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Die Feuerwehr, welche mit der größten Umsicht und Pflicht
eifer zu Werke gieng, konnte aber ihre Thätigkeit nicht aus
giebig entwickeln, weil man durch die rasche Verbreitung des
Feuers, in den verschiedenen Stockwerken gleichzeitig, oft ge
nöthigt war, sie zu ihrer eigenen Rettung ans den obern
Stockwerken abzurufen.
Beim Neubau sind die hohlen Holzwände durch Wände
von Wellenblech ersetzt. —
Der Vortrag des Herrn v. Egle über die Aureliuskirche
in Hirsau kann nicht stattfinden, da derselbe durch Unwohl
sein am Erscheinen gehindert ist.
Herr Professor Walter ist indessen angekommen und
übernimmt nun die Beantwortung der im Fragekasten vorge
fundenen Frage über die Ausfüllungsarten, zwischen den Bal
ken, den Decken und den darüber liegenden Fußböden in Be
tracht des Art. 50 der neuen Bauordnung und §.51 der
Vollzugsverfügung, wonach keine die Verbreitung des Feuers
befördernde Stoffe verwendet werden dürfen, weiche lautet:
Sind hienach die seither vielfach verwendeten Spreuer
ausgeschlossen? und wenn, oder überhaupt welches Ma
terial ist zugleich als leicht in größerer Masse beziehbar
hiezu, ohne Staub zu verbreiten, Ungeziefer zu erzeugen
und ohne über Verlattung mit Estrichüberzug verwend
bar zu schwer zu sein, hiezu geeignet?
Herr Walter ist es zweifellos, daß kein Spreuer zur
Ausfüllung verwendet werden dürfe, weil er feuergefährlich
fei, er will ihn überhaupt nicht anwenden, weil er unange
nehmen Geruch verbreitet und Ungeziefer erzeugt und herbei
führt. Er will unter allen Umständen Streifböden im Ge
bälke und diese überfüllt entweder:
a) mit Bauschutt, wie dies in Norddeutschland geschieht,
sei es alter vom Abbruch von Gebäuden, sei es Schutt,
wie er sich bei Neubauten ergiebt. Allerdings wird zu
gegeben, daß derselbe, besonders letzterer nicht immer
trocken zu haben ist, daß er zuerst vom Bauplatz weg-
und wieder beigeführt werden muß. An manchen Orten
wird es schwer, genügend Bauschutt zu erhalten;
b) oder mit Koaksasche — Steinkohlenasche rc., diese giebt
aber leicht einen sehr unangenehmen, schwarzen Staub,
der durch die Fugen der Fußböden heraufkommt; es
wurde daher in dem Wohnhause Nr. 80 der Olgastraße
die Asche mit einer ca. 55 mm. dicken Lage weißen, vor
her gedörrten Sandes gedeckt. Dies ist theuer und
nicht überall anwendbar. In die Aschenhaufen ziehen
sich gerne Heimchen (Grillen), die mit in das Gebäude
gebracht, große Unannehmlichkeiten verursachen; —
c) oder Auswölben zwischen den Balken mit Schlackenstei
nen; es ist dieß zwar ein an sich gutes Mittel, aber
theuer und die Erfahrung zeigt, daß die Verbreitung des
Schalls sehr wenig gehindert wird;
ä) endlich: Schlackenwolle, welche ganz rein und ein schlechter
Wärmeleiter, aber theuer ist. 100 Kilo kosten 12 Mark,
sie kann daher nur für bessere Häuser und hauptsächlich
für Parterreböden empfohlen werden. .
Herr Walter legt noch eine Preisaualyse vor, nach
welcher bei der Annahme einer 15 Cm. starken Ausfüllung ein
Quadratmeter kostet:
Spreu-Ausfüllung:
Lehmestrich 0 M. 26 Pf.
Ankauf des Spreu und Lieferung
zum Bau 0 M. 51 Pf.
Einbringen . 0 M. 6 Pf.
0 M. 83 Pf.
Schlackenausfüllung:
Streifboden 1 M. 0 Pf.
Ankauf der Schlacken 0 M. 23 Pf.
Beifuhr 0 M. 23 Pf.
Einbringen 0 M. 30 Pf.
1 M. 76 Pf.
Auswölben mit Schlackenstein:
25 Stück (ä 60 M. p. 1000) . . 1 M. 50 Pf.
Beifuhr (5 M. p. 1000) . . . 0 M. 15 Pf.
Transport in den Bau . . . . 0 M. 15 Pf.
Auswölben samt Mörtel . . . 0 M. 50 Pf.
Anschlaglatten 3 lfd. ü 5 Pf. . . 0 M. 15 Pf.
2 M. 45 Pf.
Ausfüllung mit Bauschutt:
Streifboden 1 M. 0 Pf.
Ankauf 0 M. 0 Pf.
Beifuhr . . . 0 M. 23 Pf.
Einbringen 0 M. 30 Pf.
1,1. 53 Pf.
wogegen er die Ausfüllung mit Schlackenwolle auf 3 Mark bis
3 Mark 50 Pf. beziffert.
Bei der nun entstehenden Besprechung hebt Hr. v. Schlier-
holz hervor, daß die Verwendung der Spreuer ihren Grund
besonders bei gewöhnlichen Bauten in der Entbehrlichkeit der
Streifböden zwischen dem Gebälke in der daraus entstehenden
Billigkeit der Auffüllung und deren Leichtigkeit und der leichten
Beschaffung in größeren Masten habe, wogegen andere schwerere
Anffüllmaterialien Streisböden nöthig machen. Er habe den
Spreuer von jeher und vielfach angewendet, und die Erfahrung
gemacht, daß Ungeziefer, übler Geruch rc. nur da sich gezeigt
habe, wo nicht genug ausgemahlene oder alte verlegene oder
feuchte Spreuer verwendet wurden; bei guten reinen Spreuern
werden sich keine Nachtheile ergeben; davon, daß Spreuer die
Veranlassung zur Entstehung oder nur auch zu schneller Ver
breitung von Feuersbrunst geworden feie, feie ihm kein Fall
bekannt.
Hr. Walter glaubt, daß Spreuer leicht zur Entstehung
und Fortpflanzung vonFeuersbrünsten Veranlassung sein könnten.
Hr. L. Wolf macht auf die leichte Brennbarkeit des
Mehles aufmerksam und glaubt, daß die Brennbarkeit des
Spreuers davon abhängig feie, ob er mehr oder weniger aus
gemahlen feie; Deckung des Spreuers mit der als feuersicher
bekannten Steinpappe feie zu empfehlen.
Hr. v. Morlok führt Beispiele an, welche den unange
nehmen Geruch bestätigen, glaubt, daß der Spreuer Flugfeuer
bilde, rühmt aber seine Eigenschaft, den Schall zu brechen.
Dagegen wird eingewendet, daß Flugseuer nur bei zu
Tage liegenden Spreuern sich ergebe, nicht aber bei den
Lagen zwischen Gebälke, der Decke und Fußboden eingeschlossen.
Hr. Binder schlägt vor, da über die Feuergefährlichkeit
verschiedene Meinungen bestehen und keine sichere Erfahrungen
vorliegen, erfahrene Feuerwehrleute zu hören.
. Hr. Hoch eisen führt ein Beispiel an, nach welchem in
dem Spreuer Mehlwürmer in Masse erzeugt wurden und die
Wohnung sehr belästigt haben, auch schlechter Geruch entstand.
Hr. Bauinspector Rheinhardt will den Spreuer ganz
ausschließen, schlägt aber vor, über seine Feuergefährlichkeit
Versuche anzustellen. Dieser Vorschlag wird angenommen.
Hr. A. Stotz bietet seine Hofräume, Holz und Arbeit zu
solchen Versuchen an.
Die Herren v. Morlok, Rheinhardt, Stotz und
Walter werden ersucht, die Versuche vorzubereiten und in
Anwesenheit des Vereins zu leiten.
Hr. Brokmann hat Häcksel als ein dem Spreuer ähn
liches Material bezeichnet, es sollen auch damit Versuche ge
macht werden, ferner mit Spreuer unter Bedeckung von Stein
pappe.
Der Vorsitzende hebt nochmals hervor, daß zu allen an
dern Auffüllmalerialien Streisböden nöthig sind und die Frage
wesentlich sich darum handle, ob Spreuer als feuergefährlich
zu bezeichnen oder auch fernerhin zur Ausfüllung zwischen den
Balkenlagen zuläffig, daher die beschlossenen Versuche von Werth
und bald vorzunehmen seien. Die Auffüllung mit Bauschutt
wird jedenfalls nicht als feuergefährlich anerkannt, aber es
ist ganz trockener Schutt nöthig. Zur Verhütung von Staub
wird Abdeckung mit Sand-, Stein- oder Dachpappe empfohlen.