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Essens verkündete der Alterspräsident Baurath Kaiser das Er
gebniß der Wahlen, worauf Herr Oberbaurath v. Hänel die
Versammlung zu einem Hoch auf den alten und den neuen Aus
schuß aufforderte, das kräftigen Wiederhall fand.
Oberbaurath v. E g l e toastirte auf den unermüdlichen
Vereinsvorstand Oberbaurath v. Schlier holz, der auch in
diesem Jahr zum Gedeihen des Vereins so viel gethan, worauf
der Gefeierte in warmen Worten dankte und die Mitglieder zu
festem Zusammenhalten iin ernsten Arbeiten wie in der heiteren
Geselligkeit aufforderte.
Ter leider durch längere Krankheit am Erscheinen verhinderte
Professor Baumgärtner hatte einen Festgruß eingesandt, den
Baumeister Dobel unter lebhaftem Beifall vortrug und der
mit einem Hoch auf die Damen des Vereins endigte.
Oberbaurath v. Bok gab den Gefühlen des Dankes Aus
druck, den der Verein unserem Vizevorstand, Oberbaurath
v. Egle, für sein warmes Interesse an den Vereinsangelegen
heiten und seine thätige Förderung derselben schuldet, und
Oberbaurath vr. v. Leins toastirte auf unsere musikalischen
Kräfte, die Herren Baumeister Laistner, Tafel und Eisen
lohr im Verein mit den 3 Gästen Herrn Ingenieur Fischer,
stuck. arch. Frensdorfs und stuck. mach. Berg, welche die
Versammlung durch eine Reihe von künstlerischen Streichquartett-
und Claviervortrügen, über die nur eine Stimme der freudigen
Anerkennung herrschte, unterhielten.
Baumeister Dobel aber, dessen humoristisches Talent dem
Verein schon so manche frohe Stunde bereitet hat, trug erst
das reizende Ständchen von Schubert vor und trat später als
Professor Eh'. Spannriegel mit einem Reisebericht vor die Ver
sammlung, der stürmischen Beifall hervorrief, besonders als er
mit einem Normalentmurf für die Statuten eines Bauvereins
die schwachen Seiten unseres Vereinslebens in der liebenswürdigsten
Weise persiflirte.
Den Höhepunkt erreichte aber die Festesfreude, als plötz
lich aus einem Nebenzimmer einige jüngere Vereinsmitglieder
hervortraten und ini Nu alle Anwesenden mit Gesichtsmasken und
komischen Kopfbedeckungen versehen hatten und nun eine heitere
Polonaise durch die oberen Räume des Museunis unter lustiger
Vokal- und Streichmusikbegleitung stattfand.
In eifriger Beherzigung der Aufforderung unseres Vorstandes,
die Versammlungen des Vereins nicht gleich nach Schluß des
offiziellen Theils zu verlassen, hielten viele Mitglieder bis zum
frühen Morgen aus und hatten die Genugthuung, bei der am
andern Morgen bei Michoud stattfindenden Frühmesse von dem
auch für die Kasse des Vereins besorgten Vorstande den sonst so
ungewohnten, aber nicht so schlinnn gemeinten Vorwurf zu hören,
daß sie das GaS zu lange haben brennen lassen. Jedem Theil-
nehmer werden die schönen Stunden dieser Generalversammlung
in freundlicher Erinnerung bleiben.
Lang.
Werte ordentliche Versammlung am 18. Februar 1881.
Vorsitzender: Oberbaurath v. «Lchlierhol;.
Schriftführer: Baninspektor v. Seeg er.
Anwesend: 31 Mitglieder.
Der Vorsitzende bringt die Namen der bei der jüngsten
Generalversammlung gewühlten Mitglieder des Ausschusses zur
Kenntniß.
Es sind diese:
v. Schlierholz, Vorstand,
v. Egle, Vizevorstand,
v. Bok, Kassier,
K a i s e r, Bibliothekar,
Laißle,
Kn oll, Schriftführer,
v. Seeger, „
Lang/
Weyrauch, stellvertr. Schriftführer.
Er theilt ferner mit, daß Professor Eh'. Weyrauch seinen
Austritt aus dem Redaktionsausschuß der Zeitschrift für Baukunde
erklärt habe unter ausdrücklicher Betonung, wie wünschenswerth
es sei, daß die Architektur-Schule Württembergs in diesem Aus
schüsse eine Vertretung finde. Es habe sich auch Hr. Professor
Reinhardt schon zur Uebernahme fragl. Stelle bereit erklärt.
Die Versammlung nimmt diese willkommene Mittheilung zu
stimmend entgegen, ebenso diejenige, daß Hr. Professor Göller
an Stelle des Hr. Professor Tiersch in München als Referent
über Ausführungen und Projekte von öffentlichen und Privat-
Gebäuden für obige Zeitschrift einzutreten geneigt sei.
Der Verband der Architekten- u. Ingenieur-Vereine richtet in
Betreff des Arbeiter-Versicherungs-Gesetzes die Anfrage an den
Verein, ob er bezügliche Erhebungen zu macheu habe, resp. ob
Modifikationen in dieser Hinsicht erwünscht seien.
Das zur eingehenderen Erwägung dieser Frage gewählte
Comite besteht aus den Herren: v. Bok, Leibbrand, Bracher,
Braunwald, Jooß und Kaiser.
Eingelaufen sind folgende Brochüren: Heinsheimer, Ober
landesgerichtsrath: „Ueber die civilrechtliche Verantwortlichkeit
der Architekten und Ingenieure nach französischem und badischem
Recht", und Seitis, „Patentirte Kachelöfen", Berlin; dieselben
werden der Bibliothek einverleibt.
Aufnahmegesuche liegen vor von den Herrn:
Garnisonsbaumeister Schneider in Ulm, als auswärtigem
Mitglied;
als ortsauwesende Mitglieder:
Baumeister Weissert auf dem technischen Bureau der Ab
theilung für Straßen- und Wasserbau iin Ministerium des
Innern;
Baumeister Gaußer hier.
Es erfolgt einstimmige Aufnahnie.
Hierauf erhält Oberbaurath v. Egle das Wort zu einem
freien Vortrag „über romanische Gewölbe", wozu mehr
als 20 Zeichnkingen größten Formats an den Saalwänden
ausgestellt sind. Er weist einleitend auf die große Bedeutung
der Deckenkonstruktion in der monumentalen Architektur hin, und
erinnert daran, daß erstere nicht blos für die Gestaltung ein
zelner Näunie und Bauten bestimmend ist, sondern sogar der
Mehrzahl der historischen Baustile ihr eigenthümliches Gepräge
verliehen habe. Schon allein dieser Umstand würde eine ein
gehende Betrachtung der mittelalterlichen Gewölbe rechtfertigen,
selbst wenn nicht dazu käme, daß dieses Kapitel bisher nirgends
erschöpfend behandelt worden ist, weder in Lehrbüchern über
mittelalterliche Architektur, noch in solchen über Baukonstruktions
kunde, noch in Monographien, in denen die Gewölbedarstellungen
meistens ungenau und oft geradezu fehlerhaft sind. Bei dem
großen Umfang der Aufgabe müsse er sich auf skizzenhafte
Hinweise und auf die Bitte an seine Kollegen beschränken:
sie möchten bei Gelegenheit von Restaurationen alter Gebäude,
wie bei Aufnahme 'von solchen, diesem Gegenstand besondere
Sorgfalt zuwenden und durch Untersuchungen und Messungen
aller Art, zur Aufhellung dieses noch dunklen Gebietes nach
Kräften beitragen. — Hierauf erläuterte er an den ausgestellten
Zeichnungen die Gestaltung der basilikalen nltchristlichen und ro
manischen Kirchen mit Holzdecken, welche so häufig durch Dach-
stuhlbrände beschädigt und zerstört worden sind, daß gegen das
Ende des 11. Jahrhunderts das Verlangen nach einer feuer
sicheren Konstruktion mittelst vollständiger Wölbung eine unwider
stehliche Kraft erlangt hatte, und die Baumeister zu den mannig
fachsten Versuchen und Neuerungen hindrängte, welche von da
an 150 Jahre lang mit einer fast fieberhaften Hast auf einander
gefolgt sind, bis endlich als Schlußresultat das voll entwickelte
gothische Gewölbe und damit der gothische Baustil selbst er-"
reicht war: das glänzende Erzeugniß einer der fruchtbarsten und
interessantest- n Epochen der ganzen Baugeschichte. — Vorher sind
diesseits der Alpen, abgesehen von dem Karlsmünster in Aachen,
nur Altarnischen mit Halbkuppeln, einige kleine Krypten mit
Tonnengewölben und ein paar schmale Seitenschiffe mit Kreuz
gewölben bedeckt worden. Der Vortragende weist mit Hilfe der