Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1876)

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Aeußerung zur Frage des Vorortes des Verbands 
deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine: 
Ist der Antrag des mittelrheinischen Architekten- und 
Ingenieur-Vereins, betreffend Vorschläge zur Herbeiführung 
übereinstimmender Prüfungen für die höheren Bautechniker 
in allen deutschen Staaten re., durch schriftliche Abstimmung 
und außerhalb der Delegirten-Versammlung zu behandeln? 
Unser Verein hat beschlossen sich dahin zu äußern, daß 
die Einführung gleichartiger Prüfungen für höhere Bautechniker 
in allen deutschen Staaten zwar sehr erwünscht ist und deßhalb 
angestrebt werden muß; daß jedoch die Erledigung des ganzen 
Antrags des mittelrheinischen Vereins bis zur Delegirten- 
Versammlung verschoben werden könne und am besten von 
dieser zu behandeln sein möchte. 
Zu diesem Beschlusse sind wir durch die Erwägung ge 
kommen, daß zwar betreffs der Prüfungen selbst fast völlige 
Uebereinstimmung bestehen dürfte, dagegen die Bestrebungen 
auf gesetzliche Herbeiführung auch einer gleichartigen Organisation 
aller deutschen polytechnischen Schulen wohl nicht ebenso allgemein 
gebilligt werden möchten. Dieser Theil der Frage wird jeden 
falls schon vor der Absendung einer Eingabe an das Reichs 
kanzleramt eingehend zu behandeln sein, und dieses dürfte 
wohl eben so wichtig sein, als eine sofortige Abstimmung 
der einzelnen Vereine, zumal jetzt, mitten im Sommer, viele 
Vereine keine Sitzungen halten und wohl auch die preußischen 
und die Reichs-Behörden in den nächsten 2 Monaten kaum 
in den Fall kommen werden, derartige Fragen aufzunehmen 
und soweit vorzubereiten, daß ernstlich zu befürchten steht, 
ein im September erst abgegebenes Gesuch könnte zu spät 
kommen. 
Stuttgart, den 13. Juil 1876. 
Der Vereinsvorstand: 
I. Schlierholz. 
Die Wahl des Delegirten wird verschoben. 
Ausschußsihung vom 14. Juli 1876. 
Anwesend: Binder, v. Egle, Knoll, Laißle, v. Schlierholz. 
Teichmann. 
Herr v. Egle referirt über den Antrag des Hamburger 
Architekten-und Jngenieurvereins: „die Einzelvereine zu einer 
eingehenden Prüfung und Meinungsäußerung zu veranlaßen, 
ob ihnen Aenderung der Verbandsstatuten nützlich oder noth 
wendig erscheine, eventuell welche," und findet gegen diesen 
Antrag, der zunächst nur zu Vorberathungen anregt, nichts 
zu erinnern. 
Der Verbandsvorort München fordert auf Antrag des 
Vereins deutscher Architekten und Ingenieure für Niederrhein 
und Westphalen die Einzelvereine auf, ihre Delegirten mit 
Instruktionen zu versehen, bezüglich zu stellender Aufgaben, 
die im Verband zu erörtern wären und bemerkt dazu, daß 
nach seiner Anschauung nur solche Aufgaben vor den Verband 
gehören, welche einer wissenschaftlichen Behandlung nicht be 
dürfen. Bei dem bereits sehr reichlich vorliegenden Material 
wird von unserer Seite auf Stellung neuer Aufgaben ver 
zichtet. 
Betreffs der auf der Tagesordnung des Verbandstages 
stehenden Gegenstände wird eine Instruktion der Delegirten 
nur bezüglich der abgekürzten Bezeichnung der metrischen Maße 
und Gewichte nöthig gefunden und dahin gegeben, daß einer 
entgegenkommenden Annäherung an die von der Reichseichungs 
kommission vorgeschlagenen Bezeichnungen zugestimmt wer 
den soll. 
Als Delegirte, deren der Verein zwei zu wählen hat, 
werden die Herren v. Schlierlolz und v. Egle bezeichnet 
und diese ersucht den Verein in München zu vertreten, worauf 
Zusage erfolgt. 
Beilage 1 
zur 8. ordentl. Versammlung. 
Aefcrat 
des Oberbaurath Binder über die Abrutschungen des Bahnhofs Horgen am Zürichsee. 
Das verehrliche Mitglied des Vereins, Herr Professor 
Schleebach in Winterthur hat die Güte gehabt, dem Verein 
unter dem 26. Januar d. I. einen Bericht über das genannte, 
durch öffentliche Blätter bekannt gewordene Ereigniß einzu 
senden, und der Herr Ingenieur H. v. Beulwitz in Wädens- 
weil hatte die Gefälligkeit, dem Herrn Vorsitzenden eine Pho 
tographie der Station zu übersenden. 
Der Bericht des Herrn Schleebach konnte die Resultate 
der eingeleiteten Untersuchung noch nicht enthalten, und hat 
deshalb der Herr Vorsitzende den Herrn Oberingenieur Moser 
der Nordostbahn um weitere Mittheilung gebeten. Dieser hatte 
die Güte, einige Exemplare des Gutachtens der Experten zu 
übersenden, und aus diesen Akten ergiebt sich ein ganz sicheres 
Bild des Ereignisses. Wenn der Unterzeichnete zunächst die 
Verpflichtung hat, den Verein zur Dankesbezeugung für die 
Gefälligkeit genannter Herren einzuladen, so hat er zugleich 
dem Wunsche des Herrn Schleebach gemäß dessen Mit 
theilung vollständig zu Ihrer Kenntniß zu bringen, und er 
laubt sich dieselbe zu verlesen, sie lautet: 
Die Wersenkung des Bahnhofs Kargen der kinks- 
ufrigen Zürich feevahn. 
Mittheilung von W. Schleebach in Winterthur. 
Fast alle Tagesblätter Deutschlands und der Schweiz 
enthielten seiner Zeit eine kurze Anzeige von dem unglück 
lichen Ereigniß, das die seit vielen Jahren in hoher Blüthe 
gestandene schweiz. Nordostbahn betroffen und die Aktien 
der Gesellschaft neben andern, zufällig damit zusammen 
treffenden ungünstigen Umständen so ungemein niedergedrückt 
hat: die Versenkung des Bahnhofs Horgen, einer 
der größten Zwischenstationen der linksufrigen Zürichsee 
bahn, der Bahn, welche den Verkehr der am linken Ufer 
des Zürichsees und im Linththal gelegenen, bedeutenden 
industriellen Orte mit Zürich vermittelt, und deren unterer 
Theil — von Zürich bis Thalweil — ein Glied der großen 
Zufahrtslinie von Zürich zum Gotthard bildet. 
Die Linie folgt durchaus den Usern des Sees; auf 
der untern Strecke von Zürich bis Thalweil weiter ent 
fernt und relativ höher (in Thalweil 29 Meter über dem 
Seespiegel), als in der Strecke von Horgen an aufwärts, 
wo sie sich, nur minimal über das Niveau des Sees er 
hebend, ganz an das Seeufer anschmiegt, und an vielen 
Stellen sogar noch, den Wellen des Sees trotzend, durch 
Anschüttung neue, verengte Ufer bildet. 
Die unmittelbar am See befindlichen Orte: Horgen, 
Wädensweil, Richtersweil u. a. ließen, wenn man enorme 
Expropriationskosten für Gebäude vermeiden wollte, nur 
2 Möglichkeiten der Trace zu: entweder ganz dem See 
entlang, oder aber, die Ortschaften zwischen See und Eisen 
bahn einschließend, ziemlich höher und vom See entfernter. 
Die erstere gestattetete die Verbindung der Bahnhöfe mit 
den Landungsplätzen der Schiffe, die jedenfalls den Güter-
	        

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