Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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I-förmigem Profil überspannt werden. Die Brücke wird, mit 
Ausnahme der Nieten, aus basischem Martinflusseisen (Stahl) 
hergestellt; zu ersteren wird Sch weisseisen verwendet. Die 
Konstruktion ist einfach und klar, kein Eisen wird gekröpft, 
sämtliches Eisenwerk ist vollständig zugänglich. Die mit den 
bisherigen Lieferungen von Martinflusseisen vorgenommenen 
umfassenden Versuche bei der Abnahme haben durchaus gute 
Ergebnisse geliefert: Die Streckgrenze bewegt sich zwi 
schen 2430 bis 3080 kg/qcm, die Bruchzugbelastung von 3710 
bis 4480 kg/qcm, die Dehnung von 25 bis 37 pCt. Biege- und 
Ausbreitungsproben der von der Gutehofthungshütte und Bur 
bach (Dillingen) kommenden Materialien sind tadellos. 
Die Entwürfe für die Architektur sind der Bedeutung 
des vorliegenden Bauwerkes entsprechend: Mächtige Pylonen 
mit davorsitzenden Figuren (Landwirtschaft, Industrie, Kunst 
und Macht) heben die Zugänge zur Brücke bedeutsam hervor; 
auf die Insel und den Wasen führen bequeme, auf Bogen 
ruhende Freitreppen von der Brücke herab; sie sind mit 
mächtigen Vorköpfen gegen den Eisstoss in der Form von 
Schiffsschnäbeln ausgerüstet. Flussab sind zwei Unterbauten 
zur Aufstellung von Standbildern in Aussicht genommen. Hier 
wäre die Möglichkeit gegeben, für ein Denkmal König Karls, der 
ein so lebhaftes Interesse für den Brückenbau bezeugte, einen 
würdigen Standort zu gewinnen; sähe am zweiten Postament 
auf dem Treppenpfeiler des Wasens das Standbild des Königs 
Wilhelm I. auf das von ihm in’s Leben gerufene Volksfest, 
so wäre wohl auch ein würdiger Mittelpunkt des letzteren 
gewonnen. Und so würde die Brücke ganz von selbst zur 
»Königsbrücke« werden. Die Flusspfeiler sind einfacher ge 
halten: schlanke scharfe Vorköpfe schützen gegen Eisstoss, 
eiserne Aufsätze können Beleuchtungszwecken dienen. Der 
Steinbau der Brücke soll aus besten Buntsandsteinen auf 
Granitsockeln hergestellt werden. Das Eisenwerk wäre leicht 
zu zieren und mit rötlichem Farbanstrich zu versehen. Ein 
kräftiges schmiedeisernes Geländer hätte die Gehwege zu 
säumen. Die mit vorzüglicher Auffassung von Lambert und 
Stahl gemalte Ansicht giebt im ganzen ein zutreffendes Bild 
von der äusseren Erscheinung der Brücke. 
Werden die Anschlüsse der Strassen an die Brücke auf 
Cannstatter und Stuttgarter Seite in der geplanten grossartigen 
Weise ausgeführt, so steht zu hoffen, dass das bis zum Volks 
fest des nächsten Jahres fertige Bauwerk nicht bloss dem 
Verkehr unendlich dienlich sein wird, sondern dass es auch 
diejenigen erfreut, die bei der Lösung grösserer staatlicher 
und kommunaler Aufgaben nicht nur Befriedigung des prak 
tischen Bedürfnisses, sondern auch Rücksichtnahme auf das 
Schöne erwarten. 
Der Redner gedenkt noch mit herzlichen Dank- und Anerken 
nungsworten aller seiner technischen und administrativen Mit 
arbeiter. 
Der Vorsitzende dankt dem Redner und beglückwünscht ihn 
anknüpfend an die betreffenden Auseinandersetzungen im Vortrage 
namens des Vereines, dass es ihm gelungen, der Technik auf dem 
Gebiet des Baues steinerner Brücken einen neuen Weg zu weisen'), 
und giebt der Freude darüber Ausdruck, dass es gerade ein württem- 
bergischer Ingenieur ist, der diesen Erfolg zu verzeichnen habe. 
Br. Oberbürgermeister Nast als Vertreter Cannstatts, fasst seinen 
Dank in einem Hoch auf den erfolgreichen Verfasser des Brücken 
baues Hrn. v. Leibbrand zusammen, in welches die Anwesenden 
herzlich einstimmen. 
') Z. 1885 8. 629; Zeitschrift für Bauwesen 1890. 
Kommissionsverlag und Expedition der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure: Julius Springer, Berlin N. 
A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 45/46.
	        

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