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Knoll einige Ergänzungen in Betreff der Berücksichtigung
der Horizontalkräfte, insbesondere bei höheren Pfeilern bean
tragt worden sind. Der Verein erklärt sich mit diesen Nach
trägen einverstanden und ist das Referat, welches dem auf
der Generalversammlung referirenden Architekten- und Jn-
genieurverein zu Straßburg mitgetheilt werden wird, in Beil. 2
enthalten.
Herr Baurath Wolfs referirt Namens der hiezu auf
gestellten Kommission über die Fortschritte der Ziegelfabrikation
und des Rohbaues in Württemberg. Hieran knüpft sich
eine längere Debatte, bei welcher sich vorzugsweise die Herrn
v. Egle, v. Schlierholz, Bok und Rheinhard bethei
ligten, und es wird sodann beschlossen in dem Referat zwar
die Fortschritte der Ziegelfabrikation — namentlich in Ober
schwaben — zu betonen, den betreffenden Passus aber dahin
abzuändern, daß die Verwendung des Thons zur Nachahmung
von Formen, welche sich naturgemäß nur für Hausteine eignen,
nicht als Fortschritt dargestellt erscheinen könne, was nach der
Erklärung des Herrn Bok auch keineswegs die Absicht der
Kommission war. Der Vorsitzende erkundigt sich nach den mit
inländischen Falzziegeln gemachten Erfahrungen, worauf Herr
v. Landauer ganz günstige Resultate mit Falzziegeln aus
der Fabrik von Mack in Schrozberg mittheilt, wogegen Herr
Köhler weniger günstige Erfahrungen gemacht hat, während
Herr Bok der Ansicht ist, daß der nicht unerhebliche Absatz
der Bihl'schen Fabrik in Waiblingen jedenfalls als ein gün
stiges Zeugniß für die Falzziegel zu betrachten sei, übrigens
sei es nothwendig, bei Anwendung derselben Kehlen und Gräte
möglichst zu vermeiden. Herr Silber geht zur Backstein
fabrikation im Allgemeinen über und ist der Ansicht, daß
durch die Maschinenziegelei zwar ein schöneres Aussehen aber
keineswegs eine bessere Beschaffenheit der Backsteine erzielt
werde und, daß die früheren Handziegel wesentlich besser ge
wesen seien.
Bei der folgenden längeren Diskussion kommt schließlich
die Ansicht zur Geltung, daß durch die Einführuug der
Maschinenziegelei zwar die Produktion erheblich größerer
Quantitäten möglich geworden sei, daß aber die Qualität sich
im großen Ganzen nicht wesentlich gehoben habe.
Das rectificirte Referat findet sich Beil. 3.
Herr Köhler bringt zur Sprache, daß an der Berliner
Versammlung des Verbands außer den Vereinsmitgliedern
eine größere Zahl von Gäste, darunter auch Württemberger,
Theil genommen habe, welche hiezu offenbar gar nicht berechtigt
gewesen seien. Der Vorsitzende bestätigt dies und erklärt, daß
der hiesige Verein von seinem Einführungsrechte nur einen
ganz beschränkten Gebrauch gemacht habe. Herr v. Egle
glaubt, daß in Berlin gar nicht nach der erforderlichen Legi
timation gefragt worden sei, weßhalb sich Unberechtigte leicht
Karten verschaffen konnten. Eine Regelung dieser Frage durch
den Vereinsverband und die Unterscheidung zwischen Mit
gliedern und Gästen durch besondere Abzeichen und Karten sei
nothwendig. Es wird beschlossen, die Vororte zu ersuchen
für die nächste Generalversammlung dahin zu wirken, daß:
1) Die Einzel-Vereine resp. ihre Vorstände, wie das Local-
Comite von dem Einführungsrechte nur sparsam Gebrauch
machen möchte, und zwar nur solchen Technikern die
Gastfreundschaft verleihen, die vermöge ihrer wissenschaft
lichen und sachlichen Ausbildung zur Aufnahme in einen
Verbandsverein befähigt wären und
2) daß Gästen andere Abzeichen gegeben werden als den
Verbandsvereins-Mitgliedern.
Dem Antrage des Vorsitzenden entsprechend wird der
Vereinsausschuß ermächtigt, während des Sommers bis zur
Wiederaufnahme der Sitzungen die einlaufenden Fragen im
Namen des Vereins zu erledigen; auch die Wahl der Dele-
girten zur Münchener Versammlung wird dem Ausschuß an
heimgestellt.
Schließlich werden auf Antrag des Herrn Silber die
Herren:
Architekt Zwißler und Stadtbaumeister Bleich in
Reutlingen als auswärtige Mitglieder in den Verein auf
genommen.
Hl e f e r a t
über die am 28. Mai stattgehabte Excurston des Vereins
für Baukunde nach der Solitude.
«Mit 2 Zeichnungsbeilagen.)
Am 28. Mai begab sich eine große Zahl der Vereins
mitglieder in Begleitung ihrer Familien nach der Solitude,
einem Landsitz, den bekanntlich der prachtliebende Herzog Karl
Eugen von Württemberg auf einem Höhenrücken in der Nähe
Leonbergs in den Jahren 1763 bis 1767 errichten ließ.
Der Weg führte in nächster Nähe der Stadt bei der
Steigung des Hasenbergs an den von Oberbaurath v. Ehmann
ausgeführten Wasserreservoirs und Druck-Regulirvorrichtungen
vorbei, welche Bestandtheile der neuen Wasserversorgung der
Stadt von südwestlicher Richtung her bilden.
Mit großem Interesse folgten die Anwesenden den Er
läuterungen, welche über dieses interessante Werk von dem
Herrn Ingenieur Zobel ertheilt wurden, der bei der Instand
setzung desselben thätig war.
Die weitere Fortsetzung des Wegs durch den schattigen
Wald fiihrte an einem Theil der großen Sammelbecken vorbei,
durch welche dieses Wasserwerk in weitem Umkreis gespeist wird;
ein kurzer Halt an dem sogenannten Bärcnschlößchen im K. Park
wurde zur Erfrischung der wandernden Gesellschaft benutzt.
Es ist dieser mäßig große Jagdpavillon dicht an einem
der Seen gelegen, der den Namen Bärcnsee trägt, ein auf
hoher Terrasse gelegener mäßig großer Saal, an den sich beider
seits etliche Cabinete anschließen. Im Unterbau sind Dienst
räume, Küche rc., so daß dadurch ein anmuthiges Uenäeri-vous
de chasse geschaffen war.
Von der Vorder- und Rückseite führen bequeme Freitreppen
auf die Höhe der Terrasse, die einen Umgang um den Pavillon
bildet. Nach der Seeseite zu sind am Fuße der Treppe zwei
überlebensgroße Bärengestalten diesseits und jenseits auf hohen
Postamenten errichtet und verdeutlichen so die Bezeichnung als
Bärenschlößchcn.
Das Aeußere dieses einstöckigen Gebäudes war früher ganz
mit Eichenrinde bekleidet, und stimmte in seiner einfachen kunst
losen Erscheinung ganz zu der Waldeinsamkeit, die nach keiner
Seite einen Ausblick in die umliegenden Thäler gestattet. In
neuer Zeit hat die Rindenbekleidung einer Verblendung weichen
müssen, und nur das Hauptgesimse hat noch sein altes Aus
sehen behalten.
Dieser Halt auf dem Bärenschlößchen war insofern ein
zweckmäßiger, als die darauf erfolgte Ankunft auf der Solitude
recht auffällig die Aehnlichkeit der Grundanlage beider Bau
werke anschaulich machte. Was im Bärenschlößchen gleichsam
als einfachster Ausdruck der räumlichen Disposition gegeben
war, kommt in der Bauanlage der Solitude zur reichsten Ent
faltung.
Das langgestreckte Schloß, nur aus einem Stockwerk be
stehend, ist auf einen hohen Unterbau gestellt, der von einer
äußern Bogenreihe umgeben eine ringsum laufende geräumige
Halle bildet, deren Wölbungen eine breite,, an ihrem Rande
mit einer Balustrade gefaßte Terrasse tragen. Die Zugäng
lichkeit derselben wird durch vier Treppenaufgänge vermittelt,
wovon das eine Paar ganz ähnlich wie bei dem Bärenschlößchen
von der Vorderseite, das andere auf der Rückseite in weit aus
ladenden doppelt gekrümmten Bogenlinien in die Höhe führen.
Das Herausrücken des Wohngeschosses, wie es unser Grundriß
Blatt 1 gibt, über die Höhe der Terrasse war eine höchst zweck
mäßige Anordnung, um von den Gemächern aus über die Baum
kronen hinweg soviel als möglich von der herrlichen Landschaft,
die sich fernhin ausbreitet, in den Gesichtskreis zu bringen.
Das Innere des Unterbaues, durch eine in der Mittclaxe lie
gende geräumige Durchfahrt in zwei Hälften getheilt, ist für
die ökonomischen Zwecke ausgenützt und die Verbindung mit