Full text: Versammlungs-Berichte / Württembergischer Verein für Baukunde in Stuttgart (1889/90)

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verloren, welcher der einstigen mit den» Gesamtbau harmonischen 
Ausschmückung innewohnte. Doch durchschritten unsere Besucher 
mit lebhaftem Anteil diese Gemächer, die noch der persönlichen 
uns näher liegenden Erinnerungen viele wachriefen. 
Die lange genußreiche Wanderung durch die unabsehbare 
Reihe von Räumen hatte eine Auffrischung der Kräfte nötig ge- ' 
macht, die in einem nahen Gasthause zu allgemeiner Befriedigung 
herbeigeführt werden konnte, und nach kurzer Rast ging es in 
größeren und kleineren Gruppen dein zierlichen, auch unter Herzog 
Eberhard Ludwig erbauten Landhause der Favorite zu, das 
nördlich vom Schlosse und in der Achse desselben am Ende 
einer geraden Allee von weitem hell aus dem dunklen Hinter 
grund des umgebenden Forstes hervorleuchtet. Höchst originell 
in der Grundrißanlage und lebendig in der äußeren Gliede 
rung der Massen, ist es auch in den Einzelheiten harmonisch 
durchgeführt. Der die Mitte einnehmende Saal ist hoch heraus 
gehoben und oben mit 4 Glorietten auf seinen Ecken bekrönt, 
welche die Plattform begrenzen. Es gewährt dieses Gebäude durch 
die geschwungenen Freitreppen, die auf die Terrasse der Ein 
gangsseite führen, mit der luftigen von Karyatiden gezierten Halle 
unter dem Saal ein Bild von ausnehmender Frische, zumal in 
der friedlichen Umsäumung des Waldes, in welchem ganze Rudel 
von Wild in munterem Durcheinander sichtbar werden. 
Die Einsichtnahme des Innern war nicht möglich, so wün 
schenswert sie, der Sammlung seltener Geweihe des Prinzen Wil 
helm wegen, gewesen wäre, die neuerdings darin zur Ausstellung 
gelangt ist. Der Gang wurde durch den schattigen Park und 
die Pappelallee dein andern Schlößchen Monrepos zu gelenkt, 
das in tieferer Lage, Eglosheim zu, an dem dortigen See ge 
legen ist und anfangs Secgut hieß. Der Herzog Eberhard Lud 
wig liebte dort in einem bescheidenen Gebäude der Wasserjagd 
nachzugehen, aber Herzog Karl ließ an gleicher Stelle durch cko 
la Guepiere das höchst anmutige Gebäude aufführen, das, ein 
Meisterstück innerer scharfsinniger Einteilung, auch im Aeußeren 
den gewandten Architekten zeigt, der durch feine Verhältnisse, 
maßvolle Verwendung gewählter Architekturformen und hübsche 
Verteilung des bildnerischen Schmucks dem koketten Bau ein 
wahrhaft vornehmes Gepräge zu verleihen verstand. Die An 
ordnung des reizenden Vestibüles und des gegen den See vor 
springenden elliptischen Saales, der durch die ganze Höhe des 
Baues geht, die geschickte Raumvertcilung der inneren Gelasse, 
die dem See zu die ganze Stockwerkhöhe haben, nach der Landseitc 
aber durch ein Zwischengebälk darüber die Dienerschaftslokalitäten 
gewinnen ließ, sodann die Anordnung der Terrasse, welche auf 
der Vorder- und Rückseite die Fassade begleitet und gegen den See 
auf einer Bogenreihe ruht, fesselten die Besucher in der mannig 
fachsten Weise. Dieselben zerstreuten sich im ganzen Gebäude, 
ein Teil ruderte nach der im See liegenden Insel, auf der sich die 
von Groß-Hohenheim hieher versetzte Kapelle erhebt. Bald schallte 
der Klang der Glocke des dortigen Turms herüber, und es war 
schwer, die Teilnehmer, die voll Befriedigung an diesem hübschen 
lehrreichen Orte verweilten, zur Rückkehr wieder zu vereinigen. 
Doch kam die Sammlung zu stände, und nach dem Eintreffen 
zu Ludwigsburg scharten sich die etwas ermüdeten Wanderer um 
eine treffliche Bowle. Neugestärkt, in frohester Laune eilten die 
Teilnehmer hierauf dem Bahnhöfe zu und, nach kurzer heiterer 
Fahrt in demjenigen von Stuttgart eingetroffen, suchten hoch 
befriedigt von dem gelungenen Verlauf der Exkursion Damen 
und Herren ihre Penaten wieder auf. 
Zünfte ordentliche Versammlung am 15. Juni 1889. 
Vorsitzender: v. Leins. Schriftführer: Walter. 
Anwesend: 32 Mitglieder. 
Die Aufnahme des Herrn Regierungsbaumeistcrs Buck als or 
dentliches Mitglied des Vereins wird durch den Vorstand mitgeteilt. 
Eingelaufen ist ein Schreiben des Senats der Königl. Aka 
demie der Künste in Berlin mit Prograinm für die diesjährige 
große akademische Kunstausstellung in Berlin und Einladung zu 
zahlreicher Beteiligung. 
Hierauf teilt der Vorstand mit, daß die Jubiläumskommission 
beschlossen habe, einen Wagen zum Fackelzuge auszurüsten mit 
vorhandenen Modellen württembergischer Baudenkmäler, und daß 
der Direktor der Stuttgarter Pferdebahnen, Herr Ingenieur 
Lipken, hiezu in dankenswerter Weise ein Viergespann in Aus 
sicht gestellt habe, was freudige Aufnahme im Verein findet. 
Bauinspektor Kölle macht darauf aufmerksam, daß die 
Stadt gerne bereit sei, den einzelnen Vereinen mit Beiträgen für 
die Ausschmücknngsgegenstände zum Fackelzug an die Hand zu 
gehen, und fragt an, ob schon ein Voranschlag über die mut 
maßlichen Kosten gemacht sei. 
Regierungsbaumeister Wolfs bemerkt, es werden die in 
Aussicht zu nehmenden Kosten die Summe von M. 300 nicht 
wesentlich überschreiten, und erbietet sich bis zum 18. Juni 
Skizzen uild Voranschlag als Grundlage für eine diesbezügliche 
Bitte an die Stadt vorzulegen. 
Nachdem v. Hänel und v. Schlierholz noch möglichste 
Sparsamkeit empfohlen haben und der Vorstand zu zahlreicher 
Beteiligung aufgefordert hat, wird dieser Gegenstand verlassen. 
Sodann verliest der Vorstand einen Brief des heute dienst 
lich am Erscheinen verhinderten Regieriingsbaumeisters Weige 
lin, worin derselbe im Namen der württcmbergischen Regierungs 
baumeister unter Hinsicht auf die in letzter Zeit stattgehabten 
diesbezüglichen Kammerverhandlungen bittet, die Frage betreffend 
Besserstellung der Regierungsbaumeister wiederholt auf die Tages 
ordnung des Vereins zu setzen. 
Die Herren Baudirektor v. Schlierholz und Professor 
Bach entgegnen hierauf, daß die von der Regierung eingesetzte 
Kommission diese Frage eingehend erörtert und ihre Aeußerung 
abgegeben habe, daß die letztere nunmehr den beteiligten Mini 
sterien zur Beratung vorliege und, wie sie erfahren, von denselben 
auch schon in Behandlung genommen sei. Es werde sich daher 
empfehlen, das Resultat dieser Beratungen abzuwarten, ehe man 
einen weiteren Schritt von seiten des Vereins thue. 
Baurat Rheinhard bestätigt, daß der Bericht der Kom 
mission zur Beratung in den einzelnen Ministerien vorliege und 
den Wünschen der Petenten in wohlwollendster Weise nach Mög 
lichkeit Rechnung trage. Er halte daher jedes Eingreifen des 
Vereins in den dermaligen Gang der Angelegenheit für den 
jetzigen Zeitpunkl als verfrüht und wünsche, daß man die Sache 
an eine Kommission verweise. 
v. Schlierholz bedauert, daß seitens der Regierungs 
baumeister kein formulierter Antrag gestellt worden sei, in welcher 
Richtung der Verein seine Thätigkeit in der Angelegenheit ent 
falten solle. 
Kölle spricht vom Standpunkt der Regierungsbaumeister 
aus, man könne es, nachdem bis dahin vom Schicksal ihrer vor 
Jahr und Tag abgegangenen Eingabe noch nichts verlautet sei 
und auch der Verein, welcher die Sache der Regierungsbaumeister 
in dankenswerter Weise zu der seinigen gemacht, bis heute keine 
Antwort auf seine Aeußerung erhalten habe, den Regierungsbau 
meistern gewiß nicht übel nehmen, wenn sie sich wiederholt an 
den Verein, als die einzige Körperschaft, die ihnen nahe stehe 
und die als eine ihrer Hauptaufgaben die Wahrnehmung der Bc- 
rufsinteressen auf ihre Fahne geschrieben habe, mit der Bitte wende^ 
die Wege zu beraten, welche etwa einzuschlagen wären, um die in 
Stillstand geratene Angelegenheit wieder in Bewegung zu bringen. 
v. Schlierholz und Rheinhard protestieren dagegen, 
daß die Angelegenheit in Stillstand geraten sei, dieselbe habe 
zwar einige Zeit gegen dringende Etatsarbeiten zurückgestellt 
werden müssen, es sei aber vieles schon geschehen, es seien die 
höher geprüften Bahnmeister unter die Staatsdiener eingereiht, 
die Sektionsingenieure abgeschafft, neue Stellen geschaffen, das 
seien alles thatsächliche Antworten, welche wohl Anerkennung ver 
dienten, und wenn die Frage noch nicht zum Abschluß gekommen 
sei, so müsse man dabei auch den Umstand berücksichtigen, dast 
dieselbe 4 Ministerien zu passieren habe und daselbst von den 
verschiedenen Kollegien behandelt werden müsse. 
Schmohl spricht im Namen der Regierungsbaumeister den 
Herren von der staatlichen Kommission für ihre Thätigkeit unst
	        

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