29
und vor Sonn- und Festtagen um 6 Uhr bezw. 5 Uhr abends, außer
halb des bewohnten Stadtbezirks verbracht sind.
5) Die Abfuhr des Morastes aus den älteren Dohlen und
neueren Kanälen wurde aus dem Akkord der Straßenreinigung aus
geschieden und geschieht künftighin in eigener Regie mittels eiserner
Wagen, welche Eigentum der Stadtgemeinde sind.
Zu der Erfüllung der weitgehenden Forderung, die gesamte
Straßen- und Trottoirreinigung in den Betrieb der städtischen Ver
waltung zu übernehmen, wie es nach einer der eingelaufenen Zu
schriften in den meisten großen Städten bereits besiehe, konnte man
sich nicht entschließen; die lokalen Verhältnisse der einzelnen Städte
sind so sehr verschieden, daß sich die kommunalen Einrichtungen
nicht schablonenmäßig behandeln lassen, und außerdem ist die Be
hauptung, diese Einrichtung bestehe in den meisten großen Städten,
insofern nicht richtig, als, wie oben nachgewiesen ist, unter den 20
genannten Städten es nur 3 sind, nämlich Breme», Hamburg und
Mainz, welche sie haben.
Ueberhaupt aber sind unsere hiesigen Straßensäuberungsanstal
ten derart, daß sie einen Vergleich mit andern Städten nicht zu scheuen
brauchen; gehört doch Stuttgart zu denjenigen 8 unter 20 Städten,
in welchen die Straßen jeden Werktag gereinigt und der gesamte
Kehricht auch sofort abgefahren wird; eine Ausnahme bilden nur
einige wenige spärlich angebaute Straßen der außen liegenden Stadt
teile. Man kann hier oft die Worte hören, es werde in keiner Stadt
soviel gefegt, gekehrt, gescheuert und gescharrt als in Stuttgart, und
doch haben wir keine so sauberen Straßen wie andere Städte.
Hierauf kann erwidert werden, daß die geognostischen Verhält
nisse des Untergrundes der Stadt und ihrer nächsten Umgebung das
ihrige hierzu beitragen; dieser Untergrund besteht bekanntlich vorzugs
weise aus Lehm und Mergel; bei der Abfuhr des Erdmaterials,
welches das Ausgraben der Fundamente, Keller- und Souterrain
räume für Hochbauten notwendig macht, sowie des überschüssigen
Materials, welches bei Kanalbauten, Gas- und Wasserleitungen rc.
nach dem Wiedereinfüllen der Baugruben noch übrig bleibt, ist es
nicht zu verhindern, daß von de» überladenen Wagen von diesem
Material auf die Straße herunterfällt, welches dann bei trockener
Witterung von den darüber fahrenden Wagen zerdrückt und bei
nasser Witterung in Morast verwandelt wird; auch wird an den
Rädern von Fuhrwerken aller Art, welche von auswärts in die
Stadt fahren, namentlich bei regnischer Witterung von den Straßen
und Wegen viel Morast in die Stadt hereingeschleppt.
Diese Uebelstände kommen in Städten mit sandigem oder
kiesigem Untergrund, wie ihn viele rheinische, badische und bayerische
Städte haben, in viel geringerem Grade oder garnicht vor, so daß
deren Straßen mit weniger Aufwand an Geld und Zeit doch ein
sauberes Aussehen haben.
In betreff der Kosten des Kehrens ist schon gesagt, daß die
Unternehmer der Reinigungsarbeiten für die Uebernahme derjenigen
Leistungen, welche Obliegenheit der Hausbesitzer sind, das Recht haben,
pro Jahr und gm 40 Pb zu verlangen, wobei aber noch zu be
merken ist, daß sie erklärten, es vorerst nur probeweise zu thun,
und wenn sie dabei ihre Rechnung nicht finden, einen höheren Preis
verlangen werden. Bei dem obigen Preis hat beispielweise der
Besitzer eines Anwesens in einer 14,3 m ("50 Fuß) breiten Straße
mit 17 m Gesamtlänge (14,14 m Gebäudefront und 2,86 m Ab
stand) auf die hälftige Straßenbreite eine Fläche von (17. 7,15 m)
— 121,55 qm reinigen, begießen und im Winter bei Glatteis das
Trottoir mit Sand rc. streuen zu lassen, und ergibt sich hierfür ein
Aufwand von 48 Ji 62 Pf., wobei aber der Hauseigentümer das
Streumaterial anzuschaffen hat; rechnet man jährlich 300 Kehrtage,
so kommt auf eine tägliche Reinigung 16 Pf.; es ist dieses aber eine
so geringe Summe, daß es nur den Kehrfrauen der Unternehmer,
welche ohnehin in der Nähe mit dem Kehren vor öffentlichen Ge
bäuden rc. beschäftigt sind, möglich ist, diese Arbeit zu übernehmen.
Arbeiterinnen, welche in den Vorstädten wohnen und einen
weiten Weg in die Stadt zu machen haben, hätten nur dann einen
lohnenden Verdienst, wenn sie vor einer größeren Anzahl von Ge
bäuden zu kehren hätten, welche ziemlich nahe bei einander liegen;
da aber die Frist für das Kehren sehr kurz bemessen und überall
dieselbe ist, so müßten sie, um rechtzeitig fertig zu werden, schon
sehr frühe beginnen.
Zum Schluffe sei noch darauf hingewiesen, daß Stuttgart laut
Adreßbuch für das Jahr 1885, 5569 Hauptgebäude zählt, und daß
hier 10 200 weibliche und 700 männliche Dienstboten beschäftigt
sind; auf eine so bedeutende Anzahl ffeißiger Hände verteilt, ist es
am ehesten möglich, die Straßensäuberung rechtzeitig und vorschrifts
mäßig fertig zu bringen.
Im Oktober 1885.
Kaiser.
Beilage 5.
Vortrag
des Baurats Euting über die Unterlürbheimer Neckar-Brücke und des Negierungsbaumeisters
Gugenhan über die Verschiebung derselben.
Gehalten am 12. Dezember 1885.
(Mit Zeichnungen auf Blatt 2.)
Ums Jahr 1480 ließ Graf Eberhard der jüngere der Stadt
Cannstatt durch den Vogt Rummel den Antrag machen, daß er den
Weg über Berg „abthun" wolle, wenn sich die Stadt dagegen er
kenntlich erweise. Die Stadt bezahlte dem Grafen die Summe von
100 Thalern, und der Weg von Stuttgart und Cannstatt über Berg
nach Eßlingen wurde verboten. Mit Rücksicht auf dieses Verbot,
durch welches der Stadt Cannstatt die Unterhaltung des Wegs von
Berg nach Wangen auf ihrer Markung abgenommen und eine größere
Brücken- und Pflastergeldeinnahme verschafft wurde, stellte später
Graf Eberhard der ältere das Ansinnen an die Stadt, sich bei dem
Bau und der Unterhaltung einer Neckarbrücke bei Untertürkheim zu
beteiligen, und so kani auch im Jahr 1491 ein Vertrag zu stände,
nach welchem die Herrschaft die Hälfte, die Gemeinden Cannstatt und
Untertürkheim aber je >/« der Bau- und Unterhaltungskosten einer
solchen Brücke zu tragen hatten, jedoch mit dem Vorbehalt, daß den
Beteiligten der Rücktritt vom Vertrag für den Fall frei stehen solle,
daß die Brücke durch Eisgänge oder Hochwasser zerstört würde. Der
Gemeinde Cannstatt wurden für Uebernahme dieser Last unter an
derem die Frohnfuhren zum Schloß Wirtemberg, mit Ausnahme der
Holzfuhren, nachgelassen und in den Jahren 1532 und 1593 eine
Erhöhung ihres Brückengeldes gestattet. Der Weg von Berg nach
Wangen aber blieb, wenigstens für schwere Fuhrwerke, bis zur Ueber
nahme dieser Straße auf die Herr- und landschaftliche Straßenkasse
im Jahr 1772 verboten. Der Vertrag von 1491 blieb bis 1852
in Kraft.
Als Ende der 40er Jahre die ganz aus Holz erbaute Brücke