Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1888)

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Es wäre deshalb von hohem Werte, die Formeln für den 
Reibnngswiderstand in Röhren in Uebereinstimmung zn bringen mit 
jenen für den Reibungswiderstand in Kanälen, weil bei der Be 
wegung des Wassers in geschlossenen Profilen beide Arten von Be 
wegung in die Erscheinung treten und allmählich in einander über 
gehen. 
Diese Uebereinstimmung kann erreicht werden durch Aufstellung 
eines empirischen Gesetzes, welches an großen Röhren zu ermitteln 
und allgemein für beide Arten der Wasserbewegung gültig zu ge 
stalten wäre, wie dies bei der früher allgemein angewendeten Formel 
von Eytelwei», die der Dupuitschen Röhrensormel entspricht, 
der Fall war. 
4. Aufgabe. 
Untersuchluig der Ausdehnung und Zusammenziehung größerer 
gleichartiger MaucrwerkS - und Bctontörper hei Wärme und 
Kälte, Nässe und Trockenheit, sowie durch Zug und Druck. 
Begründung. 
Durch die Verwendung von Traß- und Portlandzementmörteln 
bester Beschaffenheit zur Herstellung von Mauerwerk und Beton 
läßt sich nicht nur eine feste Verbindung der Steine unter sich, 
sondern auch eine große Dichtigkeit und eine in jedem Querschnitt 
nahezu gleiche Festigkeit des Mauerwerks bezw. Betons erzielen, 
weshalb deren Inanspruchnahme ans Druck und Zug, namentlich 
bei größeren Brückenbauten, bei Wasserreservoiranlagen, Quaimaucrn 
u. dergl. erheblich höher als früher gegriffen werden kann. 
Leider kommen bei größeren Mauerwerks- und Betonmassen 
infolge von Spannungen, welche in erster Linie aus Witterungs 
einflüsse zurückzuführen sind, häufig Risse und Verdrückungen vor, 
welche sich besonders bei solchem Mauerwerk, das zugleich wasser 
dicht sein soll, in sehr nachteiliger Weise fühlbar machen, bei rich 
tiger Kenntnis der hiebei in Betracht kommenden physikalischen Vor 
gänge jedoch vermieden werden könnten. 
Die Notwendigkeit der Anstellung bezüglicher Untersuchungen 
geht u. a. aus der Beschreibung der an den neuen Bremer Quai 
mauern beobachteten Frostrisse (s. d. Zentralblatt der Bauverwal 
tung v. 1888, S. 94), sowie aus den Angaben Dyckerhoffs 
über das sog. Arbeiten des Betons (s. d. deutsche Bauzeitung vom 
Jahr 1888 S. 243) hervor. 
Bekannt sind die schon bei kleineren Betonbauten vorkommen 
den Haarrisse, welche durch Zusammenziehungen der Betoiunasse im 
Winter entstehen und sich zu förmlichen Rissen erweitern können, 
im Sommer aber zu verschwinden pflegen. 
Die von manchen Technikern hiegegen schon ergriffenen Maß 
regeln bestehen teils in der Erniedrigung der Temperatur der zum 
Mauern verwendeten Steine bei großer Wärme und im Schutz 
des Mauerwerks und Betons gegen zu rasches Austrocknen nach der 
Herstellung, bei kühler Witterung aber entweder in der Erhöhung der 
Temperatur des zum mauern verwendeten Wassers oder in der Ver 
wendung von frisch gelöschtem Fettkalk und ebenfalls in einer Be 
deckung zum Schutz gegen die Einwirkung des Frostes auf die Stein- 
und Betonmauern, also aus Vorkehrungen zur Ausgleichung zu 
großer Temperaturunterschiede während und unmittelbar nach der 
Herstellung der betreffenden Bauten. Daß die Nässe und Trocken 
heit der verwendeten Steine die im Mauerwcrk sich entwickelnden 
Spannungen je nach den obwaltenden Verhältnissen verstärken oder 
abschwächen können, bedarf zwar keines besonderen Beweises, das 
Maß der hiedurch bedingten Dehnungen und Zusammenziehungen 
ist aber für größere Mauerwerksmassen seither noch nicht näher 
ermittelt worden. 
Tie Ucberhöhung von weit gesprengten Gewölben wird endlich 
noch in rein empirischer Weise nach Vorgängen bestimmt, da über 
das Maß der Zusammendrückung der verschiedenartig zusammen 
gesetzten oder hergestellten Mauer- bezw. Betonkörper beim Aus 
schalen genauere Anhaltspunkte selbst für solches Mauerwerk fehlen, 
bei welchem der Mörtel vor dem Ausschalen schon vollständig er 
härtet ist und eine die wirkliche Inanspruchnahme erheblich über 
schreitende Festigkeit besitzt. 
Die seither hierüber im Kleinen angestellten Versuche sind 
unter ganz anderen als den in der Praxis vorkommenden Verhält 
nissen angestellt worden. Es ist somit noch dem Zufall überlassen, 
ob ein Gewölbe beim Ansschalen die durch Rechnung bestimmte 
Lage auch wirklich erhält, umsomehr als bei der Ausführung noch 
die durch Temperatur- ec. Einflüsse bedingten, nach Obigem eben 
falls nicht genau bekannten Dehnungen und Zusammenziehungen 
insoweit zn berücksichtigen sind, als dies z. B. zur Einhaltung der 
richtigen Lage der Drucklinien erforderlich ist. 
5. Aufgabe. 
Verteilung des Druckes in Mauerkörpcrn bei exzentrischer Belastung. 
Begründung. 
Die größte Inanspruchnahme des Mauerwerks in exzentrisch 
belasteten Fugen pflegt man unter gewissen Voraussetzungen meist 
graphisch zu bestimmen. 
Die betreffenden, seither in der Praxis angewendeten Regeln 
beruhen jedoch lediglich auf rein theoretischen Betrachtungen, wes 
halb es von hohem Werte wäre, wenn durch Versuche nachgewiesen 
werden würde, ob und in welchem Grade hier die Thatsachen mit 
der Theorie übereinstimmen. 
0. Aufgabe. 
Bestimmung der über vollkomnienc und unvollkommene Ucberfall- 
wehrc und durch breitere Schützenöffnungen abfließenden 
Wassermengen. 
Begründung. 
Beim Entwurf von Stauanlagen, einschließlich der sich hieran 
anschließenden Werks-, Schiffahrts- und anderen Kanäle war man 
seither aus die Benützung einer Anzahl von Formeln von Lesbros, 
Eytelwein, Weisbach, Poncelet, Boileau und anderen 
angewiesen (s. Rühlmanns Hydromechanik, 11. Aust. S. 242 und 
folgende), welche fast ausschließlich aus im Kleinen angestellten Ver 
suchen abgeleitet worden waren, in der Praxis aber sich als vollständig 
unbrauchbar erwiesen haben, sobald man die betreffenden Formeln 
unter anderen Verhältnissen, insbesondere bei größeren Anlagen, an 
zuwenden hatte. Eine große Zahl von Prozessen betrifft den Um 
fang von Wasscrbezugsrechten, welche seither nur durch empirisches 
Tasten, selten durch unmittelbare Untersuchungen zu lösen waren, 
da die Mittel zu den letzteren nur ausnahmsweise zur Verfügung 
gestellt werden konnten. 
Ueber die Mangelhaftigkeit unseres Wissens und Könnens auf 
diesem Gebiet der Hydromechanik giebt das von Wex im Verlag von 
Engelmann in Leipzig herausgegebene Werk „Hydrodynamik" 
sehr drastische Belege. 
Die von Wex aus neueren Versuchen über den Abfluß des 
Wassers über Ucberfallwehre, durch Schleusen u. s. w. ermittelten 
sowie die aus früher gefundenen Grundregeln der Hydraulik ab 
geleiteten neu?» Formeln bedürfen jedoch, bevor sie allgemeinere 
Anwendung finden, der gründlichsten Prüfung, welche sich aber erst 
dann wird ermöglichen lassen, wenn bezügliche Untersuchungen in 
großem Maßstab angestellt worden sein werden. 
7. Aufgabe. 
Prüfung der Genauigkeit und Anwendbarkeit der zum Messen 
der Geschwindigkeit des in natürlichen und künstlichen Gerinnen 
fließenden Wassers hauptsächlich gebrauchten Geräte, insbesondere 
des von Ritter, H arlachcr und Amsler verbesserten W ol t- 
mann'schen Flügels, der Stab- und sonstigen Schwimmer, sowie 
der Pitot-Darch scheu Röhre. 
Begründung. 
Obgleich für manche gewerbliche und wasserwirtschaftliche Zwecke 
genaue Messungen der in den Wasserläufen abfließenden Wasser- 
mengen die hauptsächlichste Grundlage zur Lösung der hiebei gestell 
ten Aufgaben zu bilden pflegen, sind die hiezu gebrauchten Geräte 
doch noch so unvollkommen, daß das Ergebnis der bezüglichen 
Messungen von der wirklich abgeflossenen Wassermenge oft um
	        

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