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ist, wie Moses an den Felsen schlug und eine Quelle zu Tage
brachte. Tie ersten Bohrer waren wohl die heute, noch ver
wendeten Schneckenbohrer, welche die Probe mit sich herauf
brachten, aber nur in weichen Erdarten und auf geringe Tiefe
verwendbar sind.
Erst aus dem 16. Jahrhundert sind aus den italienischen
Staaten Parma, Modena, Toskana Bohrversuche be
kannt, welche außer Wasser auch andere Mineralien zu Tage
brachten und bei denen auch in Stein gearbeitet wurde, was
dadurch möglich wurde, daß man durch ein geeignetes In
strument den Stein zertrümmert und den Bohrschwand in
einem mit Ventil versehenen Cylinder zu Tage fördert. Der
flache Meiselbohrer an eisernem, nach Bedarf verlängertem
Bohrgestäng wird wiederholt gehoben und fallen gelassen und
erzeugt bei fortwährendem Umsetzen (Drehen) ein rundes Loch.
Gegen 1729 wurden in Frankreich in der Grafschaft
Artois zahlreiche Bohrlöcher niedergebracht, um Wasser zu
Tage zu fördern — Artesische Brunnen — und haben sich
hier die Gebrüder Fauvell in Paris durch bedeutende Unter
nehmungen ausgezeichnet.
Bis dahin und noch lange nachher wurde mit steifem Ge
stänge gebohrt, das durch einen ungleich zweiarmigen Hebel
in Bewegung gesetzt wurde. Bei großen Tiefen bogen sich
die Gestänge, wodurch die Wirkung des Meisels geschwächt,
Brüche herbeigeführt und das Bohrloch in Gefahr.gebracht
wurde.
Es führte dies darauf, nur so viel steifes Gestänge an
zuwenden, als zur Erzielung des erforderlichen Schlaggewichts
nöthig ist und dieses mittelst eines Seils am Hebel aufzu
hängen. Die Stangenbrüche werden dadurch vermieden, dafür
wird aber das Umsetzen unsicher. In den zwanziger Jahren
hat die preußische Regierung auf der Festung Ehrenbreitstein
große Mittel auf Vervollkommnung des Seilbohrens durch
Ingenieur Hauptmann Fronrann verwendet, ohne sichere
Resultate erzielen zu können, da im nachstürzenden Gebirge
das Seil leicht reißt.
Nach dem Zeugniß des Missionärs Abbe Jmbert be
finden sich in China in der Provinz Ou Tong Kiao mehrere
1000 Brunnen von 5-6" Weite und bis 1500 und 1800'
Tiefe, welche mit Hülfe von Seilen gebohrt wurden.
Im Jahre 1831 bis 1837 kam man in Preußen beim
Bohren mit steifem Gestänge darauf, dasselbe zu theilen, den
eigentlich schlagenden Theil durch eine sogenannte Nntschscheere
mit dem oberen Theil so zu verbinden, daß er, wenn der
Weisel unten aufstößt, noch einige Zoll tiefer herabrutschen
kann, ohne aufzustoßen. Der Erfolg war ein sehr heilsamer,
indem weit weniger Gestängbrüche vorkamen. Bei dieser Ge
legenheit wurde zum ersten Mal der Hebel durch ein Tretrad
in Bewegung gesetzt, welcher Einrichtung nach und nach die
Anwendung von Dampfmaschinen folgte.
Beinahe gleichzeitig erfand Kind aus Stiering bei Saar
brücken ein Freifallinstrument und kurz darauf der preußische
Oberbergrath Fabian noch ein einfacheres, welches durch
das Gestänge gehoben, dann durch eine leichte Drehung des
selben frei fallen gelassen und hierauf wieder heraufgehoben
wurde. Seit dieser Zeit ist es gelungen, in bis dahin unbe
kannten Tiefen vorzudringen, z. B. zu Speerenberg im Stein
salz 4052' tief.
Bis gegen das Jahr 1836 machten wechselnde Gebirgs-
schichten von Sand, Thon und Mergel durch den Durchfall
ins Bohrloch oft große Schwierigkeiten; man half sich zum
Sichern der Bohrlöcher mit Röhren aus Gußeisen und Holz;
seit man aber Bleche von beliebiger Stärke und Dimensionen
auch in Deutschland walzen kann und die Bohrlöcher im uach-
fallenden Gestein mit langen Blechröhren ausfüttert, hat das
Bohren einen weiteren Aufschwung genommen. Die Röhren
werden stückweise über Tage zusammengenietet und wenn
nöthig hinuntergeschlagen oder besser mittelst Schrauben ge
preßt. Wechseln feste und lose Schichten, so müssen durch die
ersten Röhren engere nachgeschoben werden, wodurch das
Bohrloch nach unten enger wird. Eine Kenntniß der zu er
wartenden Schichten gibt vorläufige Anhaltspunkte über die
Weite, mit welcher das Bohrloch anzufangen ist.
Die Bohrproben, ein Gemenge von Wasser mit Sand,
Schlamm und größeren oder kleineren Splittern und Körnern,
werden mittelst des Löffels nach je 1 bis 2' Vordringen
heraufgeholt, aufbewahrt und registrirt.
Auf die beschriebene Weise mit eisernem Gestäng und
Fabiau'scheni Freifallinstrument wurde in den Jahren 1874
bis 1876 von den Vortragenden im Auftrag der Gesellschaft
für Tiefbohrung in Stuttgart ein Bohrversuch auf
Triukwasier ausgeführt.
Au verschiedenen Stellen Württembergs treten auf der
Grenze zwischen Muschelkalk und buntem Sandstein reichliche
Quellen trinkbaren Wassers zu Tage und hoffte man in Stutt
gart diese wasserführende Schichte mittelst eines artesischen
Brunnens zu erreichen. Es bildete sich zu diesem Zweck die
Gesellschaft für Tiefbohrung mit einem Kapital von 30,000 fl.
Die Bohrarbeit wurde nach Erstellung eines 50' hohen Bohr
thurms und einer 8pferdigen Dampfmaschine am 1. Mai 1874
mit 15" Weite begonnen und wurden bis 262,7 Meter fol
gende Gebirgslagen durchbohrt.
Erdoberfläche bis 41 M.Tiefe,untererKeupermergel 41M. mächtig
41 M. „ 68,96,, Lettenkohlem. Wasser 27,96 „
68,96 „
,, l 55,0 ,,
Muschelkalk
86,04
155,0 „
„ 192,2 „
Anhydrit
37,20
192,2 „
„ 201,2 „
Steinsalz
9,0'
201,2 „
„ 262,0 „
Wellendolomit
60,8
Es wurde mit 15" Durchmesser gebohrt bis 40,674 M.
Tiefe im rothen und grauen Keupermergel bis 19. Mai 1874,
da fiel, das Gebirge theilweise zusammen und der Löffel blieb
sitzen; die Zutageförderung desselben dauerte bis 9. Juni
1874; deßhalb wurde es nothwendig, das Bohrloch durch
Röhren vor dem ferneren Zusammenstürzen zu sichern. Die
Röhrentour von 41 Centimeter Durchmesser wurde auf 38,1 M.
und nach und nach bis 76,74 M. Tiefe gebracht und dann
das Tiefbohren mit einer Meiselbreite von 0,39 M. fortgesetzt.
9. Juni bis 17. Juli 1874 Lettenkohle bis 61,7 M., Klemmen
des Meisels durch Nachfalleu, Zutagebringen am 23. Juli
1874 mit großen Schwierigkeiten. Am 25. Juli 1874 in der Nacht
wurden wahrscheinlich die Mineralwasser von Berg und Cann
statt angebohrt bei 68,25 M., denn mit dieser Tiefe verschwand
das bisher 46 M. im Bohrloch stehende Oberwasser mit dem
angebohrten Mineralwasser. Um diese Quelle und zugleich
weiteren Nachfall abzusperren, wurde bis zum Anfang des
Muschelkalks 68,96 M. nachgebohrt und dann eine zweite
Röhrentour von 69 M. Länge und 36 Centm. Durchmesser bis
auf den Muschelkalk eingelassen; dies dauerte vom 27. Juli
bis 9. August 1874.
Nun wurde das Bohren im Muschelkalk fortgesetzt und
mit Einschluß der Reparaturen am Bohrthurm und Schwengel
ständer in 155,56 M. Tiefe am 4. Oktober 1874 der Anhy
drit erreicht; in demselben wurde mit Einschluß von Hebung
der Brüche ani Freifallinstrument durch Ungeübtheit der Ar
beiter bis 9. Januar 1875 192,2 M. tief gebohrt, wo sich
Steinsalz einfand. Von 192,2 M. bis 201,2 M. wurde im
Steinsalz fortgebohrt, dies war mithin 9 M. mächtig. Bei
201,2 M. begann der Wellenkalk oder hier vielmehr Wellen
dolomit und damit der Anfang einer sehr schwierigen und
aufreibenden Bohrung.
Der Wellendolomit war nämlich dergestalt zerklüftet,
daß ein Fanginstrument von 1 M. Höhe und 12" Durchmesser
auf Nimmerwiedersehen im Bohrloch verschwand, außerdem
verloren sich die Bohrproben in den Klüften, so daß der
Löffel selten welche zu Tage brachte. Eine weitere Folge war,
daß der Weisel sich nicht drehen wollte, was unbedingt noth
wendig ist zur Beschaffung eines runden und senkrechten Bohr
lochs ; das Bohren wurde dadurch furchtbar erschwert, da viele
Stellen dreimal gebohrt, d. h. ausgerundet werden mußten.
Dies setzte sich fort bis ungefähr zur Tiefe von 262 M. Die
richtige Tiefe des Bohrlochs konnte sehr schwer gemessen wer
den, da der Weisel wegen des Nachfalls bald höher bald