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verloren, welcher der einstigen mit den» Gesamtbau harmonischen
Ausschmückung innewohnte. Doch durchschritten unsere Besucher
mit lebhaftem Anteil diese Gemächer, die noch der persönlichen
uns näher liegenden Erinnerungen viele wachriefen.
Die lange genußreiche Wanderung durch die unabsehbare
Reihe von Räumen hatte eine Auffrischung der Kräfte nötig ge- '
macht, die in einem nahen Gasthause zu allgemeiner Befriedigung
herbeigeführt werden konnte, und nach kurzer Rast ging es in
größeren und kleineren Gruppen dein zierlichen, auch unter Herzog
Eberhard Ludwig erbauten Landhause der Favorite zu, das
nördlich vom Schlosse und in der Achse desselben am Ende
einer geraden Allee von weitem hell aus dem dunklen Hinter
grund des umgebenden Forstes hervorleuchtet. Höchst originell
in der Grundrißanlage und lebendig in der äußeren Gliede
rung der Massen, ist es auch in den Einzelheiten harmonisch
durchgeführt. Der die Mitte einnehmende Saal ist hoch heraus
gehoben und oben mit 4 Glorietten auf seinen Ecken bekrönt,
welche die Plattform begrenzen. Es gewährt dieses Gebäude durch
die geschwungenen Freitreppen, die auf die Terrasse der Ein
gangsseite führen, mit der luftigen von Karyatiden gezierten Halle
unter dem Saal ein Bild von ausnehmender Frische, zumal in
der friedlichen Umsäumung des Waldes, in welchem ganze Rudel
von Wild in munterem Durcheinander sichtbar werden.
Die Einsichtnahme des Innern war nicht möglich, so wün
schenswert sie, der Sammlung seltener Geweihe des Prinzen Wil
helm wegen, gewesen wäre, die neuerdings darin zur Ausstellung
gelangt ist. Der Gang wurde durch den schattigen Park und
die Pappelallee dein andern Schlößchen Monrepos zu gelenkt,
das in tieferer Lage, Eglosheim zu, an dem dortigen See ge
legen ist und anfangs Secgut hieß. Der Herzog Eberhard Lud
wig liebte dort in einem bescheidenen Gebäude der Wasserjagd
nachzugehen, aber Herzog Karl ließ an gleicher Stelle durch cko
la Guepiere das höchst anmutige Gebäude aufführen, das, ein
Meisterstück innerer scharfsinniger Einteilung, auch im Aeußeren
den gewandten Architekten zeigt, der durch feine Verhältnisse,
maßvolle Verwendung gewählter Architekturformen und hübsche
Verteilung des bildnerischen Schmucks dem koketten Bau ein
wahrhaft vornehmes Gepräge zu verleihen verstand. Die An
ordnung des reizenden Vestibüles und des gegen den See vor
springenden elliptischen Saales, der durch die ganze Höhe des
Baues geht, die geschickte Raumvertcilung der inneren Gelasse,
die dem See zu die ganze Stockwerkhöhe haben, nach der Landseitc
aber durch ein Zwischengebälk darüber die Dienerschaftslokalitäten
gewinnen ließ, sodann die Anordnung der Terrasse, welche auf
der Vorder- und Rückseite die Fassade begleitet und gegen den See
auf einer Bogenreihe ruht, fesselten die Besucher in der mannig
fachsten Weise. Dieselben zerstreuten sich im ganzen Gebäude,
ein Teil ruderte nach der im See liegenden Insel, auf der sich die
von Groß-Hohenheim hieher versetzte Kapelle erhebt. Bald schallte
der Klang der Glocke des dortigen Turms herüber, und es war
schwer, die Teilnehmer, die voll Befriedigung an diesem hübschen
lehrreichen Orte verweilten, zur Rückkehr wieder zu vereinigen.
Doch kam die Sammlung zu stände, und nach dem Eintreffen
zu Ludwigsburg scharten sich die etwas ermüdeten Wanderer um
eine treffliche Bowle. Neugestärkt, in frohester Laune eilten die
Teilnehmer hierauf dem Bahnhöfe zu und, nach kurzer heiterer
Fahrt in demjenigen von Stuttgart eingetroffen, suchten hoch
befriedigt von dem gelungenen Verlauf der Exkursion Damen
und Herren ihre Penaten wieder auf.
Zünfte ordentliche Versammlung am 15. Juni 1889.
Vorsitzender: v. Leins. Schriftführer: Walter.
Anwesend: 32 Mitglieder.
Die Aufnahme des Herrn Regierungsbaumeistcrs Buck als or
dentliches Mitglied des Vereins wird durch den Vorstand mitgeteilt.
Eingelaufen ist ein Schreiben des Senats der Königl. Aka
demie der Künste in Berlin mit Prograinm für die diesjährige
große akademische Kunstausstellung in Berlin und Einladung zu
zahlreicher Beteiligung.
Hierauf teilt der Vorstand mit, daß die Jubiläumskommission
beschlossen habe, einen Wagen zum Fackelzuge auszurüsten mit
vorhandenen Modellen württembergischer Baudenkmäler, und daß
der Direktor der Stuttgarter Pferdebahnen, Herr Ingenieur
Lipken, hiezu in dankenswerter Weise ein Viergespann in Aus
sicht gestellt habe, was freudige Aufnahme im Verein findet.
Bauinspektor Kölle macht darauf aufmerksam, daß die
Stadt gerne bereit sei, den einzelnen Vereinen mit Beiträgen für
die Ausschmücknngsgegenstände zum Fackelzug an die Hand zu
gehen, und fragt an, ob schon ein Voranschlag über die mut
maßlichen Kosten gemacht sei.
Regierungsbaumeister Wolfs bemerkt, es werden die in
Aussicht zu nehmenden Kosten die Summe von M. 300 nicht
wesentlich überschreiten, und erbietet sich bis zum 18. Juni
Skizzen uild Voranschlag als Grundlage für eine diesbezügliche
Bitte an die Stadt vorzulegen.
Nachdem v. Hänel und v. Schlierholz noch möglichste
Sparsamkeit empfohlen haben und der Vorstand zu zahlreicher
Beteiligung aufgefordert hat, wird dieser Gegenstand verlassen.
Sodann verliest der Vorstand einen Brief des heute dienst
lich am Erscheinen verhinderten Regieriingsbaumeisters Weige
lin, worin derselbe im Namen der württcmbergischen Regierungs
baumeister unter Hinsicht auf die in letzter Zeit stattgehabten
diesbezüglichen Kammerverhandlungen bittet, die Frage betreffend
Besserstellung der Regierungsbaumeister wiederholt auf die Tages
ordnung des Vereins zu setzen.
Die Herren Baudirektor v. Schlierholz und Professor
Bach entgegnen hierauf, daß die von der Regierung eingesetzte
Kommission diese Frage eingehend erörtert und ihre Aeußerung
abgegeben habe, daß die letztere nunmehr den beteiligten Mini
sterien zur Beratung vorliege und, wie sie erfahren, von denselben
auch schon in Behandlung genommen sei. Es werde sich daher
empfehlen, das Resultat dieser Beratungen abzuwarten, ehe man
einen weiteren Schritt von seiten des Vereins thue.
Baurat Rheinhard bestätigt, daß der Bericht der Kom
mission zur Beratung in den einzelnen Ministerien vorliege und
den Wünschen der Petenten in wohlwollendster Weise nach Mög
lichkeit Rechnung trage. Er halte daher jedes Eingreifen des
Vereins in den dermaligen Gang der Angelegenheit für den
jetzigen Zeitpunkl als verfrüht und wünsche, daß man die Sache
an eine Kommission verweise.
v. Schlierholz bedauert, daß seitens der Regierungs
baumeister kein formulierter Antrag gestellt worden sei, in welcher
Richtung der Verein seine Thätigkeit in der Angelegenheit ent
falten solle.
Kölle spricht vom Standpunkt der Regierungsbaumeister
aus, man könne es, nachdem bis dahin vom Schicksal ihrer vor
Jahr und Tag abgegangenen Eingabe noch nichts verlautet sei
und auch der Verein, welcher die Sache der Regierungsbaumeister
in dankenswerter Weise zu der seinigen gemacht, bis heute keine
Antwort auf seine Aeußerung erhalten habe, den Regierungsbau
meistern gewiß nicht übel nehmen, wenn sie sich wiederholt an
den Verein, als die einzige Körperschaft, die ihnen nahe stehe
und die als eine ihrer Hauptaufgaben die Wahrnehmung der Bc-
rufsinteressen auf ihre Fahne geschrieben habe, mit der Bitte wende^
die Wege zu beraten, welche etwa einzuschlagen wären, um die in
Stillstand geratene Angelegenheit wieder in Bewegung zu bringen.
v. Schlierholz und Rheinhard protestieren dagegen,
daß die Angelegenheit in Stillstand geraten sei, dieselbe habe
zwar einige Zeit gegen dringende Etatsarbeiten zurückgestellt
werden müssen, es sei aber vieles schon geschehen, es seien die
höher geprüften Bahnmeister unter die Staatsdiener eingereiht,
die Sektionsingenieure abgeschafft, neue Stellen geschaffen, das
seien alles thatsächliche Antworten, welche wohl Anerkennung ver
dienten, und wenn die Frage noch nicht zum Abschluß gekommen
sei, so müsse man dabei auch den Umstand berücksichtigen, dast
dieselbe 4 Ministerien zu passieren habe und daselbst von den
verschiedenen Kollegien behandelt werden müsse.
Schmohl spricht im Namen der Regierungsbaumeister den
Herren von der staatlichen Kommission für ihre Thätigkeit unst