Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1877)

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Beschluß gefaßt wird, daß der Beitritt des letzteren Vereins 
von der Betheiligung sämmtlicher Mitglieder abhängig gemacht 
werden müsse. 
Von Carl Schließmann in Castel-Mainz, Garteneta 
blissement und Spalierfabrik, ist ein Preisverzeichniß mit Zeich 
nungen über Einfriedigungen, Gartenhäuschen und dergl. ein 
gelaufen, welches zur Cirkulation unter den Mitgliedern be 
stimmt wird. 
Es wird sodann zur Besprechung über die vom Bundes 
rath des deutschen Reichs beschlossene einheitliche Bezeichnung 
der metrischen Maße und Gewichte, welche in wesentlichen 
Punkten von der vom Verbände deutscher Architekten- und 
Ingenieur-Vereine längst eingeführten und in die Praxis voll 
ständig übergegangenen Bezeichnungen erheblich abweicht, über 
gegangen. Der Vorsitzende hat, Herrn Oberbaurath von 
Tritschler, welcher als württembergischer Delegirter der 
Verhandlungen der zur Berathung über diese Frage in Berlin 
zusammengetretenen Kommission angewohnt hat, eingeladen, 
dem Verein Mittheilungen über den Gang und die Resultate 
der betreffenden Berathungen Mittheilung zu machen. Da 
Herr v. Tritschler durch Unwohlsein verhindert wurde, so 
hat Herr Regierungsrath Kiefer, welcher ebenfalls als 
württembergischer Delegirter an den Verhandlungen Theil 
genommen hat, die Güte dem Verein die gewünschten Mit 
theilungen in ausführlicher Weise zu machen und woraus her 
vorging, daß die Delegation aus Technikern, Mitgliedern der 
Reichseichs-Commission, aus Gelehrten und Schulmännern be 
standen und daß das Bestreben wesentlich dahin gerichtet war 
unter Anwendung des kleinen lateinischen Alphabets ein mög 
lichst logisch geordnetes System mit möglichst kurzen Bezeich 
nungen und anschließend an die anderen Länder zu verfolgen, 
was zu erzielen gegenüber so verschiedenen Interessen nicht 
leicht war. Hieran knüpfte sich eine längere Diskussion. 
Herr Professor Baumgärtner spricht sein Bedauern 
aus, daß der Beschluß der Delegirten der Reichskommission 
nicht vor der endgültigen Publizirung durch den Bundesrath 
dem Verbände deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine 
zur Kenntniß gegeben und etwaige weitere Wünsche entgegen 
genommen worden seien, wie solches nach einem Beschlusse der 
Abgeordnetenversammlung des Verbands zu Coburg am 27. 
August d. I. erbeten worden sei, und daß die Reichskommission 
bei ihren Beschlüssen die seit Einführung der Metermaße 
bei den deutschen Technikern üblichen und in die Praxis ein 
gelebten Bezeichnungen in wesentlichen Punkten nicht berück 
sichtigt habe, wie z. B. beim Flächenmaß vorzugsweise auf 
den Wunsch von Schulmännern statt des seither allgemein 
üblichen Zeichens Hü der Buchstaben q eingeführt worden sei rc. 
Die Herren Oberbaurath v. Egle und Professor Baum 
gärtner beantragen, daß die vorstehende Ausführung des 
Letzteren als Ausdruck der Ansicht des Vereins in das Protokoll 
niedergelegt werde, was nach erfolgter Abstimmung durch Auf 
stehen und Sitzenbleiben von der Mehrzahl bestätigt wird. 
Hiemit ist der Gegenstand erledigt und der Vorsitzende 
spricht im Namen sämmtlicher Anwesenden dem Referenten, 
Herrn Negierungsrath Kiefer, für seinen eingehenden Vortrag 
den Dank des Vereins aus und gibt zugleich der Ueberzeugung 
Ausdruck, daß von Seite des Referenten Nichts persäumt 
worden sei um das möglichst Richtige für die fraglichen Be 
zeichnungen zu erzielen, daß es aber auch schwer sei, den ver 
schiedenen Anschauungen in dieser Beziehung gerecht zu werden; 
man müsse sich eben jetzt in die neuen Vorschriften wieder 
einleben, wie dieß mit so manchem Neuen schon geschehen sei. 
Herr Stadtbaurath Wolfs zeigt sodann zwei Projekte 
für monumental behandelte Brunnen vor. 
1) Den Dannecker'schen Brunnen in der Neckarstraße. 
Durch Neuanlage der Trottoirs in der Neckarstraße mußte 
der vor dem ehemals Graf Wilhelm'schen Palais aufgestellte 
mit der von Dannecker modellirten, von Professor Wagner 
ausgeführten Figur versehene Brunnen aus Verkehrsrücksichten 
entfernt werden. Es wurde von den städtischen Kollegien 
beschlossen, denselben an einem anderen passenden Platze wie 
der aufzurichten. Bei der Wegnahme des Brunnens hat es 
sich aber gezeigt, daß sowohl der steinerne Unterbau der Figur 
als auch die eisernen Brunnentröge sehr schadhaft und für eine 
Wiederverwendung durchaus nicht mehr zu gebrauchen waren. 
In Anbetracht dieses Umstandes und mit Rücksicht darauf, daß 
der ganze Unterbau sammt Trögen in einer Form ausgeführt 
waren, die als unschön und mit der künstlerisch hoch zu 
schätzenden Figur nicht in Harmonie stehend bezeichnet werden 
mußte, wurde die Ausführung eines ganz neuen Brunnens 
genehmigt und der Vorzeigende mit der Anfertigung von 
Plänen beauftragt. 
Diese Pläne sind wie sie ausgestellt für die Ausführung 
mit kräftigem Unterbau im Renässancestyl und mit 4 Brunnen 
schalen angenommen und soll als nahezu fertig auf dem 
Rondell am Neckarthor aufgestellt werden. 
2) Der zweite Plan zeigt einen Brunnen, der auf dem 
Platze, welcher sich bei der Einmündung der Silberburg- in 
die Böblingerstraße bildet, aufgestellt werden soll. Die Grund 
form des Brunnens bildet mit Rücksicht auf die Dreieckform 
des Platzes ebenfalls ein Dreieck. Derselbe ist, entsprechend 
der neuen katholischen Kirche, in deren unmittelbaren Nähe er 
zu stehen kommt, im frühgothischem Styl ausgeführt gedacht, 
und soll für Nutz- und Trinkwasser eingerichtet werden. 
Die Kosten für dessen Erstellung berechnen sich auf ca. 
6000 Mark. 
Der Vorsitzende dankt für die Mittheilung dieser interes 
santen Pläne, welche um so mehr anzuerkennen ist, als in der 
letzten Zeit von Seite der Architekten im Vereine verhältniß- 
mäßig wenige Projekte vorgezeigt worden sind. 
Hierauf Schluß der Versammlung 10'/- Uhr. 
Der Schriftführer: 
Knoll.
	        
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