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Von den auswärtigen Mitgliedern Zimmer in Reut
lingen und Leib brand in Sigmaringen sind schriftliche Aen-
derungsvorschlüge eingereicht worden, welche bei den betr. Para
graphen zur Erwähnung kommen.
Die wenigen Abänderungen, welche zu dem vorliegenden
Entwürfe nach teilweise lebhafter Beratung beschlossen werden,
sinv folgende:
In §. 5 wird auf Antrag von Prof. Schlebach hinter
„die Aufnahme erfolgt" hinzugesetzt „durch den Ausschuß".
Zu §. 6 wird auf Antrag von Prof. Göller beschlossen,
die Jahresbeiträge auf bezw. 14, 8 und 4 ,M. festzusetzen (statt
22, 16 und 12 Ji) und die Kosten der Zeitschrift mit 8 <M>.
besonders anzuführen; ferner auf Antrag von Oberbaurat Leib-
brand, hinzuzusetzen: „Der Ausschuß ist berechtigt, einzelnen
Vereinsmitgliedern in außerordentlichen Fällen den Bezug der
Zeitschrift zu erlassen".
Zu §. 16, welcher im Entwurf jährlich nur 9 ordentliche
Versammlungen, je zu Anfang der Monate Oktober bis Juni
vorschreibt, die Berufung weiterer ordentlicher Versammlungen,
sowie geselliger Vereinigungen aber dem Ermessen des Vorstan
des überläßt, wird auf Antrag von Prof. Laißle beschlossen,
daß 14tägige Pausen zwischen den Versammlungen die Regel
bilden sollen, daß es aber dem Erniessen des Vorstandes über
lassen bleibe, je nach den Verhältnissen eine ordentliche Ver
sammlung oder eine gesellige Vereinigung auszuschreiben. —
Am Schluß der Beratung werden sodann die neuen Satzungen
im ganzen einstimmig gutgeheißen*).
Ing.Ass. Tafel fordert die Versammlung auf, in Aner
kennung der Leistungen des Vereinsausschusses und der zur
Satzungsberatung beigezogenen Mitglieder bei Aufstellung des
neuen Entwurfs, sich von den Sitzen zu erheben. Dies geschieht.
Zum Schluffe bringt der Vorsitzende noch die bevorstehende
Exkursion zur Sprache mit der Bitte, für das Ziel derselben
Vorschläge zu machen. Es kommen in Vorschlag: Rottenburg a. T.,
Sigmaringen, Hohenzollern, Freudenstadt-Alpirsbach, Karlsruhe
Baden-Baden und Schussenried, und wird der Ausschuß beauf
tragt, das weitere Hiewegen einzuleiten.
Für den Fall, daß in nächster Zeit nicht genügend Stoff
zu Vorträgen und Diskussionen an den Vereinsabenden vor
liegen sollte, bringt Baurat Rheinhard in Vorschlag, die
Stellung des Vereins zur Frage der Hebung des Fremden
verkehrs in Stuttgart zum Gegenstaud der Erörterung
zu machen.
Der offizielle Teil der Hauptversammlung wird hierauf
gegen 11 Uhr geschlossen, worauf sich die Mehrzahl der Mit
glieder zu einer geselligen Vereinigung in Dierlamms Restau
rant zusammenfindet.
Der Schriftführer:
Laistner.
Im Anschluß an diese Versammlung fand am folgenden
Vormittag, Sonntag den 3. Mai, eine Besichtigung der Mate
rialprüfungsanstalt im K. Polytechnikum statt, wozu
sich 42 Mitglieder und 3 Gäste eingefunden hatten. Der Vor
stand der Prüfungsanstalt, Prof. Bach, hielt einen einleitenden
Vortrag, worauf die einzelnen Apparate in Thätigkeit gesetzt
und verschiedene Zerreiß- und Zerdrückungsproben vorgenommen
wurden.
Das darauffolgende Mittagsmahl ini Stadtgarten vereinigte
23 Mitglieder in heiterer, durch Tischreden gewürzter Stimmung.
*) Den Bereinsmitqliedern ist je ein Exemplar dieser Satzungen, so
wie sie in der Ausschußsitzung vom 9. Mai 1885 endgiltig abgefaßt wurden,
alsbald darauf zugesendet worden. Für die Empfänger gegenwärtigen Heftes,
welche nicht Vereinsmitglieder sind, liegt je ein Exemplar der Satzungen
hier bei.
Neunte ordentliche Versammlung,
am 16. Mai 1885, abends 8 Uhr.
Vorsitzender: v. Hänel.
Schriftführer: Laistner.
Anwesend: 35 Mitglieder und 1 Gast.
Das Protokoll der letzten Versammlung wird verlesen und
angenommen.
Eingelaufen sind:
der Verwaltungsbericht der Stadt Stuttgart pro 1881/84,
die neueste Publikation des Schwedischen Arch. - und Jng.-
Vereins,
ein Protokoll der Verhandlungen deutscher Zementfabrikanten
vom 19./20. Februar 1885,
eine Nummer der Zeitschrift für Straßen und Brückenbau,
ein Tableau vo>n Stuttgarter Immobilien- und Baugeschäft;
ferner vom Verband:
der durch den Hannoverischen Verein ausgearbeitete Entwurf
zu einer Honorarnorm für Jngenieurarbeiten.
Auf Vorschlag des Ausschusses wird zu gutächtlicher Be
handlung dieses Entwurfs eilte Kommission bestimmt, bestehend
aus den Herren Kaiser, Kröber, Laißle, Leibbrand,
Lueger, v. Martens, Rheinhard, Schlebach und
v. Schlierholz.
Einer zweiten Kommissiott, bestehend aus den Herren Dobel,
Eisenlohr, Laistner, Rheinhard, v. Schlierholz,
v. Seeger, Tafel und Walter wird die Behandlung der
satzungsgemäß neu eingeführten „geselligen Vereinigungen" über
tragen und beiden Kommissionen das Recht der Kooptation zu
gestanden.
Die erste gesellige Vereinigung soll Samstag den 23. Mai
stattfinden. Baurat Rheinhard schlägt vor, in derselben die
Stellung der Techniker zur Frage der Hebung des Frem
denverkehrs in Stuttgart zur Erörterung zu bringen.
Nachdem noch der Vorsitzende namens des Ausschusses die
Ausführung einer Exkursion auf den Hohenzollern am
Sonntag den 7. Juni in Vorschlag gebracht und sich hiegegen
kein Eiilwand erhoben hat, erhält
v. Morlok das Wort zu dem auf die Tagesordnung
gesetzten Vortrag über „den Bahnhof Stuttgart", und
äußert sich im wesentlichen wie folgt:
Bei der im Jahre 1862 geplanten Erweiterung des Bahn
hofs haben die Techniker nur über geringe Breite und Länge
der Gesamtanlage disponieren können und haben sich daher ge
nötigt gesehen, die für die bis 500 in langen Güterzüge, ebenso
großen Militärzüge und für den Rangierdienst nötigen Geleise
mit den Personengeleisen zusamntenzulegen, anstatt sie, wie dies
anderwärts geschieht, je in besonderen Gruppen in die Ver
längerung oder seitlich des Personenbahnhofs zu rücken. Hier
aus schon dürfte hervorgehen, daß dieser Zentral- und Kopf-
bahnhof unter sehr erschwerenden Umständen zu projektieren und
auszuführen war, noch mehr aber, wenn in Betracht gezogen
wird, daß derselbe zugleich einen ganz ungewöhnlichen Lokal
verkehr zu bedienen hat, der häufig Extralokalzüge erfordert.
Es wäre wohl entschuldbar, wenn bei der beschränkten Länge
voit 850 m und einer durchschnittlichen Breite von ca. 90 m
der Betrieb über ungünstige und lästige Einzelanordnungen zu
klagen hätte. Dies ist aber gar nicht der Fall, indem das
Ein- und Ausfahren sämtlicher Personen- und Güterzüge, sowie
das Rangieren derselben ganz anstandslos und regelmäßig von
statten geht und den Reisenden große Bequemlichkeiten geboten
sind, beim Abgang und bei der Ankunft. Sollten jedoch bei
weiter anwachsendem Verkehr die jetzigen Einrichtungen nicht
mehr genügen, so wäre Abhilfe möglich durch folgende Mittel,
welche schon bei Projektierung der bestehenden Anlage ins Auge
gefaßt und teilweise schon jetzt in Anwendung gebracht worden sind:
1. Anlage von Rangiergeleisen auf den benachbarten Statio
nen Cannstatt und Zuffenhausen, so daß im Bahnhof
Stuttgart das Rangiergeschäft sich auf einfaches Abstellen
und Aufnehmen der Stuttgarter Wagen beschränken würde.