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Zweite ordentliche Versammlung, am 18. Februar 1888.
Vorsitzender: Göller; Schriftführer: Tafel.
Anwesend: 84 Mitglier und 1 Gast.
Nach der Eröffnung der Versammlung begrüßt der Vorsitzende
als Gast den Herrn Gasdirektor Raupp aus Heilbronn und teilt
mit, daß Regierungsbaumeister Braun in Ravensburg als ordent
liches Mitglied in den Verein aufgenommen sei. Seit seiner letzten
Sitzung habe der Verein durch den Tod des Bauinspektors Zeller
in Rottweil ein treues Mitglied verloren. Ans die Aufforderung
des Vorsitzenden erheben sich die Anwesenden zum ehrenden An
denken des Verstorbenen von ihren Sitzen.
Eingelaufen sind: ein Schreiben vom Verbandsvorstand, ein
gedruckter Aufruf vom „Verein für die Wiederherstellung der Se-
balduskirche in Nürnberg", ein Heft Verhandlungen des Schwedischen
Jngenieurvereins.
Hierauf werden die Vereinsberichte über die Hauptversamm
lung vom 28. Januar und die ordentliche Versammlung vom
4. Februar verlesen und genehmigt.
Anknüpfend an das Protokoll über die Versammlung vom
4. Febr., welche der Rathausbanfrage gewidmet war, verliest La i st n er
einige Sätze aus dem in Nr. 32 des württ. Staatsanzeigers ent
haltenen Bericht über diese Versammlung, welche einerseits das
Bestreben zeigen, die Bedeutung der gefaßten Beschlüsse unter Hin
weis auf den schwachen Besuch der Versammlung herabzumindern,
und andererseits der Möglichkeit Raum lassen, daß ein großer Teil
der ortsanwescnden Mitglieder aus Rücksicht ans ihre amtliche
Stellung den Verhandlungen ferne geblieben sei.
Er giebt seinem Bedauern über eine solche, das Ansehen des
ganzen Vereines schädigende Berichterstattung Ausdruck, die doppelt
zu bedauern märe, wenn sie von einem Mitglied des Vereines her
rühren würde.
Nach diesen allerseits mit Beifall aufgenommenen Worten sprach
sich der Vorsitzende dahin aus, daß er nicht glaube, daß der Be
richt von einem der damals anwesenden Mitglieder herrühre, son
dern wohl aus zweiter Hand stamme, was er aus verschiedenen
Stellen dieses Berichtes schließe. Auch er bedaure den Versuch,
den Vereinsbeschltiß in der Rathausbaufrage als etwas Minder
wertiges hinzustellen, halte es aber für geraten, nicht näher auf
die Sache einzugehen. Da sich niemand in der Sache zum Worte
meldet, wird der Gegenstand verlassen.
Prvf. Göller verliest hierauf den von ihm verfaßten Ent
wurf zu der Eingabe an die bürgerlichen Kollegien in Stuttgart
über die Rathausbaufrage, welche »ach dem Beschlusse der Vereins
versammlung vom 4. Februar als Begleitschreiben zu dem Gut
achten des Oberbaurat v. Leins dienen und neben den speziellen
Ausführungen dieses Gutachtens noch die allgemeinen Gründe histo
rischer, ästhetischer, hygienischer, bau- und verkehrstechnischer Natur,
welche für die Wahl des alten Platzes sprechen, näher beleuchten
solle.
Die Fassung dieses Begleitschreibens, welches den Vercins-
mitgliedern im zweiten Heft der Sitzungsberichte 1887/88 mit
dem Gutachten im Drucke zugestellt ivurde, findet den vollen Bei
fall der Versammlung, welchem v. Häncl in warmen Worten
Ausdruck verleiht, indem er dem Verfasser für die gründliche und
künstlerische Durcharbeitung des Stoffes unter lebhafter Zustimmung
der Versammlung dankt.
Das Begleitschreiben wird unverändert durch einstimmigen
Beschluß der Versammlung gutgeheißen und auf Eisenlohrs
Antrag dessen Drucklegung beschlossen.
Hierauf hält Stadtbaumeister Wenzel aus Heilbronn den
angekündigten Vortrag über Heilbronn und seine Bauten, welcher
in der Beilage I wiedergegeben ist. (Hiezu ein Lichtdruckblatt, Pro
jekt für die Wiederherstellung des Siebenröhrenbrunnens von Ober
baurat Gnauth.)
Der Vortrag, welcher durch zahlreiche Zeichnungen und Ur
kunden aus der frühesten Geschichte Heilbronns bis auf die Neu
zeit illustriert ist, wird mit reichem Beifall belohnt, dem der
Vorsitzende den Dank des Vereins beifügt. Er giebt der Freude
Ausdruck, daß den vielen Jngenieurvorträgen endlich auch wieder
ein solcher über Architektur gefolgt sei, wobei noch besonders aner
kannt werden müsse, daß man ihn einem auswärtigen Mit-
gliede zu verdanken habe.
Das Referat des Architekten Ed. Stahl über die Beantwor
tung der Verbandsfrage wegen Wiedereinführung der Meister
prüfungen mußte wegen der vorgerückten Zeit ans die nächste Ver
sammlung vertagt werden.
Schluß 10 x /2 Uhr.
Der Schriftführer:
Tafel.
Dritte ordentliche Versammlung am 3. März 1888.
Vorsitzender: Göller; Schriftfiihrer: Laistner.
Anwesend: 22 Mitglieder, 3 Gäste.
Beim Eintritt in die Tagesordnung macht der Vorsitzende
darauf aufmerksam, daß es durch das Entgegenkommen des Herrn
Stadtbaumeister Wenzel in Heilbronn ermöglicht sei, auch in der
heutigen Versammlung noch die interessanten Pläne und Photo
graphien aus der Stadt Heilbronn zur Ausstellung zu bringen,
was Manchen, die der letzten Versammlung nicht anwohnen konn
ten, erwünscht sein werde.
Das Protokoll der 2 Versammlung wird verlesen und ge
nehmigt.
Eingelaufen sind:
1. Die Mitteilungen des böhnrischcn Vereins in Prag.
2. Das Mitgliederverzeichnis des Architekten- und Jngenieur
vereins in Breslau.
3. Danksagung des Ingenieurs Duisburg in Münster für
die Begutachtung seines walzenförmigen Feuerrostes durch
den Verein.
4. Ein Schreiben des Verbandsvorstandes, betreffend die Auf
nahme eines in Mannheim gegründeten Architekten- und
Jngenieurvereins in den Verband.
Zu der im letzten Einlauf enthaltenen Frage des Verbandes
giebt der Vorsitzende erläuternd das Wesentlichste aus den Statuten
jenes Vereins bekannt. In der Folge tauchen Bedenken gegen die
unbedingte Aufnahme des Mannheimer Vereins in den Verband
ans, da von dessen Mitgliedern nicht die von unserem Verein
vorausgesetzte akademische Fachbildung verlangt werde. Es wird
nach kurzer Erörterung beschlossen, das Aufnahmegesuch für nicht
dringlich zu erklären.
Weiter giebt der Vorsitzende Kenntnis von einer Zuschrift der
von den ivürttemb. Regierungsbaumeistern behufs Anbahnung einer
Besserstellung derselben gewählten Kommission, welche an den Verein
das Ersuchen stellt, auch seinerseits das Bestreben dieser Fach
genossen zu unterstützen.
Dem Vorschlage des Ausschusses gemäß wird zur Behandlung
der Angelegenheit eine Elfer-Kommission niedergesetzt, bestehend aus
den Herren:
v. Bok, Canz, v. Hänel, Kaiser, Kölle, Leibbrand,
Leube, Rhcinhard, v. Schlierholz, Tafel und Weigelin.
Nunmehr erhält E. Stahl das Wort, um über die Anträge
der für Beratung der 35 Fragen des Verbands über die Wieder
einführung der obligatorischen Meisterprüfungen gewählten Kom
mission zu berichten. Diese Kommission bestand ans den Herren:
Beisbarth, Eisen loh r, Lauser, Leube, Sappe r.
E. Stahl und Walter.
Nachdem der Berichterstatter, Architekt Eduard Stahl, ein
leitend auf die Schwierigkeit der Beantwortung jener 35 Fragen
aufmerksam gemacht und als Schlußergebnis der Beratungen den
Kommissionsantrag bekannt gegeben hat, daß
in Württemberg ein Bedürfnis zur Einführung einer obli
gatorischen Meisterprüfung nicht vorliege, da sich die
fakultative (die Werkmeister-) Prüfung als vollständig
ausreichend erwiesen habe,
wird in die Beratung der einzelnen Fragen, bezm. der hiezu ge
stellten Kominissionsanträge, eingetreten.
Es zeigt sich, daß es gut gewesen wäre, wenn die einzelnen
Mitglieder vor der Beratung das Material hätten zur Durchsicht