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für die Ortpfeiler fester Tuff, Kiesfels, Kies und darunter
Letten angefahren wurden, zeigten die Baustellen für die Zwi
schenpfeiler unter losem Sand und Kies mächtige Lettenlager,
und erst in 9 bis 10 m Tiefe feste Mergelbänke von beträcht
licher Mächtigkeit. Hiermit war die Grundlage für den Grün
dungsplan vollständig verändert, und es war um so nötiger
geworden, die Durchflussweite thunlichst zu beschränken,
wenn die Baukosten nicht ins ungemessene wachsen sollten.
Die teuere Gründung der Zwischenpfeiler zwang zu mög
lichster Verringerung ihrer Zahl, also zu grossen Spann
weiten für die Brücke. Für den Oberbau der letzteren
schien nur eine Konstruktion empfehlenswert, bei welcher
die tragenden Teile Fahrbahn und Nebenwege nicht trennen:
man war sonach auf Bogenkonstruktionen angewiesen. Für
eine weitgespengte Bogenbrücke schien Pfahlfundation in
einem mit Sauerwasser durchtränkten Grunde, der Tannen
holz erfahrungsgemäß gefährlich wird, nicht rätlich; bei der
bis zu 10 m reichenden Fundationstiefe konnte daher eine
Luftdruckgründung in betracht kommen.
Die Bogenbrücke selbst wurde als Stein- oder als
Stahlbrücke entworfen, je mit 5 Bogen bis zu 50 m
Spannweite und etwa Vio Pfeilhöhe. Die Bogenbrücke
wurde nach Leibbrand 'schern System mit 3 Gelenken be
arbeitet; ihre Abmessungen wurden im Anschluss an die
neuesten Leibbrand’schen Ausführungen im Murr- und Enz-
thal so kühn als möglich gewählt, um die Brücke bei voller
Sicherheit so billig als thunlich bauen zu können; das Wölb
material — bunter Sandstein von Waldsindlingen — sollte
bis auf 60 kg/qcm in Anspruch genommen, die Bögen in
5 Ringen neben einander gewölbt werden. Für die Stahlbrücke
war basisches Martinflusseisen in Aussicht genommen mit
einer Inanspruchnahme bis zu 1000 kg/qcm. Die Kosten
einer 15,5 m breiten Brücke waren für Stein auf 1200 000 «/Ä,
für Flusseisen auf 1400000 ^ berechnet; auf Gründungen
entfielen hierbei 380000 JL. Beachtenswert ist hierbei, dass
die Kosten der neuen Steinbrücke 315 ^ für 1 qm Brücken
tafel betragen haben würden, während die 60 Jahre zuvor er
baute Wilhelmsbrücke 310 JL, also nur 4 pCt weniger ge
kostet hat. Der Verfasser des Planes glaubte jedoch vor
schlagen zu sollen, man möge der Brücke 18 m statt 15,5 m
Breite geben, damit auf ihr nicht nur ein, sondern zwei
Pferdebahngleise gelegt werden können und der Verkehrszu
nahme auf lange Zeit hinaus Rechnung getragen werde; der
hiermit verbundene Mehraufwand wurde zu 100000 Jl be
rechnet. Nach längeren Verhandlungen mit den Städten Stutt
gart und Cannstatt, bei welchen seitens der ersteren Geneigt
heit bestand, für die neue Brücke den Schwanenplatz in Berg
als Ausgangspunkt zu beanspruchen, einigte man sich aller
seits darüber, dass die bisher staatlicherseits gewählte
Brückenbaustelle, welche einen überaus schönen und zweck
mässigen Anschluss der durch die königlichen Anlagen zu
führenden Cannstatterstrasse an die neue Brücke ermöglichte,
beibehalten werden solle; die Ansteigungen gegen die Brücken
mitte wurden auf der Stuttgarter Seite zu 1 pCt, auf der
Cannstatter Seite zu 2 pCt, die Brückenbreite zu 18 m fest
gesetzt und bestimmt, dass auf der Cannstatter Seite eine
nahezu ebene Verbindung vom Brückenende zum Bahnhof
Cannstatt zur Ausführung gelange. Die Baarbeiträge der
Interessenten, nämlich der Städte Stuttgart und Cannstatt,
der Amtskörperschaft Cannstatt und der Kgl. Eisenbahnver
waltung, erreichten nun die Summe von 290000 JL bei
1 300000 ^ Gesamtaufwand.
Die Stände genehmigten im April 1891 eine erste hälf
tige Rate zum Brückenbau von 500000 JL, ohne — selbst
verständlicherweise — die Regierung über die Art und Weise
der Ausführung der Brücke zu binden. Die Bauverwaltung
nahm zunächst die Ausführung der Steinbrücke in Aussicht.
Die Gründungsarbeiten im Betrage von 391000 ^ konnten
Ende August 1891 an Holzmann & Cie. in Frankfurt und
Jooss & Cie. in Stuttgart vergeben werden. Die Arbeiten
sind seither in regem Gange. Eine 535 m lange, 2 Gleise
tragende Holzbrücke führt vom Bahnhof Cannstatt zu den
Arbeitsstätten. Der linksseitige Ortpfeiler konnte mit voll
ster Sicherheit auf festem Tuff und darunter liegendem Kies
fels und Kies gegründet werden. Der rechtseitige Ortpfeiler
brachte jedoch eine leidige Täuschung, indem der daselbst
angefahrene Kiesfels sich nur auf die Hälfte der Baugrube
erstreckte; in der anderen Hälfte fand er seine Fortsetzung
durch schlammigen Kies; darunter lagerte 1,8 bis 2,8 m mäch
tiger Kies auf Letten. Auf solchem Grund konnte ein
sicherer Stützpunkt für eine die Fundamentsohle mit 5 kg/qcm
pressende Steinbrücke nicht gewonnen werden; Pfähle bieten
keinen genügenden Ersatz für Fels; es wäre daher nur mög
lich gewesen, auch hier mit Luftdruck 9 m tief bis auf die
festen Mergel zu gründen, was einen Mehraufwand von
100000 JL zur Folge gehabt hätte. Hierzu standen keine
Mittel zur Verfügung; man entschloss sich deshalb ohne wei
teres zur Ausführung der Stahlbrücke, nachdem die
Eisenpreise seit der erstmaligen Aufstellung des Voran
schlages um 25 pCt zurückgegangen waren. Eine Stahlbrücke
drückt den Baugrund (Kies) des rechten Ortpfeilers nur mit
3 kg/qcm, und hierfür ist er tragfähig genug.
Die Gründung der Zwischenpfeiler mittels Luftdruckes
nahm inzwischen ruhig ihren Fortgang. Sie ist nichts unbedingt
neues, sie wird nur zum erstenmal in unserem Lande ange
wendet. Im Jahre 1859 führte Fleur-Saint-Denis an der Rhein
brücke bei Kehl zum erstenmal eine Brückengründung mit
Caissons oder eisernen Senkkasten aus; seither haben sich
insbesondere Gärttner in Wien, Zschocke in Paris und
Holzmann in Frankfurt auf dem Kontinent um weitere
Ausbildung des Verfahrens verdient gemacht.
Der eiserne Senkkasten eines Flusspfeilers ist 26,7 m
lang, 6,8 m breit, 3,5 m aussen, 2,5 m im Lichten innen hoch;
er wiegt rd. 50 t und ist aus Eisen- oder Stahlblech her
gestellt. Die Umfassungswände sind keilförmig und haben
unten eine starke, durch einen Gussklotz und eine 15 mm
dicke Stahlplatte verstärkte Schneide; das tragende Eisenge
spärre des Senkkastens liegt im Arbeitsraum, ohne die Ar
beiten daselbst zu behindern. Auf dem Senkkasten, in der
Mitte der durch 32 cm hohe Walzeisen verstärkten Blech
decke von 7 mm Stärke, erhebt sich ein eiserner Schacht von
88 cm Weite, der zum Durchgang der Mannschaft, zum
Heben des ausgegrabenen Bodens und zum Einbringen des
Füllbetons dient; er ist mit Steigleiter und Aufzug versehen;
am unteren Ende befindet sich eine Verschlussklappe. Auf
dem Senkkasten sitzt eine kubische Arbeitskammer von 1,9 m
Weite mit 12 mm dicken gebogenen Blech Wandungen; an der
Decke derselben befindet sich eine kleine Vapferdige Druck
luftmaschine zum Heben und Ablassen des Materials. Von
der Arbeitskammer führt eine 50 X 80 cm grosse, mit Kaut
schukdichtung versehene Thür zu der angebauten Mann
schaftsschleuse, die 1,7 m lang, 1,7 m hoch und 0,45 m breit
ist und Raum für 3 Mann bietet; aus der Schleuse führt eine
ebensolche Thür ins Freie. Auf dem Boden der Arbeits
schleuse sind 2 Klappen von 0,35 m Dmr. angebracht, an
welche sich senkrechte Röhren von 1,5 m Länge und 0,45 m
Weite anschließen, die unten durch nach aussen aufschlagende,
mit Verschlussschrauben versehene Thüren von 0,3 m auf
0,7 m versehen sind. Diese Röhren, »Hosen« genannt, dienen
zum Ausschleusen des ausgegrabenen, in Eimern gehobenen
Bodens. Soll Beton in den Senkkasten eingebracht werden,
so werden die Hosen an Stützen im Innern der Arbeitskam
mer angeschraubt, welche sich an der Decke der letzteren
befinden. Der Senkkasten der Flusspfeiler hängt an starken
Holzgerüsten mittels 12 Schrauben von 80 mm innerem
Durchmesser, an die sich Ketten anschließen. Die Luftbe
schaffung erfolgt mittels zweier Kompressoren mit Wasser
kühlung, die zusammen in 1 Stunde 410 cbm atmospärische
Luft in den Arbeitsraum pressen. Da der Luftraum des
Senkkastens 320 cbm fasst, der Verlust durch Mannschafts
und Materialschleusungen in der Stunde nur 4,5 cbm beträgt,
so bleibt eine stündliche Luftzufuhr von 315 cbm, was einer
Vamaligen Lufterneuerung bei 1 Atm. Ueberdruck entspricht.
Die Luft im Senkkasten ist thatsächlich sehr rein und frisch;
sie hat meist 17,5° C. Zwei Lokomobilen von 40 PS treiben
die Kompressoren. Die Luftzuleitung zur Arbeitsstelle er
folgt in 62 mm weiten Gussrohren mit Kautschukmuffendich
tung. Am Pfeiler wird die Luft in drei Schmiedeisenröhren
verteilt, von denen zwei zur Decke des Senkkastens und eine
zur Luftmaschine führen. Kautschukrohre mit Drahtspiral
einlagen ermöglichen das Senken des Senkkastens ohne