Full text: Sitzungs-Protokolle / Verein für Baukunde in Stuttgart (1884)

Beil. 1 zur 11. Versammlung. 
Vortrag 
über 
Kanalbauten im Wourianger Moore, sowie Ausbeutung und Verwertung * 
des Torfes in Morddeutschland, 
gehalten von Reg.-Baumeistcr Klclt am 25. Oktober 1884. 
Die Melioration des Bourtanger Moores, des größten 
in Deutschland, wird demnächst in den Grundzügen beendet 
sein und bietet eine Menge lehrreicher Erfahrungen, auch für 
uns Württemberger, die wir gegen 70 000 Morgen Moorländereien 
haben. Dieses Bourtanger Moor erstreckt sich an der west 
lichen Grenze Hollands aus 65 km Länge und 22 km größter 
Breite beinahe bis zur Nordsee. 
Der Flächeninhalt auf deutschem Gebiete beläuft sich auf 
9 geograph. Hs Meilen (49 500 du); in Holland liegen sogar 
11 □ Meilen Moorflächen. 
In diesem Moor befinden sich übrigens einzelne Sandinseln 
genannte Tangen, auf denen die ältesten Niederlassungen ent 
standen sind. 
Die Oberfläche des Moores ist, wie bei den meisten Hoch 
mooren. konvex und bildete die Landesgrenze vor Inangriff 
nahme der deutschen Kanalbauten die Wasserscheide; die Ent 
wässerung, d. h. Ableitung des Meteorwaffers, war vielfach 
ein Streitobjekt zwischen den Grenzdistrikten und auf unserer 
Seite sehr unvollkommen vor der Inangriffnahme der Kanäle. 
Von den umgebenden Ländereien erhält das Moor keinen 
Wasserzufluß. 
Der sandige Untergrund hat ein ziemlich gleichmäßiges 
Gefälle von Süden nach Norden. 
Das Moor hat in der Gegend der früheren Wasserscheide 
eine Mächtigkeit von 8—9 m, die aber infolge der Vorent 
wässerungsarbeiten um 10—20% zusammengesackt ist. 
Vor dem Bau der Kanäle waren nur wenige Chausseen 
auf deutscher Seite am Rande des Moores vorhanden und 
deshalb manche, der seit Anfang dieses Jahrhunderts gegrün 
deten Moorkolonien in der Regenperiode nicht mit Wagen 
zu erreichen. Die Moorkolonisten, deren Hauptnahrungszweig 
in dem Anbau von Buchweizen besteht, sowie in der Torf 
produktion waren bislang oft bitterer Not ausgesetzt. 
Der Anbau von Buchweizen wird mittelst der Brandkultur 
bewerkstelligt; zu diesem Zwecke wird das Moor oberflächlich 
entwässert, im Spätjahr mit der Hacke bearbeitet; im nächsten 
Frühsommer dann 3 cm tief abgebrannt und in die warme 
Asche der Buchweizen gesäet; der übrigens oft genug mißrät. 
Diese Brandkultur kann nur während 6—8 Jahren aus der 
selben Moorflüche betrieben werden, bis das Moor auf etwa 
0,3 m Tiefe abgebrannt ist, alsdann kann die Fläche erst nach 
20—30 jährigem Brachliegen wieder zur Brandkultur benützt 
werden, giebt dann aber viel geringere Erträge. Diese 
Umstände, dann die vielen Moorbrände, welche oft Häuser und 
große Torfvorräte zerstörten, ferner die großen Nachteile, welche 
der Moorrauch in gesundheitlicher Beziehung mit sich führt, 
haben Veranlassung gegeben, das Moor zu meliorieren. Neben 
bei sei erwähnt, daß der oft bei uns im Sommer eintretende 
Höhenrauch auf das Moorbrenncn zurückzuführen ist. Die 
preußische Regierung ließ unter Leitung des energischen Ministe 
rialdirektors Marcard nach eingehenden Vorarbeiten ein 
größeres Kanalnetz in der Länge- und Querrichtung des Moores 
anlegen, welches in erster Linie das Moor entwässern, sowie 
zweckmäßige Verkehrswege schaffen soll. Ein Kanal Haneckenfähr- 
Nordhorn dient später nach erfolgter Moorentwässerung zur 
Speisung der Kanäle von der Ems aus und zwar auch der 
in Holland Gelegenen. Es sind zusammen 104 km Kanäle 
projektiert und größtenteits vollendet; der Hauptkanal — Süd- 
Nordkanal — geht etwa parallel mit der holländischen Grenze, 
die Querkanäle Haren-Rütenbrock, Haneckenfähr-Nordhorn, 
Picardie-Coevoren sind etwa senkrecht zu dem Südnordkanal 
und Landesgrenze und verbinden diesen Südnordkanal mit dem 
holländischen Kanalnetze und der Ems. 
Der Südnordkanal hat auf 46 km Länge 12 Schleusen 
mit 0,6—2,5 m Gefälle. 
Die Kanäle haben 8,5 m Sohlenbreite, 2füßige untere 
Böschung bis zum Wasserspiegel, der 1,8—2,0 m über Sohle 
liegt. Es folgen 2 Bermen von je 1,0 m Breite, alsdann 1% 
füßige Böschungen; vielfach dient ein Kanaldamm als Chaussee, 
der andere als Leinpfad. 
Die Herstellung der Moor- und Erdarbeiten war wegen 
des Wasserzudranges sehr schwierig und konnte nur durch An 
wendungzahlreicher Centrifugalpumpenund Wasserschnecken, welche 
durch Lokomobilen getrieben wurden, bewerkstelligt werden. 
Die Schleusen, deren Abmessungen nach der Größe der 
holländischen Kanalschiffe resp. Emspünten sich richten, haben 
33,0 m nutzbare Länge 6,5 m lichte Weite und sind die an 
der Einmündung der Kanäle in die Ems gelegenen Schleusen
	        
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