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stabt mit ihrem stattlichen neuen Rathhaus pilgerte und den
Weg in's Neuftädtle einschlug.
Die Straße überschreitet zwei Arme der Rems, von denen
der eine rurmittelbar an den malerischen Resten der alten Stadt
mauer mit ihrem wohlerhaltenen stattlichen Thorthurme hin
fließt und durch eine alte steinerne Brücke überspannt ist, wäh
rend über den zweiten Arm eine eiserne Straßenbrücke mit
zwei Oeffnungen ä 10,3 in. Weite führt, die im Jahr 1861
von Professor Laißle erbaut wurde und als eine der ersten
rationell konstruirten Fachwerksbrücken des Landes ermähnt zu
werden verdient.
Programmgemäß sollte zunächst im Neuftädtle ein allge-
meiner Kaffee genommen werden; allein der wissenschaftliche
Drang der meisten Theilnehmer überwog so sehr über die ver
führerischen Reize des Mokkaduftes, daß fast die ganze Gesell
schaft zuerst den Weg zum Remsviadukt nahm. Dieser in
den Jahren 1873—76 von Oberbaurath v. Abel und Bau
inspektor Bok ausgeführte Viadukt für die Linie Waiblingen-
Backnang ist bei 240 m. Länge und 40 m. Höhe eines der be
deutendsten Bauwerke der württembergischen Staatsbahnen.
Zwei an den oberen Hängen des tiefeingeschnittenen Rems-
thales liegende Ortpfeiler, die meist durch die Böschungskegel
verdeckt sind, tragen in Gemeinschaft mit 3 mächtigen Mittel
pfeilern von je 34 m. lichter Höhe eine elegante Eisenkonstruk
tion (System Neville, Fahrbahn oben von Bauinsp. Wagner).
Der Bau ist einspurig und mit folgenden Dimensionen ausgeführt:
Höhe der Fahrbahn über der Thalsohle . . 41,3 in.
Entfernung der Pfeiler von Mitte zu Mitte . 60 in.
Stiitzweite der Eisenkonftrnktion 59 m.
Höhe „ „ 6,225 in.
Entfernung der beiden Häuptträger .... 3,5 nr.
Breite der Fahrbahn zwischen den Geländern . 5,5 nr.
in der Höhe der untern Gurtung befindet sich ein Laufsteg.
Die Mittelpfeiler haben folgende Dimensionen:
obere Breite 4,5 in., obere Länge 7,0 in.
untere Breite 9,0 in., untere Länge 11,5 in.
sie sind in dem kräftigen Buntsandstein, der in den Regie
brüchen bei Calw gemonneii wird, in sehr solider Weise ans-
geführt; die Eisenkonstruktion ist diskontinuirlich und wurde
auf besonderem Gerüst in vier Etagen montirt. Dieses Gerüst
diente zugleich zur Beförderung der Steine für die Mittel
pfeiler, die vom Bahnhof Waiblingen auf der schon fertigen
Baustrecke mit kleinen Lokomotiven beigeführt wurden.
Eine hübsch ausgeführte Photographie des Baugerüstes,
sowie eine solche der fertigen Brücke wurde von Schwarz in
Stuttgart aufgenommen.
Nachdem die Eisenkonstruktion seitens des klettergewandten
Theils der Gesellschaft noch einer näheren Besichtigung unter
worfen war, erfolgte der Rückweg in's Neuftädtle, woselbst
theils im Garten, dessen Anlagen zu Spaziergängen einluden,
theils Abends beim gemeinsamen Nachtessen in den oberen
Räumen des Badhotels sich ein heiteres gesellschaftliches Leben
entwickelte.
Das Mahl wurde durch verschiedene Toaste gewürzt; von
Oberbaurath v. Schlierholz auf die Damen der Gesellschaft,
von Baurath D unter auf unseren Vereinsvorstand, der sich
durch das Arrangiren des gelungenen Festes von neuem den
warmen Dank der Mitglieder erworben; ein kräftiger Sala
mander auf die Damen wurde von Bauinspektor Rheinhard
kommandirt, während unser sangesfrisches Mitglied Dobel und
der als Gast anwesende Architekt Gebhard uns durch Lieder
vorträge erfreuten.
Die Zeit zum Aufbruch schlug Allen viel zu frühe; der
Weg nach Bahnhof Waiblingen wurde im Mondenschein zurück
gelegt und in Stuttgart nach 10 Uhr Nachts angekommen,
trennte man sich mit dem Wunsche, daß solche Exkursionen
möglichst häufig ausgeführt werden mögen.
Stuttgart, den 27. August 1877.
Der Schriftführer:
Lang.
Atndmmg nnd ikdjtrag
vom 1. Ja'
A. Mitglieder in Stuttgart.
Ausgetreten sind:
ad 45. ».Klein, Präsident, dgl. in München,
ack 54. Ließenmaier, Professor.
Gestorben sind:
ad 10. Binder, Oberbaurath.
ad 87. Würich, Baurath.
Von hier weggezogen ist:
ad 56. Mayer, Baninspektor, nach Ellwangen.
Hieher gezogen ist:
Barth, Banrath, von Heilbronn.
Neu aufgenommen wurden:
1) E. Beck, Architekt.
2) Ad. Borkhard, Architekt.
3) Ehrhard, Ingenieur.
4) Th. Gnauth, Ingenieur.
5) Koch, Jngenieurassistent am Polytechnikum.
6) G. Morlok, Ingenieur.
Orts- und Wohnungsveränderungen werden häufig be
Art, an denen die Säumigen die Schuld tragen, entstehen und
wiederholt.
m Wjtzlikdttttttjtjchmß
mar 1877.
7) G. Pfeifer, Baumeister.
8) G. Raible, Baumeister.
9) F. Rauscher, Baumeister.
ö. Auswärtige Mitglieder.
Ausgetreten ist:
ad 5. Benne der, Baumeister.
Ortsveränderung von Barth und Mayer siehe ad A.
Neu ausgenommen wurden:
1) Dulk, Baumeister in Sigmaringen.
2) Gutermann, fürstlicher Baumeister in Hechingen.
3) List, Ingenieur in Wangen.
4) Schweyer, Ingenieur in Wangen.
5) Ruff, Betriebsbauinspektor in Hall.
6) Vetter, Ingenieur in Wangen.
Hienach sind es bis zum Oktober 1877:
93 hiesige,
103 auswärtige,
zusammen 196 Mitglieder.
in Vorstande nicht angezeigt, wodurch Störungen verschiedener
wird das Ersuchen um dergleichen Anzeigen hierdurch dringend
Der Vereinsvorstand: Schlierholz.