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die beiden Strömungen direkt einander entgegengesetzt gerichtet sind.
Dies veranlaßt die Bildung ganz gefährlicher tiefer Wirbel. Hier
könnte Abhilfe geschaffen werden, indem die Uferlinien entsprechend
verändert würden; dadurch würde einerseits diese Wirbelbildung ver
hindert, andererseits der durch das Zusammentreffen dieser Ström
ungen verursachte Rückstau, der jedenfalls nicht unbeträchtlich ist,
beseitigt und schließlich durch vermehrte Geschwindigkeit unterhalb
des Zusammenflusses die Spülung des Flußbetts erleichtert werden.
Zwischen Hei-ku und Ting-chi-ku sind an der Straße nach
Peking 3 Holzbrücken (mit 2 Mitteljochen) von etwa 12 m Weite,
welche an der Westseite mit einem Ueberfallwehr versehen sind. Diese
sind bestimmt, das Wasser der überschwemmten Ebene — vom
Ta-ching-ho oder Hun-Ho her — dem Pei-Ho wieder zu
zuführen.
Oberhalb Ting-chi-ku war an einer solchen Stelle der Straßen
damm durchbrochen auch ein Telegraphenpfahl umgerissen. Das
Wasser strömte durch diesen Bruch mit erheblicher Geschwindigkeit in
den Pei-Ho hinein. Das hier einströmende Wasser wird sowohl
vom Hun-Ho herrühren, als auch Wasser vom Pei-Ho sein, welches
den rechten Uferdamm weiter oberhalb durchbrochen hat. Der größte
Dammbruch war auf dem linken Ufer des Pei-Ho bei Ma-chuang-ye,
etwa 1,5 Um unterhalb Pei-tsang. Unterhalb des Dorfes hatte
ein ungefähr 25 m breiter tiefer Dammbruch stattgefunden, der auch
Häuser weggerissen hatte; oberhalb des Dorfes war ein niederer un
gefähr 100 m langer Dammbruch. Dieses Wasser überschwemmt
die Ebene nordöstlich von Tientsin, findet wahrscheinlich seinen
Abfluß nach der French march und von dort vermutlich nach dem
Flußgebiet des Pei-hang-ho.
Zwischen dem Dammbruch auf dem rechten Flußufer oberhalb
Ting-chi-ku und dem Dammbruch bei Ma-chuang-ye auf dem
linken Ufer fand nun die eigentümliche Erscheinung statt, daß das
Wasser stromaufwärts floß: der Wasserspiegel hatte sich an der
Dammbruchstelle bei Ma-chuang-ye offenbar so erniedrigt, daß eine
Stromrichtung in der dem Flußlauf entgegengesetzten Richtung statt
finden mußte. Diese Strömung war allerdings nicht stark — viel
leicht 0,2 m in der Sekunde — aber sie war ganz deutlich zu
beobachten: das Wasser des Pei-Ho, wie wahrscheinlich eines Teils
des Hun-Ho findet daher seinen Abfluß nicht mehr durch die Pei-Ho-
Mündung, sondern durch den Pei-tang-ho.
Die Straße nach Peking hatte noch verschiedene Dammbrüche,
so bei Tsa-p'eng einen längeren, etwa 100 m langen Bruch,
bei Tao-hua-k'on, Chas-chuang-tze, an welchem das Wasser
überall in den Pei-Ho hereinströmte. Dagegen war unterhalb
Lao-mi-tien ein Dammbruch auf dem rechten Ufer, durch welchen
das Wasser mit erheblicher Geschwindigkeit in den Pei-Ho hinaus
floß. Weitere Dammbrüche oberhalb fanden sich nicht mehr. Das
Ueberfallwehr oberhalb Jang-tsun, das etwa 20 m breit ist, trug
wesentlich zur Entlastung des Pei-Ho bei; doch kann ich den Weg,
den das Wasser durch diesen Ablaufkanal nimmt, nicht bestimmen;
vermutlich geht es auch in die French march.
Eine ungefähre Berechnung der Stromgeschwindigkeiten aus
der Differenz der Fahrzeiten der Thal- und Bergfahrt, ergiebt fol
gende mittlere Stromgeschwindigkeiten:
zwischen dem Ueberfallwehr 10 Um oberhalb Uang-tsun und
Aang-tsun: v — 1,25 m in der Sekunde (2,4 Knoten):
zwischen Jang-tsun und Pei-tsang:
v — 1,04 m in der Sekunde (2,02 Knoten);
zwischen dem Dammbruch bei Ma-chuang und dem Dammbruch
oberhalb Ting- ch i-ku: v — 0,2 m in der Sekunde (0,4 Knoten),
flußaufwärts gerichtet;
vom Hun-Ho bis zum Kaiserkanal:
v — 1,45 m in der Sekunde (2,82 Knoten).
Die Geschwindigkeiten bei der Militärschule Tientsin wurde
von mir mit Schwimmern bestimmt (s. oben) zu
V — 2,24 m in der Sekunde (4,35 Knoten).
Peilungen ergaben sehr verschiedene Fahrwassertiefen, z. B. bei
Tin g-chi-ku 14 Fuß bei H sin-pa-k'on und Tu-k'on über 14 Fuß,
beiHan-k'on 11 Vs Fuß, beiMa-chin-k'on8VsFuß, Lao-mi-tien
7V 2 und 14 Fuß, Jang-tsun über 14VrFuß, ein Beweis für die
unregelmäßige Ablagerung der Sinkstoffe auch auf diesen Strecken.
Die Höhe des Dammes über Wasser war sehr verschieden, sie
betrug oft nur noch Vs m, an manchen Stellen war die Bevölkerung
mit Uferschutzarbeiten beschäftigt, welche im Anbringen von Stroh
matten, mit Erde gefüllten Säcken, Einschlagen von Pfählen und
Schilffaschinen, im Einhängen abgehauener Weidenbäume bestanden;
letzteres Mittel ist im allgemeinen sehr wirksam. Die Dämme sind,
wie bei allen chinesischen Erdarbeiten, viel zu steil angelegt; für
Stromgeschwindigkeiten, wie sie hier vorkommen, bedarf es, abgesehen
von concaven Ufern an sehr scharfen Biegungen — keiner weiteren
Befestigung, als einer bewachsenen, flach gehaltenen Böschung, bei
welcher für gute Unterhaltung des Gras(Schilf-)wuchses Sorge zu
tragen ist. An einigen Stellen sieht man auch die Reste früherer
Uferdämme, welche früher die Begrenzung des Ufers bildeten, dann
durchbrachen und durch einen neuen Damm ersetzt wurden: diese alten
Dämme, welche zum Teil die neuen Uferlinien fast unter rechten
Winkeln schneiden, bilden natürlich ein Hemmnis für den Durchfluß
des Hochwassers im neuen Bett.
In den Straßen von Tientsin (chinesische Stadt) stand am
18. Juli das Wasser zum Teil l 1 / 2 -2 Fuß hoch und stand teilweise
in den Werkstätten und Läden, was aber die Inwohner nicht hinderte,
mit größter Gemütsruhe das Geschäft in der bisherigen Weise fort
zuführen.
2) Am 19. Juli an die Dammbrüche am Arsenal-
Creek (östlich von Tientsin).
Der Kanal nach Lu-tai hatte eine Strömung gegen Osten,
also in das Abflußgebiet des Pei-tang-ho, die mittlere Ge
schwindigkeit dürfte etwa v — 1 m in der Sekunde betragen. Bei
dem Ort Ta-chuang-ye zweigt in südlicher Richtung das sogen.
Arsenal-Creek ab, an dessen westlichem Damm 4 Dammbrüche
erfolgt waren; der nördlichste davon, der größte, war etwa 10 m
breit. Die Geschwindigkeit des Wassers im Arsenal-Creek be
trug vom Ln-tat-Kanal weg nur etwa s /s m, während am Arsenal
am 21. Juli im Arsenal-Creek eine Geschwindigkeit von 1 m
gegen diese Dammbrüche hin, aus dem Pei-ho heraus, gemessen
wurde. Durch diese Dammbrüche wird das Terrain zwischen dem
Kanal nach Lu-tai, dem Stadtwall und der Straße nach denn
östlichen Arsenal allmählich mit Wasser angefüllt, welches von hier
keinen Auslauf haben kann. Oestlich vom Arsenal-Creek war
nichts überschwemmt, aber es hat gerade diese Gegend sehr durch
die Heuschreckenschwärme gelitten.
3. Am 21. Juli dem Wei-ho (Kaiserkanal) entlang
bis Aang-lin-chin, zu Pferde.
Nördlich des Kaiserkanals in der ganzen Gegend ein See, aus
dem sich nur die Bäume längs des Hs in-hei-ho abhoben. Die
nördlichen Dämme des Wei-ho waren mehrfach durchbrochen, und
der Wei-ho bildete so mit dem überschwemmten Gebiet eine zu
sammenhängende Wasserfläche.
Die südlichen Dämme des Wei-ho hatten noch nicht nach
gegeben, doch waren sie vielfach schon stark angegriffen: teilweise
war die Bevölkerung durch ausgesteckte Fahnen aufgeboten, an der
Befestigung der Dämme mit den oben genannten Mitteln zu arbeiten.
Geben diese Dämme nach, so wird das ganze große Gebiet süd
westlich von Tientsin unter Wasser gesetzt, wie dies im Jahr 1890
der Fall war; die Strömung im Wei-ho war sehr klein; oberhalb
Yang-lin-ching wurde v — */s m gemessen, hier war der Wei-ho
außerordentlich trübe; bei der kleinen Geschwindigkeit werden also
vermutlich hier sehr viele Sinkstoffe zum Absatz kommen.
4. Am 23. Juli auf dem rechten Ufer des Pei-ho
nach Taku, zu Pferde, zurück auf dem linken
Ufer mit der Bahn.
Ueberschwemmungen hatten hier nur in ganz geringem Um
fange stattgefunden; zwischen Chen-wang und Hsin-chsian mußte
die Straße durch einen etwa 1 m erhöhten Damm gegen das
Pei-ho-Wasser geschützt werden. Eine Anzahl kleiner Kanäle wird
an der Straße mit kleinen Brücken überschritten.
Bei Iang-ma-t'on wird eine neue Schleuse gebaut für den
von Ba-li-t'ai neu erbauten Kanal: die Ausführung geschieht ganz
in Granitquadern (Granit vom Lin-li-ho, südwestl. von Peking).
Der Kanal ist bestimmt, die Ebene südwestlich von Tientsin
zu drainieren: vermutlich wegen des Schlensenbaues ist der Kanal