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liegt glücklicherweise nicht im Temperancestaat Kansas, sondern in
Missouri), St. Louis, Washington, Philadelphia nach New-Aork zu
rück. Die letztgenannten Städte grenzen schon an den Süden Nord
amerikas, den ich leider nicht besuchen konnte; der südliche Charakter
des Landes spricht sich schon in der Vegetation aus, auch in dem
häufigen Auftreten der Neger, die in allen Nuancen zu sehen sind.
Für die Reise von New-Iork nach Antwerpen hatte ich schon in
St. Louis Platz auf dem Rhynland genommen, aber der Mensch
denkt und Gott lenkt: Mein Freund Stickel machte mich mit einer
Weinkneipe in der 3. Avenue bekannt, die mir so gefiel, daß ich mich
nicht losreißen konnte und meine Karte auf das in 8 Tagen abgehende
Schiff Westernland umschreiben ließ (mit 15 Dollars Aufgeld);
es hat mich nicht gereut, diese 8 Tage noch zu genauerer Besich
tigung New-I)orks und seiner Umgebung zur Verfügung zu haben.
Nach lltägiger Ueberfahrt bin ich wieder in Antwerpen eingetroffen
und am 11. Oktober wohlbehalten wieder in Stuttgart angekommen,
womit meine Reise und heute mein Vortrag sein Ende finden möge.
Die ganze auf meiner Reise mit Bahn und Dampfschiff durch
fahrene Strecke beträgt:
Stuttgart—Antwerpen und retour 1 272 Um
Seefahrt 6686 Seemeilen... 12 369 „
Eisenbahnen in Amerika . . 14 079 „
27 720 lern,
nahezu 0,7 des Erdumfangs am Aequator.
Aussiige aus technischen Zeitschriften.
(Der Zeitschrift des Hannoverschen Vereins entnommen.)
Nicaragua - Kanal (f. Zeitschr. des Hannov. Vereins 1893, <3. 382);
allgemeine Beschreibung der Verhältnisse, der Verbindung der großen
Ozeane und der physikalischen und politischen Geschichte des Kanales.
(Engineering 1893, I, 6. 209-210, 243-245, 276-277.) — Man warnt
die Vereinigten Staaten von Nordamerika, eine Bürgschaft für die zum
Kanal erforderlichen Gelder zu übernehmen, bevor nicht die Ausführbarkeit
des Kanales technisch und zu den zu 425 Mill. Ji. veranschlagten
Kosten vollständig sicher festgestellt ist. (8cient. American 1893, I,
S. 146—147.). — Reisebemerkungen über den Nicaragua- und Panama-
Kanal. (8cient. American. 1893, I, S. 119.)
Zement-Untersuchungen. Der schädliche Einfluß von Mecr-
wasser auf Zementmörtel scheint hauptsächlich durch die mechanische
Einwirkung des Wellenschlages veranlaßt zu sein. Magnesia im
gebrannten Zement (s. Hannov. Zeitschr. 1892 S 689) ist bis zu einem
Gehalte von 3 °/o unschädlich, auch bei 5 °/o konnten nach zweijähriger
Versuchsdaucr schädliche Einflüsse nicht wahrgenommen werden. Nach
Dr. Kosmann beruhen die Treiberscheinungen bei stark magnesia-
haltigem Zement darauf, daß die geringere chemische Energie des
Magnesiumoxydes dem Calciumoxyde gegenüber unter Umständen eine
vollständige Verbindung mit der Kieselsäure verhindern kaun. —
Die Bindezeit von Portland-Zement ist abhängig von der Temperatur
des Zementes, der Luft und des Wassers sowie von der Größe des
Wasserzusatzes. Mit der Zunahme des letzteren und mit abnehmender
Wärme verzögert sich die Abbindung und umgekehrt. Ein Maßstab
für die Größe des Einflußes fehlt; daher wird empfohlen, die Be«
dingungen der Prüfung denen der praktischen Verwendung möglichst
anzupassen. — Durch längeres Lagern wird Zement, welcher durch
Gypszusatz langsambindend gemacht war, schnellbindenv. Bei einer
Probe ging die Abbindezeit des frischen Zementes von 50r Stunden
nach 5 Monaten auf 18 Minuten zurück. — Ein Zement, welcher,
mit 3 Theilen Sand und 13 °/o Wasser angemacht, schon nach
15 Minuten band, wurde langsambindend (2 Stunden), wenn er
zunächst mit 3 Th. Sand und 3 °/o Wasser angemacht wurde und
weitere 10 °/o Wasser erst nach 10 Minuten zugegeben wurden. —
Raumänderungen beim Erhärten an der Luft treten im Allgemeinen
bei solchen Zementen auf, die eine geringe Festigkeit besitzen.
(Protokoll der Verhandlungen des Ber. deutsch. Portland-Zement-
Fabrikanten 1893.)
Verschiedenes.
In der Buchhandlung von E. Speidel in Zürich ist soeben
das 6. Heft der Mitteilungen der Anstalt zur Prüfung von Bau
materialien am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, enhaltend:
Methoden und Resultate
der Prüfung der hydraulischen Bindemittel,
zusammengestellt von Professor L. Trtmajer,
erschienen.
Naivlings Nottreppe. So viele Vorrichtungen zur Rettung
von Personen aus brennenden Gebäuden auch schon vorgeschlagen
worden sind, der sicherste Weg zur Rettung bleiben immer zweck
mäßig angelegte Nottreppen an verschiedenen Stellen des Gebäudes.
Eine Notwendigkeit sind solche Anlagen besonders bei Theatern,
Fabriken, Krankenhäusern und anderen Gebäuden, in denen be
stimmungsgemäß viele Menschen verweilen. Nun nehmen aber die
Nottreppen einen verhältnismäßig großen Platz ein und machen dem
Architekten Schwierigkeiten, weil sie oft unter Hintansetzung anderer
Rücksichten in den Bauplan aufgenommen werden müssen. Raw-
lings Nottreppe ist nach einer Mitteilung des Patentbureau von
Otto Wolfs in Dresden derart eingerichtet, daß sie für ge
wöhnlich keinen besonderen Raum beansprucht. Die Treppe besteht
aus einzelnen leiterartigen Stücken, deren Länge der Stockwerkshöhe
entspricht. Diese Leitern liegen im Nichtgebrauchszustande flach unter
den Zimmerdecken, bczw. in Vertiefungen an denselben und sind an
einem der Tragbalken gelenkig befestigt, so daß sie herabgelassen mit
ihrem Fußpunkt den Boden des Zimmers berühren. Die Unterseite
der Leiter kann derart verkleidet sein, daß der architektonische Ein
druck der Zimmerdecke im Nichtgebrauchszustande nicht gestört wird.
Oberhalb der Leiter befindet sich in der Zimmerdecke eine Oeffnung,
die für gewöhnlich durch eine Fallthür verschlossen wird. Die Fall
thür ist mit der Leiter durch ein Gestänge, das zugleich ein Geländer
bildet, derart verbunden, daß beim Herablassen der Leiter die Fall
thür nach oben aufklappt, wodurch Unfällen vorgebeugt wird. Die
Auslösung der Leitern, welche so ausbalanciert sind, daß sie sich ganz
langsam herabsenkcn, geschieht durch Drahtleitungen. An der Wand
eines jeden Zimmers befindet sich eine gläserne Glocke, welche den
Handgriff zur Bethätigung der Drahtleitungen umschließt. Erst nach
Zerschlagen dieser Glocke kann man zu dem Handgriff gelangen,
dann genügt aber auch ein Druck, um die Auslösung herbeizuführen;
hierbei wird zugleich ein elektrisches Alarmwerk in Thätigkeit gesetzt.
Für diese Einrichtung spricht, daß sie im Notfälle von den Haus
bewohnern in Thätigkeit gesetzt werden kann, daß sie keinerlei bau
liche Veränderungen im Gebäude voraussetzt und daß keine maschinellen
Vorrichtungen, bei denen ein Versagen zu befürchten wäre, zur Be
thätigung erforderlich sind.
Herausgegeben vom Älürttemb. Verein für Vaukunde. Für denselben: Cberbaurat a. 51. v. Vrockrnann. — Druck von Alfred Müller & Co. — Verlag von %. iUsife'e
Hofbuchhandlung, sämtlich in Stuttgart.