,
hiezu Zeichnungs-Beilage 3.
Die Pulver-Ramme
von
<L. A. Aiedinger in Augsburg,
vorgetragen durch U. Stotz
im Verein für Baukunde in Stuttgart, 15. December 1874.
Die Anwendung von Rammen zum Eintreiben von Pfählen
in den Erdboden, fei es zum Gründen von darauf zu erbauenden
Wohnungen, von Brückenpfeilern u. dgl. oder zum Schutz gegen
Wasser u. s. f. gehört wohl schon den frühesten Zeiten an, und
wird die gewöhnliche, jetzt vielfach verbesserte Hand- oder Menschen-
Ramme stets da ihre praktische Bedeutung behalten, wo die Pfähle
nicht sehr massenhaft einzutreiben sind.
Die Hebung des Rammklotzes wird zwar auch mit maschinellen
Vorrichtungen, mittelst Rädervorgelegen, Göbelwerken rc. bewerk
stelligt, durch welche ein schwerer Rammklotz auf größere Fallhöhen
gebracht und der Nutzeffekt bedeutend, gegenüber direkter Menschen
kraft, gehoben werden kann, immerhin bleibt aber die Leistungs
fähigkeit dieser Ramm-Vorrichtungen gegen die Anwendung des
Dampfes außerordentlich zurück.
Bei den Dampf-Rammen wird die Dampfkraft nicht nur zum
Heben des bis zu 60 Centner schweren Rammklotzes auf 3 bis 4
Meter Fallhöhe verwendet, sondern sie dient auch noch zum Heben
und Einstellen der Pfähle und zur Fortbewegung des ganzen Ramm
gestelles auf der dafür gelegten Schienenbahn mittelst direkt vom
Dampf getriebener Dampfwinden.
Für die Hafenbauten in Wilhelmshafen sind gegenwärtig
circa 10 solcher in England nach Nasmyth gebaute Dampf-
Rammen in Thätigkeit, über welche ich die wichtigsten Notizen
später mittheilen werde.
Die Verwendung des Schießpulvers als Triebkraft wurde be
kanntlich schon vielfach vergebens versucht, erst bei der in Amerika
zuerst angewendeten Methode mittelst nacheinander folgender Kanonen
schüsse Pfähle in den Boden einzutreiben, hat das Schießpulver
nach den vorliegenden Resultaten die sonst allmächtige Dampfkraft
überwunden.
Herr L. A. Riedinger in Augsburg hat den Bau dieser
„Pulver-Rammen" als Specialität eingeführt, die erste vorigen
Sommer am Zürichersee und die zweite vor wenigen Wochen in
Wilhelmshafen in Betrieb gebracht und der freundlichen Gefälligkeit
desselben verdanke ich es. Ihnen die Originalzeichnungen dieser
durch ihn auch bedeutend verbesserten interessanten Maschine heute
vorlegen und vergleichende Resultate über deren Leistung mittheilen
zu können.
Die Construktion des Gerüstes der Pulver-Ramme ist bei
aller Einfachheit durchaus solid und ist dieß schon ein großer Vor
zug, vor den doppelt so schweren Gestellen der Dampf-Rammen.
Die Hauptbestandtheile sind aus den beiliegenden Crogui's
ersichtlich.
Die aus Holz hergestellte Bodenplattform des Gerüstes ruht
auf Laufrollen, welche sich auf der, längs der Baugrube etablirten
Schienenbahn bewegen. Die beiden 12 Meter langen Führungs
schienen aa des Mörsers x und des Rammenbärs z sind aus Hohl-
und 7-Eisen zusammengenietet und ruhen in Gußstahlschuhen,
oben sind sie mit der aus gleichem Material bestehenden Platt
form n verbunden.
Horizontal sind sie mit 14 gebogenen I - Eisenschienen ver
nietet und letztere rückwärts mit einer I - Eisenschiene c versteift,
welche ebenfalls mit der oberen Plattform verbunden ist.
Als Verbügung dienen seitlich die Holzstreben äck, sowie
die, beide Plattformen verbindende Drahtseile es, welche mittelst
Stellschrauben festgezogen werden. Jene, wie die hintern Holz
streben 11 dienen auch zur Aufnahme der 5 Zwischenplattformen gg
und zur Auflage der Leitersprossen. Die Streben 11 können in
ihren untern Ständern mittelst Stellschrauben verkürzt oder ver
längert werden, je nach der den Pfählen zu gebenden Stellung.
Sämmtliche Holzbestandtheile sind durch eiserne Verbindungs
stücke mittelst Schraubenbolzen zusammengehalten und daher leicht
zerlegbar. Zum ersten Aufziehen des Rammbärs z, des Mörsers x
und des Pfahles y dient die Handwinde Ir, deren Kette über die
auf der oberen Plattform befindliche Rolle läuft.
In der Stellung des Mörsers und Rammbärs, deren Mittel
sich bei der amerikanischen Construktion zwischen den Leitschienen
befindet, bietet die Riedinger'sche, welche sie frei herausstehend
anordnete, bedeutende Vortheile, da hiedurch das Eintreiben frei
stehender Pfähle und Spundwände ermöglicht wird.
Der aus Gußstahl bestehende Mörser x ist nach unten zur
Aufnahme des Pfahlkopfes, der entsprechend zugerichtet, keines Schutz
ringes bedarf, ausgehöhlt. Von oben ist er 200 Mm. weit, cylin-
drisch ausgebohrt: seine Seitenpratzen oder Führungen sind wie
die des Rammbärs genau in die Führungsschienen eingepaßt,
und dieser, ebenfalls von Gußstahl, auch genau centrisch zum Mör
ser geführt, so daß sein unten vorstehender Piston luftdicht in die
Bohrung des Mörsers einfällt.
Die obere cylindrische Ausbohrung des Rammbärs entspricht
ebenso dem an der oberen Plattform herabhängenden Piston.
Zum Festhalten — Bremsen — des Rammbärs dient nun
ein starkes, aus Schmiedeisen construirtes, die ganze Höhe hinauf-