Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1879)

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Oberbaurath v. Schlierholz dankte für die ihm gewor 
dene Anerkennung und wies angesichts der gegenwärtigen, na 
mentlich auch für die Techniker ernsten Zeitlage auf die Noth 
wendigkeit unausgesetzten engen Zusammengehens der Vereins 
mitglieder hin, ohne welches ein kräftiges Vorwärtsschreiten sich 
nicht denken lasse. 
In den Toast auf die Damen theilten sich Bauinspektor 
Rheinhard und Baumeister Lang. 
So verflossen rasch die wenigen Stunden, welche noch bis 
zum Abgänge des Zuges vergönnt waren, und sichtlich befriedigt 
begab sich die ganze Gesellschaft auf die Heimfahrt, während 
welcher erst der Himmel eine finstere Geberde zeigte. Bei der 
Ankunft in Stuttgart war jedoch auch er wieder guter Laune. 
Laistner. 
Kkste, außerordentliche Wersammkung vom 27. Juni 1879. 
Vorsitzender: Oberbaurath v. Schlier holz. 
Schriftführer: Baumeister Laistner. 
Anwesend: 29 Mitglieder. 
Der Vorsitzende theilt mit, daß der neuerdings bei den 
Ständen eingebrachte Nachtragsentwurf zum Finanzgesetz pro 
1879/81 Veranlassung zu Einberufung der heutigen außerordent 
lichen Versammlung gegeben habe. 
Der erwähnte Entwurf exigire nämlich anläßlich der Justiz 
organisation für die oberen Besoldungsklassen der Bezirksbeamten 
verschiedener Kategorien eine Gehaltserhöhung, ohne die Bau 
inspektoren zu berücksichtigen und haben sich diese deshalb mit 
Petitionen theils an Se. Majestät den König, theils an ihre 
vorgesetzten Ministerien gewendet und außerdem den Verein um 
seine Unterstützung in der Sache gebeten. 
Redner weist darauf hin, daß die Bauinspektoren bis zum 
Jahre 1855 in der 9. Klasse der Rangordnung, also hinter 
anderen Bezirksbeamten wesentlich zurückgestanden seien, daß sie 
späterhin, allerdings erst im Jahre 1873, denselben in Rang 
und Gehalt gleichgestellt wurden, sich aber durch das Gesetz vom 
1. Juli 1876 in Beziehung auf Nichteinrechnung der Wohnung 
(deren Genuß sie überhaupt nicht oder zum Theil nur in ge 
ringem Maß besitzen) in dem pensionsberechtigten Gehalt wiederum 
benachtheiligt sehen, und erkennt das Vorgehen der Bauinspektoren 
als ein vollständig berechtigtes an. 
Prof. Laißle erwähnt, daß die Professoren des Poly 
technikums eigentlich noch schlechter gestellt sind, als die Bau 
inspektoren. 
Es gelangen nunmehr die Eingaben der Bezirks-Bauinspek 
toren und der Eisenbahn-Betriebs-Bauinspektoren zur Verlesung und 
knüpft sich hieran eine längere Debatte, in der namentlich die 
Frage erörtert wird, ob für das Vorrücken aller, oder blos der 
geprüften Bauinspektoren eingetreten werden soll. Die erstere 
Ansicht dringt bei der Versammlung durch. 
Der Vorsitzende legt hierauf einen Entwurf zu einer vom 
Vereine an die betr. Ministerien zu richtenden Eingabe, welcher 
von einem Konnte, bestehend aus den Herren Baumgärtner, 
Bok l., Knoll, Leibbrand und v. Schlierholz, vorbereitet 
wurde, vor, welcher in folgender Fassung die Zustimmung der 
Versammlung erhält: 
Stuttgart, den 28. Juni 1879. 
Bitte 
des Württemb. Vereins für Bau 
kunde um volle Gleichstellung der 
Bauinspektoren mit den übrigen 
Bezirksbeamten in Beziehung auf 
Gehalt n. Wohnungsverhältnisse. 
K. Staatsministerium der auswärtigen Angelegenheiten, 
Abtheilung für die Verkehrsanstalten. 
(Ebenso: der Finanzen und des Innern.) 
Der Entwurf eines Gesetzes, betr. einen Nachtrag zum 
Finanzgesetze für die Finanzperiode 1879/81 hat gelegentlich der 
Feststellung der Besoldungsklassen für die Amtsrichter, und zwar 
für 29 der 1. Klasse mit 4000 M., auch die Besoldungen 
1. Klasse für die Oberamtleute, Kameralverwalter, Forstmeister, 
Obersteuerinspektoren, sowie für die Bahnhofsinspektoren und 
2 Betriebsinspektoren in gleicher Weise bedacht und dies mit 
§. 1 des fünften Edikts vom 31. Dezember 1818, der K. Ver 
ordnung vom 28. Juni 1824 bezüglich der Kameralverwalter, 
und mit dem Gesetze vom 1. Juli 1876 bezüglich des Wohnungs 
genusses in Betreff der Bahnhofinspektoren motivirt, wonach 
diese Beanite als gleichberechtigt mit den ersten Amtsrichtern, 
auch nach Geschäftslast, Vielseitigkeit der Geschäfte und Ver 
antwortlichkeit, sowie hinsichtlich ihrer sozialen Stellung im Be 
zirke bezeichnet werden. 
Es sind nun hiernach die Bauinspektoren für den Straßen 
bau, den Eisenbahn-Bau und -Betrieb und für das Hochbauwesen,, 
welche durch höchste Entschließung Sr. Majestät des Königs vom 
5. Mai 1873 von der 8. in die 7. Rangstufe gnädigst vor 
gerückt wurden und nach dem Finanzetat, bei welchem die Be 
soldungsverhältnisse geregelt wurden, und ausgesprochen wurde, 
dieselben den übrigen Bezirksbeamten gleich zu stellen, in be 
sagtem Nachtragsgesetz übergangen. 
Dies dürfte doch wohl mit der damals ausgesprochenen und von 
den Ständen gebilligten Absicht der K. Regierung nicht im Ein 
klänge stehen, (vid. Erläuterungen zum Personaletat pro1871/73.) 
Die Bauinspektoren haben sich somit veranlaßt gefunden, 
in einer Eingabe, theils an Se. Majestät den König, theils an 
ihre vorgesetzten hohen Ministerien die Bitte auszusprechen, ihnen 
in finanzieller Beziehung die vollständige Gleichstellung in Ge 
halts- und Wohnungsverhältnissen mit den übrigen Bezirks 
beamten allergnädigst bewilligen zu wollen. Ebenso haben sie 
den unterzeichneten Württemb. Verein für Baukunde gebeten,, 
diese ihre Bitte zu unterstützen. 
Letzterem zu entsprechen erachten wir für unsere Pflicht und 
erlauben uns daher Folgendes ergebenst vorzutragen: 
Bis zum Jahre 1873 standen die Bauinspektoren gegenüber 
den übrigen Bezirksbeamten wesentlich zurück. Sie rückten erst 
im Jahre 1855 aus der 9. Rangklasse in die 8. vor, und erst 
nach langjährigem Bitten wurde man den wohlbegründeten Be 
schwerden dieser Beamten im Jahre 1873 dadurch in der Haupt 
sache gerecht, daß sie in Rang und Gehalt den übrigen Bezirks« 
beamten gleich gestellt wurden; bezüglich eines Punktes aber 
stehen die meisten derselben hinter letzteren noch zurück: indem sie 
nur zum kleinsten Theil (beim Eisenbahn-Bau und -Betrieb) den 
Genuß einer Dienstwohnung oder einer, aber allerdings ungenügen 
den, Entschädigung für eine solche erhalten. 
Dieser Uebelstand wurde um so empfindlicher, als durch das 
Gesetz vom 1. Juli 1876 bei den übrigen Bezirksbeamten, zu 
welchen auch die Bahnhofinspektoren gerechnet wurden, ausge 
sprochen wurde, daß der Werth der Dienstwohnung dem pensions- 
herechtigten Gehalte zugerechnet werde. 
Wir sind der Ansicht, daß es wohl begründet wäre, die 
Bauinspektoren auch in diesem Punkte den übrigen Beamten voll 
ständig gleich zu stellen, da etwa die Annahme, daß die ersteren 
in der Lage seien, sich durch Privatarbeiten ein erhebliches Neben 
einkommen zu verschaffen, nicht mehr zutrifft, insbesondere seit 
eine große Zahl von Technikern jeder Kategorie in unserem Lande 
vorhanden sind, auch die Besorgung von Nebengeschäften den 
meisten Beamten durch Ausführungen zu dem Beamtengesetze in 
hohem Grade erschwert oder fast unmöglich gemacht worden ist, 
und seit dieselben durch die täglich steigenden Forderungen des 
ordentlichen Dienstes überhaupt derart in Anspruch genommen 
sind, daß sie Zeit zu Nebengeschäften nicht mehr finden können. 
Sind die Bauinspektoren schon durch das Gesetz vom 1. Juli 
1876 hart betroffen und bezüglich ihres pensionsberechtigten Ein 
kommens gegenüber den Beamten gleicher Kategorie in Nachtheil 
gekommen, so würden sie durch den Entwurf des Gesetzes, betr. 
einen Nachtrag zum Etat 1879/81, welcher sich zum Theil, wie 
bei den Bahnhofinspektoren, nur auf dieses Gesetz stützt, wieder 
holt und noch empfindlicher geschädigt werden, als durch jenes 
erstgenannte Gesetz. Hierdurch würde, die Absicht, die Bau 
inspektoren den übrigen Bezirksbeamten im Gehalte gleich zu 
stellen, wie dieselbe im Jahre 1873 ausgesprochen wurde, wieder 
aufgehoben.
	        
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