Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1876)

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dem deren Dienstzeit erst nach zurückgelegtem 30. Lebensjahre 
gerechnet würde; — 
2) daß frühe verunglückten Beamten mit längerer Pensions 
zeit die Pension erhöht werde; — 
3) daß Bahnhofverwalter II. Klasse, wenn sie ein höheres 
Staatsexamen gemacht haben auf Lebzeiten angestellte Beamten 
seien, nicht aber geprüfte Bcchnmeistcr re.; und wünsche bei Punkt 3, 
besonders aber bei erstem Abhilfe und die Vermittlung des 
Vereins; es dürfte jedoch nur dieser in Behandlung zu nehmen 
und die Andern fallen zu lassen sein, da insbesondere Punkt 2 
auch andere Beamte, Eisenbahnbctricbsbeamte, Bergleute rc. 
treffe, der §. 47 dem Könige in besonderen Fällen ein weiter 
gehendes Recht auf Erhöhung von Pensionen einräumt, überhaupt 
die 2 leztercn Punkte keine Aussicht auf Erfolg haben dürften. 
Der Referent aus der Kommission theilt diese Ansicht und 
verliest nun Herr Baumgärtner eine von ihm verfaßte Ein 
gabe, welche nachdem sich an der Debatte die Herren Binder, 
Bok, v.Egle, Köhler, Knoll und v. Schlierholz betheiligen 
und nach einigen Ergänzungen, die sich darauf beziehen, daß 
z. B. beim Eisenbahnbau seit neuerer Zeit die Bauführer auf 
vierteljährliche Kündigung bestellt werden und daß es geboten 
sei, daß bei den wenigen Assistentcnstellen, die Techniker als 
Bauführer bis zu ihrer definitiven Anstellung Dienste leisten 
müssen, in denen sie sich weiter für ihr späteres Amt ebenfalls 
ausbilden und dadurch doch wohl nicht Schaden nehmen sollten, dieß 
beigefügt werde und in nachstehender Fassung angenommen wurde. 
Kohe Kammer der Abgeordneten! 
Bitte des würltemb. Vereins für Baukunde 
um Modification des Art. 39 in dem Entwurf 
eines Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse 
der Staatsbeamten. 
Der württcmb. Verein für Baukunde erlaubt sich einer 
hohen Kammer der Abgeordneten in Betreff des den Ständen 
vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse 
der Staatsbeamten, beziehungsweise in Betreff der Bestimmungen 
des Art. 39 dieses Gesetzes eine ehrerbietige Vorstellung und 
Bitte zu unterbreiten. 
Der genannte Artikel bestimmt: 
„Die Dienstzeit, welche bei der Feststellung des Ruhe- 
„gehalts in Betracht kommt, wird vom Tage der Anstellung 
„an auf Lebenszeit gerechnet. Hiezu tritt wenn eine An- 
„stellung auf einer vierteljährig kündbaren Stelle (Beil. II 
„dieses Gesetzes) voranging, die auf solcher nach Vollendung 
„des 25. Lebensjahres zugebrachte Dienstzeit." 
Hiezu sagen die Motive, daß die zuletzt angeführte Be 
stimmung bezüglich des Lebensalters aus dem Grunde getroffen 
sei, damit nicht für diejenigen, welche längere Zeit auf Er 
langung einer umfassenden Vorbildung verwandten, eine Be- 
nachthciligung bezüglich der Dienstberechnung entstehe gegenüber von 
Solchen, die lediglich in einer praktischen Laufbahn sich vorbilden. 
Die ausgesprochene Absicht des Gesetzes wird bei denjenigen 
Bediensteten, deren Interesse wir vertreten, nicht erreicht, sondern 
das gerade Gegentheil davon bewirkt. 
Die Bautechniker nämlich, welche ihre wissenschaftliche 
Ausbildung vollendet und die höhere Staatsprüfung erstanden 
haben, werden zunächst als Bauführer und zwar meist nicht 
mit */ 4 jähriger Kündigung, sondern fast durchweg mit einem 
Taggeld bei Ausführung von Staatsbauten angestellt. Auf 
sie würden also, weil nicht mit l U jähriger Kündigung, sondern 
mit bloßem Taggeld angestellt, nicht die Bestimmungen des 
Art. 39, sondern die des Art. 42, Ziff. 5 Anwendung finden, 
d. h. ihnen würden bei Berechnung des Ruhegehalts die vor 
dem Eintritt in ein definitives Amt im Staatsdienst zuge 
brachten Jahre nicht vom 25., sondern vom 30. Lebensjahre 
an gezählt. Dagegen würden den in der Beil. II. des Gesetzes 
aufgeführten Bediensteten, welche in der Regel keine höhere 
wissenschaftliche Bildungslaufbahn durchgemacht und keine höhere 
Staatsprüfung erstanden haben, aber mit '/« jähriger Kündigung 
angestellt sind, wie z. B. Bahnmeister, Straßenmeister, Floß 
meister, Bauaufseher an der Neckarwasserstraße, selbst Schleusten-, ! 
Fluß- und Straßenwärtcr rc rc., wenn sie später eine An 
stellung auf Lebenszeit erlangen, die in ihrem früheren Dienste 
zugebrachten Jahre bei der Pensionsberechnung vom 25. Lebens 
jahr an gezählt. Ihnen gegenüber wären also die zuerst ge 
nannten Bautechniker, durch ihre höhere wissenschaftliche Aus 
bildung und der erstandenen höheren Staatsprüfung in be 
deutendem Nachtheil. 
Dies ist offenbar gegen den Sinn und Zweck des Gesetzes 
und der gesetzgebenden Faktoren, und läuft den allseitig ange 
nommenen Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit entgegen — 
das Alles umsomehr, als es für Bautechniker zur Erlangung 
der völligen Tüchtigkeit für ihr zukünftiges Amt absolut noth 
wendig ist, daß sie nach Vollendung ihrer wissenschaftlichen 
Studien als Bauführer eine (eben nur mit einem Taggeld ver 
bundene) Anstellung bei Bauausführungen suchen, weil sie bei 
der nicht ausreichenden Zahl von Ingenieur- und Bauamts 
assistentenstellen in keiner andern Weise dem Staate dienen und 
ihre volle praktische Ausbildung erlangen können. 
Wir glauben von einer weiter begründeten Ausführung 
absehen zu dürfen und erlauben uns vertrauensvoll einer hohen 
Kammer der Abgeordneten die ehrerbietige Bitte zu unterbreiten: 
„Dieselbe wolle bei Berathung des mehrerwähntcn Ge 
setzesentwurfes den in Art. 39 enthaltenen Bestimmungen 
eine solche Fassung geben, daß auch denjenigen Bantechnikern, 
welche eine höhere Staatsprüfung erstanden haben, vor ihrer 
definitiven Bedienstung aber nur in der Eigenschaft als Bau 
führer rc. rc., mit einem Taggeld im Staatsdienst angestellt 
waren, die in dieser Stellung zugebrachte Zeit bei Berechnung 
der Pension vom 25. Lebensjahr an gezählt werde. 
Stuttgart, den 8. April 1876. 
Ehrerbietigst 
Der württemb. Verein für Baukunde. 
Im Namen desselben 
der Vorstand: 
I. v. Schlierholz, Obcrbaurath. 
Ferner wird beschlossen von der Eingabe den Herren 
Ministern der auswärtigen Angelegenheiten und der Verkehrs 
anstalten, des Innern und der Finanzen Abschrift mit ent 
sprechenden Begleitschreiben zuzustellen, was der Vorsitzende zu 
besorgen übernimmt. 
Schließlich erwähnt Herr Knoll, wie es wünschcnswerth 
wäre, daß die geprüften Techniker auch als Bauführer in einem 
dem genannten Gesetze entsprechenden Sinne angestellt würden, 
wodurch uns auch die tüchtigeren Kräfte mehr als seither er 
halten und an unsere Verhältnisse gekettet würden. 
Dies wird allseits anerkannt und soll jeder in seinem 
Kreise auf die Verwirklichung dieses Wunsches hinwirken. 
Der Vorsitzende spricht hierauf im Namen des Vereins 
den Dank an Herrn Preu für dessen Antrag und den Kom 
missionsmitgliedern für ihre Mühe aus. 
Ein Antrag auf die Ausführung eines Frühlingsausflugs 
für Herrn und Damen, welchen der Herr Vorsitzende auf den 
Wunsch mehrer Mitglieder und zwar nach der Solitude stellt, wird 
nach einiger weiterer Besprechung genehmigt, für die Aus 
führung der 28. Mai d. I. vorgesehen und als Festordner die 
Herren Bock, Dobel, v. Scegerfl'., Zobel erwählt. Aus 
wärtige Mitglieder sollen jedenfalls auch benachrichtigt werden. 
Endlich wird zum letzten Gegenstand der Tagesordnung 
übergegangen und gibt Herr Prof. Dollinger Erläuterungen 
über die von ihm ausgestellten Zeichnungen, welche schon vor 
und während der Verhandlungen die Aufmerksamkeit der Mit 
glieder auf sich gezogen hatten. 
Es sind: 
1) getreue Pausen von 3 alten kreisförmigen Glasbildern, 
welche sich im Fürstl. Hohenlohc'fchcn Schlosse zu Ncuenstein 
gefunden haben und bei der Einrichtung eines Saals für Kunst- 
und Altcrthumsgegcnstände verwendet werden sollen. Die 
Gegenstände der Bilder sind theils ans der Bibel, theils aus 
dem Leben gegriffen und reihen sich je um die mittlern Hohen- 
lohe'schen Wappenschilder; erstere sind Scenen aus dem Leben 
! von Adam und Eva, von Simson und von David, an welche sich
	        
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