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Lösung gespannt ist, wie der Uebergang des Broglie in
den Kaiserplatz bewerkstelligt werden kann.
In dem Entwürfe des Orth ist die Achse des Broglie
in gerader Linie auf den Kaiserplatz hinausgeführt. Da
durch bekommt aber dieser Platz eine schiefe Stellung gegen
die Straßeurichtungen, welche parallel mit der Universitäts
achse laufen und es gehört eine große Gewandtheit dazu,
die vielen schiefen Richtungen, welche bei den Straßenzügen
hier in Berücksichtigung kommen, in harmonischer Weise zu
einem befriedigenden Ganzen aufzulösen; dennoch bleibt
der Platz ein Trapez und manche der Häuserinseln erhalten
polygonale Formen.
In dem von Universitätsbaumeister Eggert entwor
fenen Stadtplan, sowie in demjenigen von Stadtbaumeister
Kreyßig aus Mainz ist ebenfalls die Broglie-Mittellinie
auch für den Kaiserplatz beibehalten, es ergaben sich aber
auch hier mehrfältige Verwicklungen und treffen die Haupt
straßen den Kaiserplatz in der Richtung der Diagonalen,
wodurch mehrfach ungünstige Endpunkte langer Straßen
perspektive entstehen.
Auf einen einfacheren Standpunkt stellt sich der Stadt
baumeister Conrath von Straßburg; er betrachtet den
Broglie als ein in sich abgeschlossenes Ganze, weil das
Theater den Ausblick auf denselben hindert, und legt dem
Kaiserplatze als Mittellinie die Gerade zu Grupde, welche
von dem neuen Schiltigheimer Thore nach dem Thurme des
Münsters gezogen ist. Diese Richtung bildet einen rechten
Winkel mit der Universitätsachse und zufällig auch mit der
jenigen Strecke des Jllkanals, welche hinter dem Theater
vorbeifließt.
Die große Regelmäßigkeit, welche sich durch diese ein
fachen rechtwinkligen Straßenkreuzungen in den den Platz
umgebenden Häuserinseln ergibt, die stattlichen Schlußpunkte
der Straße, an deren einem Ende der Universitätsbau, am
andern der Regierungspalast, welcher die Westseite des
Kaiserplatzes einnimmt und halbwegs die Jnselspitze am
Zusammenfluß der überbrückten Aar und Jll berührt, ver
schafften nebst noch anderen Vorzügen dieser Disposition die
Mehrheit in der Kommission. Doch wurden Zweifel laut,
ob sich die Frage des Uebergangs über den Jllkanat bei
dein Kaiserplatze werde in schöner Weise lösen lassen.
Dies veranlaßte den Vortragenden, sich mit der Sache
eingehender zu beschäftigen und er fertigte zwei große Kohlen
zeichnungen, perspektivische Bilder, das eine giebt die Aus
sicht vom Kaiserplatz auf die Altstadt, das andere den Aus
blick von der Stadt über den Kaiserplatz, welche seine Idee
verdeutlichen sollten.
Gegenüber von dem Theater, das den Schluß des
Broglie bildet, liegt unweit davon das Palais, in welchem
der deutsche Kaiser sein Absteigguartier nimmt; in annähernd
gleichem Abstande von beiden geht die obenerwähnte Linie
durch, welche vom Schiltigheimer Thor nach dem Münster
thurm gezogen ist; beide Gebäude, vom neuen Platze aus
gesehen, halten sich annähernd das Gleichgewicht, mitten
zwischen sich die fernragende Pyramide des Münsters fassend.
Obwohl in dem Conrath'schen Plane der Kanal auf
der betreffenden Strecke als ganz überwölbt angenommen
ist, wurde in den vorliegenden Zeichnungen doch hievon
Umgang genommen und der Kangl als offenes Gerinne ge
lassen.
Zu der vorhandenen schiefen Brücke über denselben
wurde eine zweite in convergirender Richtung symmetrisch
gefügt. Zwischen beiden Brücken an dem Kanalufer der
Platzseite war die Stützmauer als zurückgerückt angenommen
und auf dem Mauerrand ein großer Springbrunnen mit
drei übereinanderstehenden Schalen aufgestellt. Das aus
der Mitte der oberen in die Höhe schießende Wasser fällt
vom ganzen Umfang derselben in die mittlere, deren Fuß
mit Knabengruppen und speienden Delphinen verziert ist.
Aus der mittleren Schale strömt das Wasser am gewölbten
Rande derselben aus Löwenköpfen in die untere, wenig über
das Niveau des Platzes erhöhte, und diese ragt mit ihrem
halben Umfange über die Stützmauer hinaus, unter ihrer
Wölbung von einer Reihe Säulen unterstützt. Der Abfluß
in das untere Bassin, das in der Höhe des Leinpfads liegt,
erfolgt über die ganze Höhe der Stützmauer herab als
Wasserfall.
Da der Leinpfad dieses Bassin nicht berührt, sondern
in einigeni Abstand daran vorbeiführt, wird die Schiffahrt
nicht dadurch behindert.
Zu beiden Seiten des Springbrunnens sind breite Po
stamente, auf welchen von Knaben gebändigte Chimären
starke Wasserstrahlen in das Becken schicken, gleichwie die
Delphine am Fuß des Brunnens in entgegengesetzter Rich
tung von innen nach außen ihr Wasser speien.
Ein monumentaler Brunnen wird jedenfalls den Kaiser
platz zieren und es schien das Ende desselben die geeignetste
Stelle dafür, da die reiche Gruppe hier auch in die Setz
linie der von beiden Seiten darauf zuführenden Quais
fällt und somit bei verhältnißmäßig nicht hohem Aufwand
ein Anblick von großer Mannigfaltigkeit geschaffen werden
kann. Der Mittelpunkt des Kaiserplatzes wird für ein Mo
nument von höherer Bedeutung dann frei gehalten sein.
Es folgt dann nach eingehender Besichtigung der meisterlich
gezeichneten großen Darstellungen ein Vortrag des Herrn Stadt
baurath Kaiser über die Anlage der erhöhten Trot
toirs in der Stadt Stuttgart, wie er in Beilage 1 mit
zugehöriger Zeichnungsbeilage gegeben ist.
Nachdem der Vorsitzende auch den Herren v. Leins und
Kaiser den Dank des Vereins für ihre interessanten Mit
theilungen ausgesprochen hat, wird die Sitzung geschlossen.
Schriftführer:
Kno ll.
Werzeßrle ordentliche Wersammknng am 23. Nov. 1878.
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz.
Schriftführer: Bauinspektor v. Seeger.
Anwesend: 36 Mitglieder, 2 Gäste.
Der Vorsitzende stellt die beiden Gäste, die Herren
Redtenbacher aus Carlsruhe,
Architekt Sünemann aus Frankfurt,
sowie als neu eingetretene Mitglieder die Herren
Baumeister Ne uff er und Rast
der Gesellschaft vor.
Zur Aufnahme in den Verein sind vorgeschlagen durch
Herrn Prof. vr. Weyrauch
Herr Professor Bach von hier,
durch Herrn Oberbaurath v. Morlok
Herr Baumeister Tafel,
durch Herrn Baurath Leibbrand
Herr Ingenieur Joos.
Die genannten Herren lverden einstimmig als ortsan
wesende Mitglieder aufgenommen.
Herr Negierungsrath Kiefer zeigt seinen Austritt aus
dem Verein für den 1. Januar 1879 an.
An Einläufen werden der Versammlung vorgelegt:
1) als Geschenk der Jahresbericht der Lese- und Redehalle
der technischen Hochschule Wien;
2) ein Einladungsschreiben des Comite's für die Ausstel
lung von architektonischen Reiseskizzen und Aufnahnien,
welche in Berlin vom 15. April bis 1. Juni nächsten
Jahres statthaben wird. Der Vereinsvorstaud wird, so
bald die verlangten Programme und Anmeldebogen an
gekommen sein werden, solche an diejenigen', welche sich
für diese Ausstellung interessiren, vertheilen;
3) ein Schreiben des Verbandvorstands des deutschen Archi
tekten- und Ingenieur-Vereins in Köln, betreffend die
Beschickung der unter dem Vorsitz des Prof. Reulaux
in Berlin tagenden permanenten Kommission des Kon
gresses für Jndustrieschutz Seitens des Verbands, wozu
Herr Kommerzienrath Eugen Langer in Köln vorge
schlagen ist. Der Verein ist mit dem Vorschlag und