Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1885/86)

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einander rote gebräuchlich; sehr flache Dächer erhalten zwischen 
den Sparren horizontale Quersprossen, auf denen die Tafeln 
auch durch Vermittelung der Randstreifen aufliegen und zwar 
ohne sich zu überdecken. 
Fig. 1. Fig. 2. 
Das Prinzip des Systems läßt sich darin zusammenfassen, 
daß die Glastafeln durch die Randstreifen verlegbar gemacht 
werden sollen wie Bleitafeln. Es ist einleuchtend, daß der 
Wert dieses Grundgedankens niit der Erreichbarkeit einer dauernd 
wasserdichten Verbindung von Randstreifen und Glas steht und 
fällt; das übrige ist leichte Aufgabe und läßt viele Lösungen 
zu. Diese Verbindung hatte der Vortragende durch eine An 
zahl von Probestücken in Längen bis zu einem Meter zur An 
schauung gebracht; sie wird dadurch bewerkstelligt, daß man den 
Bleistreifen zwischen die Tafel und einen auf sie gesetzten etwa 
15 mm breiten Stab aus einfach-starkem Glas einklemmt. Da 
bei ist sowohl zwischen dem Streifen und der Tafel als zwi 
schen dem Streifen und dem Glasstab gedichtet durch Glaser 
kitt oder solche Materialien, die mit dem Pinsel aufgetragen 
werden können; man streicht sie auf die Tafel und den Stab 
und drückt diesen auf den aufgelegten Streifen, derart, daß er 
ihn um etwa 5 mm überragt und die Gläser auf diese Breite 
nur durch das Dichtungsmatcrial getrennt sind. Anstatt die 
Gläser anzustreichen, kann man auch den Bleistrcifen mit dem 
Rand in ein langes Gefäß eintauchen, das mit dem Dichtungs 
material gefüllt ist. Die Verbindung des Glasstabes mit der 
Tafel wird. durch Blech klammern gesichert, die mit einem 
schnell erhärtenden Kitt ans Schellacklösung und Bleiglätte an 
die Tafelecken angesetzt und so gestaltet sind, daß sie jede Be 
wegung des Glasstabes unmöglich machen, auch wenn das Dich 
tungsmaterial nicht mehr zum Zusammenhalt von Tafel und 
Glasstab genügen würde (Fig. 3 und 4). Es hat also nicht 
zu halten, sondern nur zu dichten, und wird gehalten. Durch 
die spätere Lage dieser Klammern auf dem Dach ist dafür ge 
sorgt, daß sie selber sich nicht verschieben können, auch wenn 
das Bindemittel sie nicht mehr an der Tafel festhalten würde. 
Der Preis einer solchen Klammer stellt sich auf etwa 3—4 Pf.; 
die Herstellung der Glasstäbe ist bis zu Längen von 1,5 m 
noch leicht aus einfach-starkem Glas möglich. Man könnte bei 
sehr langen Tafeln fürchten, daß durch eine Ausbiegung des 
schwachen Glasstabes zwischen den beiden Klammern ein Oeffnen 
der Fuge und ein Herausschlüpfen des Bleistreifens eintreten 
könnte; doch wird dies dadurch verhindert, daß der Glasstab 
unter die Tafel zu liegen kommt und auf seine ganze Länge 
im Kittlager eingebettet ist. Dieses soll ihn nicht nur unter 
stützen, sondern ganz umhüllen (Fig. 1). 
Fig. 3. Fig. 4. 
Die Beweglichkeit der Tafel auf'dem Sprossen wird ohne 
Beeinträchtigung der gleichmäßigen Druckverteilung zwischen 
beiden dadurch erreicht, daß man die Flantschen des letzteren 
vor dem Legen der Tafeln mit gefalztem Staniol oder Papier 
belegt; der Falz sieht dabei nach außen; der untere Teil des 
Falzes wird mit Kleister aufgeklebt, der obere bleibt lose. Das 
nach dem Verlegen von der Seite her eingestrichene Kitt 
lager heftet sich an die Tafel und den Glasstab und gleitet 
nach seinem Erhärten mit dem oberen Teil des Staniols als 
Fuß auf dem unteren Teil und auf dem Sprossen. Das Profil 
der Sparrenkappen ist so gewählt, daß sie dem An- und Ab 
rücken der Tafeln durch eine leichte federnde Biegung nachgeben 
können; zu diesem Zweck sitzen auch die Mutterschrauben ziem 
lich hoch an der Sparrenrippe. Um auch die Beweglichkeit 
jeder Tafel auf der nächstunteren bei gleichzeitigem dichtern 
Fugenverschluß zu erreichen, bestreicht nian beide Glasflächen, 
die sich decken sollen, mit Kitt, und legt ein gefaltetes Staniol- 
band, mit dem Falz nach oben, auf die Verkittung der unteren 
Tafel, ehe man die obere aufpreßt (s. Figur 2). 
Der Anschluß an Dachflächen aus andereni Material, so 
wie an Firstlinien, Gratlinien, Kehlen u. s. w. wird unter 
Wahrung der Beweglichkeit wasserdicht gemacht, indem man die 
betreffenden Tafelränder ebenfalls mit Randstreifen behandelt. 
Die Eindeckung ist auf Tafeln jeder Größe anwendbar; 
doch würde für kleinere Tafeln, von denen mehr als 8—10 
auf den Quadratmeter gehen, das Verfahren mit den Blei 
streifen zu zeitraubend, und die Auslage für Blei und Klam 
mern zu groß. 
Für diesen Fall kann man billigere Randstreifen verwen 
den, deren Zeug in großen Flächen durch Aufziehen von Staniol 
auf Packleinwand (oder starke Gaze oder Leder) mit Goudron 
und ein wenig Harz hergestellt wird, und die durch einfaches 
Ankleben mit einer dichten Schellacklösung an die Tafeln zu 
setzen sind. Durch die Umhüllung mit Goudron und Staniol 
wird der Schellack nie zu spröde. 
Die mit der Goudronseite nach außen sehenden Streifen 
erhalten dabei (je nach dem Verlegen der Tafeln längs eines 
ganzen Sprossens) eine weitere Stanioltapezierung, die auch 
über die Glasränder und die Sparrenrippe hinweggeht. Ein 
solcher Staniolüberzug kann auch bei Bleistreifen zuin Schutz 
derselben gegen Oxydation beigefügt werden; es ist dieses Ver 
fahren der Wahl einer stärkeren Bleisorte vorzuziehen, indem 
bei einer solchen die starke Dilatation des Bleis die Fuge un 
dicht machen könnte. 
Zum Schluß wurden verschiedene andere Varianten erklärt, 
die für die Befestigung der Randstreifen und für die Sprossen- 
prosile möglich sind; z. B. eine Eindeckung auf rechteckigen 
Holzlatten, das Einkeilen der Randstreifen in eine Nut des 
Sprossens, das Verbinden benachbarter Randstreifen unter dem 
Sprossen u. s. f. 
Die Figuren 1 und 2 zeigeit den Durchschnitt durch den 
Sprossen und die llebergreifung der Tafeln, Randstreifen und 
Zinkkappen längs des Sparrens. Die Figuren 3 und 4 geben 
die Form und die Lage der Zinkblechklammern, die den Glas 
stab halten. Die kleinere Querklammer wird nach dein Ansetzen 
an die Tafel mit einem Falzbein abgebogen, wie es der Pfeil 
der Fig. 4 andeutet, wodurch die Unterscheidung rechter und linker 
Klammern wegfällt. In den 2 letzten Figuren sind Varianten 
für die Befestigung der Bleistreifen an den Tafeln dargestellt, 
wie sie bei sehr langen Tafeln deren Glasstäbe gestoßeit werden 
müssen, oder bei Verbindung der Randstreifen unter dem 
Sprossen geeignet sind. 
Fig. ö. Fig- 6- 
Ein in Stuttgart int Oktober 1884 mit den Randstreifen 
aus Blei an der K. Staatsbibliothek ausgeführtes Dach von
	        
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