Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1878)

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Lösung gespannt ist, wie der Uebergang des Broglie in 
den Kaiserplatz bewerkstelligt werden kann. 
In dem Entwürfe des Orth ist die Achse des Broglie 
in gerader Linie auf den Kaiserplatz hinausgeführt. Da 
durch bekommt aber dieser Platz eine schiefe Stellung gegen 
die Straßeurichtungen, welche parallel mit der Universitäts 
achse laufen und es gehört eine große Gewandtheit dazu, 
die vielen schiefen Richtungen, welche bei den Straßenzügen 
hier in Berücksichtigung kommen, in harmonischer Weise zu 
einem befriedigenden Ganzen aufzulösen; dennoch bleibt 
der Platz ein Trapez und manche der Häuserinseln erhalten 
polygonale Formen. 
In dem von Universitätsbaumeister Eggert entwor 
fenen Stadtplan, sowie in demjenigen von Stadtbaumeister 
Kreyßig aus Mainz ist ebenfalls die Broglie-Mittellinie 
auch für den Kaiserplatz beibehalten, es ergaben sich aber 
auch hier mehrfältige Verwicklungen und treffen die Haupt 
straßen den Kaiserplatz in der Richtung der Diagonalen, 
wodurch mehrfach ungünstige Endpunkte langer Straßen 
perspektive entstehen. 
Auf einen einfacheren Standpunkt stellt sich der Stadt 
baumeister Conrath von Straßburg; er betrachtet den 
Broglie als ein in sich abgeschlossenes Ganze, weil das 
Theater den Ausblick auf denselben hindert, und legt dem 
Kaiserplatze als Mittellinie die Gerade zu Grupde, welche 
von dem neuen Schiltigheimer Thore nach dem Thurme des 
Münsters gezogen ist. Diese Richtung bildet einen rechten 
Winkel mit der Universitätsachse und zufällig auch mit der 
jenigen Strecke des Jllkanals, welche hinter dem Theater 
vorbeifließt. 
Die große Regelmäßigkeit, welche sich durch diese ein 
fachen rechtwinkligen Straßenkreuzungen in den den Platz 
umgebenden Häuserinseln ergibt, die stattlichen Schlußpunkte 
der Straße, an deren einem Ende der Universitätsbau, am 
andern der Regierungspalast, welcher die Westseite des 
Kaiserplatzes einnimmt und halbwegs die Jnselspitze am 
Zusammenfluß der überbrückten Aar und Jll berührt, ver 
schafften nebst noch anderen Vorzügen dieser Disposition die 
Mehrheit in der Kommission. Doch wurden Zweifel laut, 
ob sich die Frage des Uebergangs über den Jllkanat bei 
dein Kaiserplatze werde in schöner Weise lösen lassen. 
Dies veranlaßte den Vortragenden, sich mit der Sache 
eingehender zu beschäftigen und er fertigte zwei große Kohlen 
zeichnungen, perspektivische Bilder, das eine giebt die Aus 
sicht vom Kaiserplatz auf die Altstadt, das andere den Aus 
blick von der Stadt über den Kaiserplatz, welche seine Idee 
verdeutlichen sollten. 
Gegenüber von dem Theater, das den Schluß des 
Broglie bildet, liegt unweit davon das Palais, in welchem 
der deutsche Kaiser sein Absteigguartier nimmt; in annähernd 
gleichem Abstande von beiden geht die obenerwähnte Linie 
durch, welche vom Schiltigheimer Thor nach dem Münster 
thurm gezogen ist; beide Gebäude, vom neuen Platze aus 
gesehen, halten sich annähernd das Gleichgewicht, mitten 
zwischen sich die fernragende Pyramide des Münsters fassend. 
Obwohl in dem Conrath'schen Plane der Kanal auf 
der betreffenden Strecke als ganz überwölbt angenommen 
ist, wurde in den vorliegenden Zeichnungen doch hievon 
Umgang genommen und der Kangl als offenes Gerinne ge 
lassen. 
Zu der vorhandenen schiefen Brücke über denselben 
wurde eine zweite in convergirender Richtung symmetrisch 
gefügt. Zwischen beiden Brücken an dem Kanalufer der 
Platzseite war die Stützmauer als zurückgerückt angenommen 
und auf dem Mauerrand ein großer Springbrunnen mit 
drei übereinanderstehenden Schalen aufgestellt. Das aus 
der Mitte der oberen in die Höhe schießende Wasser fällt 
vom ganzen Umfang derselben in die mittlere, deren Fuß 
mit Knabengruppen und speienden Delphinen verziert ist. 
Aus der mittleren Schale strömt das Wasser am gewölbten 
Rande derselben aus Löwenköpfen in die untere, wenig über 
das Niveau des Platzes erhöhte, und diese ragt mit ihrem 
halben Umfange über die Stützmauer hinaus, unter ihrer 
Wölbung von einer Reihe Säulen unterstützt. Der Abfluß 
in das untere Bassin, das in der Höhe des Leinpfads liegt, 
erfolgt über die ganze Höhe der Stützmauer herab als 
Wasserfall. 
Da der Leinpfad dieses Bassin nicht berührt, sondern 
in einigeni Abstand daran vorbeiführt, wird die Schiffahrt 
nicht dadurch behindert. 
Zu beiden Seiten des Springbrunnens sind breite Po 
stamente, auf welchen von Knaben gebändigte Chimären 
starke Wasserstrahlen in das Becken schicken, gleichwie die 
Delphine am Fuß des Brunnens in entgegengesetzter Rich 
tung von innen nach außen ihr Wasser speien. 
Ein monumentaler Brunnen wird jedenfalls den Kaiser 
platz zieren und es schien das Ende desselben die geeignetste 
Stelle dafür, da die reiche Gruppe hier auch in die Setz 
linie der von beiden Seiten darauf zuführenden Quais 
fällt und somit bei verhältnißmäßig nicht hohem Aufwand 
ein Anblick von großer Mannigfaltigkeit geschaffen werden 
kann. Der Mittelpunkt des Kaiserplatzes wird für ein Mo 
nument von höherer Bedeutung dann frei gehalten sein. 
Es folgt dann nach eingehender Besichtigung der meisterlich 
gezeichneten großen Darstellungen ein Vortrag des Herrn Stadt 
baurath Kaiser über die Anlage der erhöhten Trot 
toirs in der Stadt Stuttgart, wie er in Beilage 1 mit 
zugehöriger Zeichnungsbeilage gegeben ist. 
Nachdem der Vorsitzende auch den Herren v. Leins und 
Kaiser den Dank des Vereins für ihre interessanten Mit 
theilungen ausgesprochen hat, wird die Sitzung geschlossen. 
Schriftführer: 
Kno ll. 
Werzeßrle ordentliche Wersammknng am 23. Nov. 1878. 
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlierholz. 
Schriftführer: Bauinspektor v. Seeger. 
Anwesend: 36 Mitglieder, 2 Gäste. 
Der Vorsitzende stellt die beiden Gäste, die Herren 
Redtenbacher aus Carlsruhe, 
Architekt Sünemann aus Frankfurt, 
sowie als neu eingetretene Mitglieder die Herren 
Baumeister Ne uff er und Rast 
der Gesellschaft vor. 
Zur Aufnahme in den Verein sind vorgeschlagen durch 
Herrn Prof. vr. Weyrauch 
Herr Professor Bach von hier, 
durch Herrn Oberbaurath v. Morlok 
Herr Baumeister Tafel, 
durch Herrn Baurath Leibbrand 
Herr Ingenieur Joos. 
Die genannten Herren lverden einstimmig als ortsan 
wesende Mitglieder aufgenommen. 
Herr Negierungsrath Kiefer zeigt seinen Austritt aus 
dem Verein für den 1. Januar 1879 an. 
An Einläufen werden der Versammlung vorgelegt: 
1) als Geschenk der Jahresbericht der Lese- und Redehalle 
der technischen Hochschule Wien; 
2) ein Einladungsschreiben des Comite's für die Ausstel 
lung von architektonischen Reiseskizzen und Aufnahnien, 
welche in Berlin vom 15. April bis 1. Juni nächsten 
Jahres statthaben wird. Der Vereinsvorstaud wird, so 
bald die verlangten Programme und Anmeldebogen an 
gekommen sein werden, solche an diejenigen', welche sich 
für diese Ausstellung interessiren, vertheilen; 
3) ein Schreiben des Verbandvorstands des deutschen Archi 
tekten- und Ingenieur-Vereins in Köln, betreffend die 
Beschickung der unter dem Vorsitz des Prof. Reulaux 
in Berlin tagenden permanenten Kommission des Kon 
gresses für Jndustrieschutz Seitens des Verbands, wozu 
Herr Kommerzienrath Eugen Langer in Köln vorge 
schlagen ist. Der Verein ist mit dem Vorschlag und
	        

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