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Material weniger hoch heben zu müssen, eine etwas niedriger
als die übrige Pfahlwand gehaltene Stelle. Hier drang nun
bei dein Hochwasser feinerer Sand und Schlamm in die Bau
grube und überlagerte die Sohle des letzteren. Die Entfernung
dieser Materialien wurde bei unserer Anwesenheit mittelst einer
Sandpumpe bewirkt, nachdem das fragliche Material zuvor von
Hand in der Tiefe gelockert worden war. Der zugleich mit dem
Wasser heraufgepumptc Sand betrug ca. % der Gesammt-
förderung. Zum Lockern des Materials war in die Bau
grube ein sehr tragfähiges Floß aus Petroleumfüssern gebracht
worden.
Der Morgen des folgenden Tags war den Bauten am
Rhein gewidmet, welche wir auf badischer Seite auf eine Länge
von ca. 5 Kilometer unter der Führung eines älteren badischen
Dammmeisters besichtigten, dessen praktische Erfahrungen und !
gesunde Anschauungen wir in dieser kurzen Zeit sehr schätzen zu
lernen Gelegenheit fanden.
Der Rhein ist bei Breisach und noch auf eine große Strecke
ober- und unterhalb dieses Punktes seinerzeit mit einer Normal
breite von 200 m. angelegt worden und ist beiderseits von
Parallclwerken begrenzt. Während auf der elsäßischen Seite an
den Böschungen Steinwürfe vorgefunden wurden, wies die be
treffende badische Strecke Böschungspflasterungen auf. Die
Kalksteine sowohl zu den badischen als auch zu den elsäßischen
Bauten werden aus einem ca. 5 Kilometer vom Rhein entfernten
ärarischen Steinbruch auf dem ersten Ufer gewonnen und kostet
das Gewinnen von 1 Kbm. 1 M>. 40 der Transport bis
zum Rhein 1 M. 70 das Aufsetzen 17 , der Transport
von beu Abladeplätzen zu Wasser an die Berwendungsstellcn
ca. 1 M. Das Richten und Versetzen von 1 Dm. ca. 18 cm.
starkem rauhem Böschungspflaster kommt auf ca. 35 zu
stehen. Bei diesem Preis erschien uns die Abpflasterung auch
pekuniär vortheilhaftcr als ein Steinwurf, bei welchem durch
das Abrollen der Steine durch Wasser- u. s. w. Stoß ein ziem
lich erheblicher Materialverlust sich ergeben muß, welcher bei
der Pflasterung wegfällt.
Für die Rheindämme wurden uns zwei Qucrproffle mit
getheilt, wovon das erste bei Breisach ausgeführt ist (s. Fig. 9,
10 und 11).
Auf badischer Seite ist die Dammkrone über Mittelhoch-
waffer angelegt, hauptsächlich um die Bauten zugänglich zu
machen. Auf den Dämmen fanden sich große Massen aufgc-
rutheter Steine, eine Einrichtung, welche von unserem Begleiter
sehr gerühmt wurde, da diese breiten Steindämme bei dem
1876er Hochwasser die Gewalt des über die Dammkrone drin
genden Wassers bedeutend schwächten, eine rasche Ausbesserung
vom Wasser angegriffener Stellen ermöglichten und selbst im
Falle eines Dammanbruchs durch Nachstürzen die entstandenen
Auskolkungen ausfüllten.
Die Oeffnungcn zum Verlanden der Altwasser befanden
sich in Entfernungen von 280—570 m. von einander und be
trug deren Weite ca. 60 in. Die hier vorhandenen Köpfe ver
ursachen stets erhebliche Unterhaltungskosten und ist man von
der früher üblichen Befestigung mittelst Steinschüttung an allen
denjenigen Stellen, an welchen die Verlandung nicht bis zur
Dammlinie vorgeschritten ist, abgekommen, und werden zum
Schutz der Köpfe nunmehr Senkwellen in koncentrischer Lage
eingeworfen, die nach Bedarf nachgelegt werden.
Da das Profil des Rheins nach der Größe mittlerer Hoch
wasser bestimmt und zur Abführung des Wassers bei normalem
Stand eine Stromrinne nicht fixirt wurde, so trifft man auf
den korrigirtcn wie unkorrigirten Strecken des Rheins überall
mächtige Kiesbänkc an, die die Fahrrinne abwechselnd auf das
rechte und linke llfer verlegen und dadurch die Schifffahrt sehr
erschweren. Unter den obwaltenden Umständen und namentlich
auch deshalb, weil eine Abhilfe dieses Mißstandes durch Buhnen
bauten bei der Beschaffenheit des Flußbetts u. s. w. zum vorn
herein ausgeschlossen ist, darf auf eine Erschließung des Ober-
rheins für die Schifffahrt voraussichtlich nicht so bald reflek-
tirt werden.
Von Altbreisach ging unser Weg über Kalmar nach
Straßburg.
Erst von Kolmar aus führt die Bahn, die Unterhaltung
der Geleise läßt nichts zu wünschen übrig, der weniger befrie
digende Zustand der Nebenanlagen, Gräben, Sicherungen,
Böschungen u. s. w. erinnert noch an die frühere französische
Verwaltung.
Auf den Stationen ist überall die französische Einrichtung
beibehalten, daß jedes Geleise seinen besonderen Perron hat
(s. Fig. 12). Der eine Perron liegt am Hauptgebäude, der
andere diesem gegenüber außerhalb der Hauptgcleise. Man steigt
also immer auf der Wagenseite aus, auf der man eingestiegen
ist, gleichviel ob die Station rechts oder links liegt.
In Straßburg interessirten uns vorzugsweise die Kanal
anlagen, es mündet hier der Kanal Rhone z. Rhein, Marne
z. Rhein und bilden diese Kanäle mit der Jll, dem kleinen
Rhein und der Hafenanlage sehr entwickelte Wasserstraßen. Die
Einmündungsschleusen der Kanäle in den Rhein haben doppelte
Ober- und Unterthore (s. Fig. 13), die Thore aus Gußeisen,
(Säulen, Rahmen und Riegel), die Verbindung ist vertikal
ohne Federung. Die Konstruktion wurde uns sehr gerühmt mit
Ausnahme der Drehsäulen, welche oft brechen.
Mehrere Stauwehre sind vorhanden, theils mit Balken-,
theils mit Nadelabschluß, ersteres war mit Verschluß zuni plötz
lichen Oeffnen versehen; daß die Vorrichtung aber nicht sehr
praktisch ist, schien uns daraus hervorzugehen, daß weder der
begleitende Ingenieur noch der Wehrwärter uns zu sagen
wußten, warum und seit wann die Griessäulen festgelegt sind
und die Balken einer um den andern herausgehoben resp. ein
gelegt werden.
Das Nadelwehr rinnt sehr stark, obgleich der Stau zur
Zeit sehr gering war.
Am andern Tage fuhren wir zur Besichtigung des Marne-
Rhein-Kanals nach Zabern. Der Marne-Rhein Kanal ist inso
fern interessant, als er mehrere Wasserscheiden überschreitet, die
zwischen Rhein und Saar (die Vogesen), dann zwischen Saar
und Mosel und die zwischen Mosel-Maas und Maas-Marne.
Nur die erstere liegt auf deutschem Gebiet. Der Marnc-Rhein-
Kanal ersteigt die Vogesenkette in dem Thale der Zorn, das
von Zabern an bis zur Wasserscheide ganz den Charakter eines
Schwarzwaldthales zeigt, so schmal, daß gerade nur Bach,
Kanal und Straße Platz finden, die Eisenbahn ist auf den Hang
verwiesen, da im Thale nicht Platz wäre.
Schon in Zabern selbst ist die Situation des Kanals sehr
interessant, derselbe schneidet hier den Felsvorsprung, auf dem
Zabern gelegen ist, in tiefem Einschnitt, die Straßen der Stadt
gehen oben über den Kanal weg, oberhalb Zabern liegt der
Kanal meist im Auftrag und folgt dem linksseitigen Thalhange,
indem derselbe gleich oberhalb Zabern die Zorn im Viadukt
überschreitet. Zahlreiche Ucberführungen kleiner Seitenbäche
kommen vor, aber auch große Bauwerke, indem weiter oben die
Bahn das Thal und den Kanal in einer steinernen Brücke über
setzt, um den rechtsseitigen Hang zu gewinnen.
Der Kanal war sehr belebt, fast bei jeder Schleuse lag
ein Schiff und fanden wir die Angaben bestätigt, die wir in
Straßburg erhielten, daß täglich 40—50 Schiffe den Kanal
passiren. Die Kanalschiffe haben ein Gewicht von 270 ts. und
eine Tragkraft von 150—190 ts., sie werden von 2 Pferden
gezogen, die im Schiff selbst Unterkunft finden, und gehen mit
einer Geschwindigkeit von ca. 2—2‘/ a Kilometer pro Stunde,
so daß sie den Weg von Vitry nach Straßburg in 11—15
Tagen zurücklegen (315 Kilom.), Tag und Nacht 11 Tage, bei
15 Stunden täglicher Arbeitszeit 15 Tage.
Die Schleusen sind 38,6 in. zwischen den Thoren lang
und 5,2 in. breit, Gefälle der Schleusen 2,6 m., Wassertiefe
1,6 m. Die Schiffe sind diesen Dimensionen sorgfältig ange
paßt, nämlich 5,1 m. breit und 34,5 m. lang, so daß der seit
liche Spielraum nur 10 cm. beträgt, in der Länge natürlich
mehr, doch muß das Steuerruder angelegt werden, damit sie
Platz finden. Die Tauchung beträgt 1,3 m., das Durch