Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Techniker erhalte, wobei, wie dies da und dort schon der Fall 
sei, letzterer mehrere Oberämter versehen könnte. 
Hiedurch könnte man sicherer auf tüchtige technische Kräfie 
in beiden Branchen rechnen, während man nach der seitherigen 
Einrichtung vielfach nur Halbheiten begegne. 
Zu ß. 61 Abs. 5. Derselbe fordert für Eisen-Konstruk 
tion und ungewöhnliche Bauten Konstruktions- und Detail 
zeichnungen, was nicht selten kostbare Pläne bedingt und er 
achtet der Verein diese Vorschrift umsomehr, als man in 
manchen Fällen bei der Vorlage noch nicht weiß, ob überhaupt 
gebaut werden darf, für hart und zu weitgehend, daher er 
Durchstrich dieses Absatzes beantragt. 
Zu Abs. 7. Findet der Verein den Maßstab 1: 500 bei 
größern Komplexen für Situationspläne zu klein, um deutlich 
genug zu werden und auch die erforderlichen Maaße eintragen 
zu können, daher hiefür ein solcher 1: 200 gestattet werden sollte. 
Zu §• 67. 
Es haben sich bezüglich der Baukontrole bei entlegenen, b e - 
sonders Einödcbauten durch die in Abs. 3 vorgeschriebenen 
4 Visitationen wesentliche Belästigungen herausgestellt, indem 
die Baukontroleure schwierig beizubringen sind, dadurch Ver 
zögerungen im Bauen und auch nicht festen große Kosten ent 
stehen, welche oft in keinem Verhältnifse zum Bauwesen selbst 
stehen. Klagen hierüber sind besonders vernehmbar von Ein 
ödcbauten des Allgäus und überhaupt größeren Gutskomplexen, 
für welche Bauten meist keine Nachbarschaftsverhältnisse in 
Betracht kommen und daher bei dergleichen Bauten die Kon- 
trole 2 und 3 in Wegfall kommen könnte, wenn in letzterem 
Falle das Gebäude keine Fcuerungsanlagen erhält. 
B. Zur Verfügung betreffend die Herstellung von 
Feuerungsei urichtungen. 
Zu ß. 1. Der Absatz 1 spricht im Allgemeinen von 
der Entfernung von Oesen und Herden vom Holzwerke mit 
45 ein. und bringt in 8- 2 widersprechend besondere und ab 
weichende Vorschriften hiefür, je nach der Beschaffenheit der 
Oesen und je nachdem das Holzwerk frei oder verputzt ist; zu 
dem hält der Verein eine Entfernung vom Holzwerke von 45 cm. 
für zu groß und eine solche mit 35 cm. als genügend, wie 
auch im Großherzogthum Baden in den Ban- und Feuerpolizei 
vorschriften vom 5. Mai 1869 8- 20 ebenfalls eine Entfernung 
von 1 bad. Fuß = 33 cm. als genügend gilt. 
Zu Hebung des Widerspruchs hält der Verein den Zusatz 
„soweit nicht 8- 2 Abweichungen enthält" und die Ermäßigung 
der Entfernung auf 35 cm. für erforderlich. 
Zu 8- 2 finden wir die Entfernungen der Oefen vom 
Holzwerkc nach unseren Erfahrungen als zu groß und bei Bau 
anlagen insbesondere für die Thürstellungen oft sehr erschwerend 
und eine zweckmäßige Zimmeranlage behindernd, auch bei den 
thönerncn Oefen viel zu weit greifend, daher wir unsere Vor 
schläge dringend der Würdigung empfehlen, indem wir die Er 
mäßigung der Feuersicherheit erfahrungsgemäß für zulässig 
erachten. 
Zu 8- 5. Die Aufstellung der Kochöfen zum Einhängen 
von Kochgefäßen, „den sog. Armcleutöfen", wird durch die Vor 
schrift des Abs. 1, — demgemäß eine vollständige Ghpsung beson 
ders vorgeschrieben, die in Gebirgsgegenden re. meist nicht oder 
nur mit großen Kosten durchzuführen ist, — in einer großen An 
zahl von Zimmern unmöglich gemacht und doch sind dergleichen 
Oefen für viele, besonders einzelne und arme Frauenspersonen 
von so großem Werthe, weshalb deren Aufstellung nicht zu 
sehr eingeschränkt werden und nur das für die Feuersicherheit 
absolut Nöthige bezüglich deren Umgebung verlangt werden 
sollte und erkennt der Verein dies in seinem Vorschlage als 
ausreichend. 
Zu 8’ 7 Abs. 4. Bei französischen und englischen Kaminen 
ist vielfach der Rand der Vorlage durchbrochen, weshalb die 
Vorschrift „undurchbrochen" als belästigend und überflüssig er 
scheint, daher diese in der neuen Fassung wegbleiben sollte. 
Zu 8- 11. 
Die Vorschrift, daß Dampf- und Heißwasser- 
Leitungsröhren von Holzwerk mindestens 15 cm. entfernt 
bleiben sollen, hat in der Technikerwelt eine große Mißbilligung 
und Agitation hervorgerufen, indem sie auf irrigen Grund 
lagen, „der Perkins'scheu Hochdruckwasserheizung, welche 
fast gar nicht mchr ausgeführt wird", beruht und in vielen 
Fällen die Anwendung von dergleichen Heizungen nicht nur er 
schwert, sondern nahezu unmöglich macht und statt eine feuer 
sichere centrale und wirthschaftlich günstige Heizungsmethode zu 
erleichtern, den mehr feuergefährlichen Heizungsarten Eingang 
verschafft, weshalb dringend geboten erscheint, daß hier nur 
Vorschriften gegeben werden, wie sie durch die Erfahrung 
als geboten erscheinen, nicht aber gegründet auf veraltete und 
nicht mehr bestehende Konstruktionen. 
Der Verein für Baukundc hat bei Behandlung dieser wich 
tigen Frage nicht nur die Erfahrungen seiner Mitglieder benützt, 
sondern sich auch noch weiter an Autoritäten und Praktiker in 
genanntem Zweige gewendet und hierüber die nachstehenden 
Aeußerungen erhalten: 
1) von Civilingenieur C. Kröber in Stuttgart. Der 
selbe sagt: 
„Die Beantwortung der Frage, ob Dampf- und Heiß 
wasser-Leitungsröhren Holzwerk oder andere brennbare Stoffe 
zn entzünden vermögen, wird in erster Linie davon abhängen, 
welche Temperatur diese Röhren anzunehmen vermögen. 
Gegenwärtig sind der Hauptsache nach folgende Systeme 
in Anwendung: 
1) Dampfheizung mittelst Abgangdampf aus Dampf 
maschinen und mittelst frischen Dampfes direkt aus dem 
Dampfkessel. Während in ersterem Falle der Dampf der Kon 
densation nahe ist und seine Temperatur nur um höchstens 1 
oder 2 Grade den Siedepunkt des Wassers übersteigen kann, 
beträgt die Spannung in direkt vom Dampfkessel gespeisten 
Dampfleitungen in der Regel 1,2—3,5 Atmosphären und die 
Temperatur der Röhren somit 105—140 0 Cels. 
2) Niederdruck-Wasser Heizung. Die maximale 
Temperatur des Wassers im Heizkessel beträgt 100° Cels. 
Während seines Laufes in den Röhren kühlt sich das Wasser 
bis auf etwa 40" Cels. ab, um dann im Kessel angekommen 
wiederum bis auf 100° erwärmt zu werden. 
3) Kombinirte Wasser-Luft-Hcizung oder Dampf- 
Luft-Heizung. Da hier das Wärme transportircnde Me 
dium, abweichend von den beiden ersten Methoden, Luft ist, so 
kommt diese Heizart hier nur soweit in Betracht, als die cigent- 
tichen Wärmeerzeuger, die Wasser- oder Dampfröhren überhaupt 
mit Holzwerk in Berührung kommen können. Wasser und Dampf 
cirkuliren in den Röhren nur mit niederer Spannung, welche 
> eine Temperatur der Röhren und der durch sie erwärmten Luft 
i von nur 80—150 ° Cels. bedingt. 
Außer den hier genannten Heizmcthoden war bis vor 
; mehreren Jahren auch noch die 
4) Perkins'sche Hochdruck-Wasserhcizung in ziem 
lich ausgedehnter Anwendung. Sie wird indessen gegenwärtig 
fast gar nicht mehr ausgeführt. In ganz gefüllten und ge 
schlossenen Röhren von höchstens 30 mm. Lichtweite wird das 
Wasser bis auf 150—200 0 Cels. erhitzt, was einem Druck von 
5—15 Atm. entspricht. 
Die hier in Frage kommenden Temperaturen schwanken 
somit zwischen den Grenzen von 40—140 ° Cels. für Nieder 
druck-Wasser- und -Dampfheizungen und steigen nur bei dem 
Hochdruckwasser-Systeme bis auf 200 ° Cels. 
Man wird nun wohl nicht sehr irren, wenn man die Tem 
peratur, bei welcher Holzwerk re. zur Entzündung kommt, auf 
300—350° Cels. schätzt. Selbst bei unmittelbarer Berührung 
dieser Stoffe mit den Röhren der Dampf- und Heißwasser 
heizungen ist daher eine Entzündung wohl nicht möglich. 
Dem Unterzeichneten ist bis jetzt kein Fall einer Entzün 
dung, weder durch Nieder- noch durch Hochdruckwasserheizungcn
	        
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