33
ad Schema 5. Vorschriften hinsichtlich der
statischen Sicherheit.
Die Kommission geht hier von dem Motiv ans: Es soll
dem praktischen Geschick und dem gewissenhaften Ermessen der
Baulustigen und Handwerkslcute möglichst viel Spielraum ge
lassen werden.
Der Art. 35 bildet die Grundlage der Einwirkung der
Polizeibehörden auf die einzelnen Bauten.
Das Gesetz enthält keine besonderen Vorschriften, weil
in Rücksicht auf wechselnde Bedürfnisse und Anschauungen, auf
die Fortschritte der Technik und die Verschiedenheit
der lokalen Verhältnisse eine gesetzliche Normirung nicht
angemessen erscheint, auch weil es sich sowohl um Bauten neuer
und eigenthümlicher Art, als um Bauten für vorübergehende
Zwecke handeln kann, bei welchen die gewöhnlichen Vorschriften
für Gebäude, der Natur der Sache nach, nicht gelten können.
Weder ein Gesetz, noch die Baupolizeiverwaltung kann es
füglich übernehmen, die dem Gebiete der Baukunst ungehörigen
Regeln für eine sichere Ausführung vorzuschreiben, wie z. B.
die Stärke der Tragmauern, die Art des Verbandes, die Be
schaffenheit der Baustoffe u. dergl. Einzelheiten, wie dies die
alte württ. Bauordnung und selbst einige Bauordnungen aus
neuerer Zeit versucht haben. Dagegen sind Eigenthümer und
Baumeister auch dann verantwortlich, wenn sie, ohne die spe
ziellen Vorschriften des Gesetzes zu übertreten, die allgemeinen
Regeln der Art. 36 u. 37 in schuldhafter Weise bei Seite setzen
und damit eine Gefahr oder ein Unglück herbeiführen.
Die sächsische Bauordnung spricht sich ähnlich aus:
Art. 36 überläßt die Wahl des Baumaterials dem Bau
unternehmer und bestimmt nur, daß solches diejenigen Eigen
schaften habe, welche eine feste und sichere Bauausführung er
möglichen. (Gleichlautend wie in der Bauordnung Bayerns.)
Die Bauunternehmer mögen sich selbst vorsehen, daß sie gute
Waare erhalten, zumal ihnen nicht nur von der Polizei die
Verwendung schlechten Materials jederzeit untersagt werden
kann, sondern sie auch nach Art. 20 u. 93 verantwortlich sind,
wenn sie den Vorschriften in schuldhafter Weise nicht nachkom
men und dadurch Schaden herbeiführen.
Art. 37 u. 38 bestimmen nur, daß bei geringeren: Abstande
als 2,3 m. feuersichere Mauern hergestellt werden müssen,
ohne speziellere Vorschriften über die Konstruktion und Material
derselben.
Das Gesetz trägt der Mannigfaltigkeit der Verhältnisse
nach Zeit und Ort dadurch angemessene Rechnung, daß es den
Ortsbehörden zur Berücksichtigung lokaler Verhältnisse den
nöthigen Spielraum gewährt und es zugleich der Verwaltung
im Allgemeinen überlassen ist, genauer festzustellen, in welcher
Art und Weise die gebotene feuersichere Konstruktion auszu
führen ist.
Art. 39 bestimmt die Regeln für die Konstruktion der nicht
massiven Außenwandungen der Gebäude.
ad Schema 6. Nachbarliche Bestimmungen.
Art. 56 enthält Bestimmungen über Ableitung des Dach
wassers und Art. 57 desgleichen über gemeinschaftliche Dach
rinnen.
Art. 58 verbietet die Ableitung des Wassers auf das
Grundstück des Nachbars.
Art. 59 gestattet Recht auf Luft und Licht bei einem
Grenzabstand von mindestens 1 in.
Art. 60 u. 61 handeln über Abstände der Gebäude.
Art. 62 gibt Vorschriften für Abtritte, Düngerstätten,
Brunnen, Holzbeugen rc. gegen die Nachbargrenze.
Art. 63 schreibt Sicherheitsvorkehrungen vor beim Graben
von Kellern, Brunnen u. s. w.
Art. 64 u. 65—73 enthalten sonstige nachbarliche Dienst
barkeiten, denen die Kommission gleich wie obigen ihre Zu
stimmung gibt.
Auch nach Abschluß dieser Detailsberathungen in den
Kommissionssitzungen befestigt sich bei der Kommission immer
mehr die Ansicht, daß für eine Reichs - Bauordnung nur
Weniges übrig bleiben könnte, das für allgemeine Grundsätze
aufzustellen wäre; hat schon das Gesetz für Württemberg sehr
1 Vieles der Ministerial - Verfügung und den Ortsbaustatuten
überlassen müssen, wie sehr würde das zusammenschwinden, was
für das ganze Deutsche Reich bestehen bleiben könnte.
Stuttgart, den 6. April 1877.
Der Vorsitzende der Kommission:
Silber.
Der Schriftführer:
Schittenhelm.
Der Verein für Baukuude hat sich in seiner am 7. April
d. I. stattgehabten Versammlung diesem mit einigen Zusätzen
versehenen Protokolle angeschlossen.
Zur Urkunde:
Stuttgart, den 7. April 1877.
Der Vereinsvorstand:
Schlierholz.
Beilage 5
zur 10. ordentl. Versammlung. Hiezu Zcichnungsbeil. Taf. 2.
Referat
aus dem Engineering von 1875
über
Jaschinenbaulen in Kottand
von Bauinspektor A. Meinhard.
Die Bauten zur Sicherung der Küsten und der Stromufer
werden in Holland wegen Mangels an andern Materialien
vorzugsweise aus Faschinen (holl. Ryshout) hergestellt, welche
von großen besonders angelegten Weidenpflanzungen geliefert
werden, in welchen Erlen- und Eschengebüsche, jedoch in ge
ringen! Maße, eingesprengt sind.
Die Ernte erfolgt in jedem dritten oder vierten Jahre
im Frühherbste, ausnahmsweise bei großem Bedarf auch im
Frühjahr, und es wird hiebei das Unterholz so abgeschnitten,
daß keine Beschädigung des Wurzelholzes vorkommt. Ein HA
Sumpfboden produzirt jährlich außer dem erforderlichen Stock
holz und außer dem Material zum Binden der Faschinen-
5