Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Oberbaurath v. Knall ist. Die Linie Thamm—Hellbraun 
bearbeitete jedoch generell zuerst Prof. Brey mann an der 
polytechnischen Schule und erst später im Detail v. Etzel. 
Die Ständeversammlung des Jahres 1845 erklärte sich, 
nachdem vorher Gelüste — das Gesetz vom 20. März 1843 
wieder umzustoßen — statt der Filsbahn die Remsbahn, statt 
der Ulm—Biberach—Friedrichshafener Bahn, die durch das 
Blau- und Donauthal über Buchau nach Friedrichshafen, statt 
auf Staatskosten durch Privatgesellschaften zu bauen, — auf 
getaucht , sowie die hiesige Bahnhos-Situirung und die Trace 
nach Cannstatt zu bekämpfen waren, — mit den von der Re 
gierung gethanen Schritten einverstanden und genehmigte im 
Laufe der Verhandlungen, für die Finanzperiode 1845/48 
den Bau 
1) der Eisenbahn von Ludwigsburg bis zur badischen Landes 
grenze, 
2) der Linie von Thamm bis Heilbronn (wobei Etzel den 
Abzweigepunkt gegen Westen jedoch von Bietigheim aus 
und den Enzübergang daselbst in Aussicht stellte), 
3) der Bahnstrecke von Eßlingen nach Plochingen, 
4) der Eisenbahn von Plochingen nach Ulm durch das Filz 
thal, 
5) der Eisenbahn von Ulm über Biberach nach Friedrichs 
hafen 
mit einer Etatssumme von 17,600,000 fl., per Jahr fast 6 Mil 
lionen, und machte zur vorläufigen Deckung des zunächst be- 
nöthigten Baues eine Anleihe von 7 Millionen Gulden. 
So war endlich durch entschiedenes Handeln und durch 
die richtige Wahl befähigter Männer nicht nur der Ansang zu 
den neuen Verkehrsanstalten gemacht, sondern auch die Vollen 
dung des ganzen Netzes dadurch garantirt und außer Frage 
gestellt. 
Durch die vorerwähnten Bauanlagen und Ausführungen 
waren die Hauptrichtungen vorgezeichnet und sichergestellt, es 
konnte sich nun nur noch um die Anschlüsse und die weitere 
Ausdehnung des Bahnnetzes durch Zweigbahnen handeln. 
Oberbaurath v. Bühler trat bei der K, Eisenbahnbau- 
Kommission aus und zum Ministerium des Innern über. 
Es fiel der Bau der Nord- und West- nebst Centralbahn 
dem Oberbaurath v. Etzel, der Ostbahn von Eßlingen bis 
Ulm dem Oberbaurath v. Knoll und der Südbahn Ulm bis 
Friedrichshafen dem Oberbaurath v. Ga ab, der am 9. März 
1846 in Dienste der Eisenbahnbau-Kommission trat, zu. 
Die Linie von Plochingen nach Eßlingen wurde am 
14. Dezember 1846, die Strecke Plochingen — Süßen am 
11. Oktober 1847, bis Geislingen am 14. Juni 1849, von 
da über die Alb nach Ulm am 29. Juni 1850; die Südbahn 
zuerst von Ravensburg bis Friedrichshafen am 8. November 
1847, von Bibcrach bis Ravensburg am 26. Mai 1849 und 
von Ulm bis Biberach am 1. Juni 1850 dem Betrieb über 
geben; in nordwestlicher Richtung aber von Ludwigsburg bis 
Bietigheim am 11. Oktober 1847, Bietigheim—Heilbronn am 
25. Juli 1848 eröffnet und nachdem im Dezember 1850 mit 
Baden wegen des Anschlusses bei Bruchsal ein Vertrag abge 
schlossen, wurde alsbald 1851 der Bau zwischen Bietigheim 
und Bruchsal begonnen und auch diese Bahn am 1. Oktober 
1853 dem Verkehr übeygeben. 
Der Bauaufwand auf diese Bahnen betrug 32,618,033 fl., 
pr. Meile 795,562 fl. oder 397,781 fl. per Bahnstunde, eine 
Summe, die gegenüber den zu überwinden gewesenen Schwierig 
keiten mäßig war, zudem die bairische Bahn pro Stunde auch 
auf 386,417 fl. zu stehen kam. 
Nun entstand bezüglich des Baues ein Stillstand; Ober 
baurath v. Knoll trat schon am 1. Juli 1850 zum Ministerium 
des Innern über und v. Etzel erhielt am 17. Juli 1853 Ur 
laub, um an die Spitze der schweizerischen Centralbahn und 
später der Kais. Franz-Joseph-Orientbahn in Wien zu treten, 
wornach er erst im März 1858 auf die ihm bis dahin vor 
behaltene Stelle förmlich Verzicht leistete. 
Oberbaurath v. Gaab war nun der einzige Oberingenieur 
über diese Stillstandsperiode, während welcher Zeit derselbe 
Vorarbeiten für die obere Neckarbahn, eine Verbindung zwischen 
Hellbronn—$aü gegen Crailsheim und von da gegen Aalen 
und das Remsthal nach Stuttgart, zwischen Aalen—Heidenheini 
und Lonsee inachte. 
Als der Bau der oberen Neckarbahn im Jahre 1856 be 
schlossen und v. Gaab über Gebühr in der Folge beschäftigt 
war, wurden als weitere Oberingenieure im Januar 1858 
Oberbaurath v. Morlok und im November 1858 v. Abel 
berufen, welche und zwar v. Morlok damals die Remsthal 
bahn und später die Bahn von Goldshöfe nach Mergentheim, 
von Jagstfeld nach Osterburken und von Aalen nach Heiden- 
hcim; v. Abel aber die Heilbronn—Haller Bahn und die nach 
Jagstfeld, von Zuffenhausen nach Calw, von Horb über Nagold 
nach Pforzheim und Pforzheim—Wild bad zur Tracirung und 
Ausführung übertragen erhielten, während Oberbaurath v. Klein, 
der bis entlang den mechanisch-technischen Theil besorgte, zum 
Vorstand der K. Eisenbahnbau-Kommission im November 1863 
ernannt wurde. 
Als sich im Lande sonst weitere Eisenbahnwünsche regten, 
welche Sc- Maj. König Karl bei seinem Regierungsantritt den 
25. Juni 1864, ebenso eifrig aufnahm und pflegte, als sein 
höchst seliger Herr Vater der König Wilhelm es stets gethan, 
und insbesondere der Eisenbahnbau in die Verwaltung des 
Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, mit Herrn 
v. Varnbüler an der Spitze, im Spätjahre 1864 überging 
und zugleich der Bau vom Betrieb getrennt wurde, erhielt der 
Eisenbahnbau frischen Aufschwung, weshalb ein weiterer vierter 
Oberingenicur in der Person des jetzigen Oberbauraths 
v. Schlierholz im Juli 1865 in die K. Eisenbahnbau- 
Kommission berufen und diesem die Vorarbeiten der ober 
schwäbischen, der Donau- und Allgäubahn, sowie später, nach 
dem am 23. August 1869 erfolgten Tode des Oberbauraths 
v. Gaab die Linie Tuttlingcn-Jmmendingen und die Hohen- 
zollernbahn von Hechingen über Balingen und Ebingen nach 
Sigmaringen übertragen, wobei es sämmtlichen Oberingenieuren 
nebenbei nicht an einer Reihe von Vorarbeiten fehlte, wie denn 
auch derzeit 
v. Morlok die Gäubahn, 
v. Abel die Murrthalbahn, 
v. Schlierholz einen Theil der Hohcnzollernbahn und 
die Kißlegg—Wangencrbahn 
ausführen und von allen 3 weitere ausgedehnte Tracirungs- 
arbciten besorgt werden. 
Im Ganzen bauten bis dato: 
v. Etzel . . . 
. . 121,57 Kilometer, 
v. Knoll . . . 
. . 80,08 
v. Gaab . . . 
. . 306,26 
v. Morlok . . 
. . 311,47 
v. Abel . . . 
. . 258,52 
v. Schlierholz 
. . 229,52 
z»s. 
1307,42 Kilometer. 
Nach dieser geschichtlichen Darstellung darf ich zu 'er 
wähnen nicht unterlassen, daß dem württembcrgischen Eisen 
bahnbau zwar von der Zeit seines Beginnes unter v. Etzel 
und Knoll feste Grundsätze zu Grunde lagen, welche sich 
stets weiter entwickelten, feste Normalien aber für die Bear 
beitung der Entwürfe und Voranschläge, sowie für die Aus 
führung der Arbeiten erst beim Bau der Westbahn den 5. Juli 
1851 unter dem Vorsitze des Oberbauraths v. Etzel durch 
Baurath Cloß, die Bauinspektoren Beckh, Schlierholz und 
Presse! berathen uud zusammengestellt wurden, wie sie 
auch später den Entwürfen für die Schweizerische Central-, 
sowie die Kais. österr. Franz-Joseph-Orientbahn zu Grunde 
gelegt, in Württemberg aber je nach dem Fortschritt des Eisen 
bahnwesens weiter vervollständigt wurden und wohl — be 
stehend aus den Dicnstweisungen für Bauinspektoren und Bau-
	        
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