Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

Das Gutachten, welches auf Anlaß eines vom K. Prcuß. Mi- 
nisterium der öffentlichen Arbeiten an den Verband gerichteten An 
suchens über den Entwurf zu einem preußischen Wassergesetze ab 
gegeben ist, wird von der Versammlung angenommen. Der von dem 
ostpreußischen Verein gestellte Antrag, welcher sich im Hinblick auf 
den nahe bevorstehenden Erlaß eines neuen Organisationsgesetzes für 
die Behörden der preußischen Wasserbauverwaltung mit den vom Ver 
bände zu erstrebenden Amtsbezeichnungen der Wasserbanbeamten be 
faßt, soll den preußischen Vereinen zur Begutachtung vorgelegt 
und das Ergebnis dem zuständigen Ministerium vorgelegt werden. 
Als Gegenstand für den nächstjährigen Arbeitsplan wird die Frage 
aufgestellt, welche Bezeichnung den akademisch gebildeten Technikern 
nach Ablegung der Staatsprüfung beizulegen ist. 
Hinsichtlich der Sammlung von Erfahrungen über die Feuer 
sicherheit der Baukonstruktionen wird unter Hinweis auf die erheb 
lichen Schwierigkeiten in der Bearbeitung dieses Gegenstandes be 
richtet, daß die betreffende Schrift erst in Jahresfrist druckfertig sein 
werde; die in Hamburg angestellten Versuche sind abgeschlossen. In 
den betreffenden Ausschuß ist Herr Graßmann an Stelle des aus 
getretenen Herrn Mühlke aufgenommen. 
In den Ausschuß für die Feststellung der Regenniederschläge in 
Deutschland wird an Stelle des wegen Krankheit ausgetretenen Vor 
sitzenden Hübbe Herr Andr. Meyer (Hamburg) gewählt. Es wird 
die noch immer nicht gehörig gewürdigte Wichtigkeit dieses Gegen 
standes hervorgehoben und beschlossen, daß den Einzelvereinen besonders 
die Anstellung praktischer Beobachtungen empfohlen werden soll. 
Ueber die Arbeiten, betreffend die Darstellung der Eiuwickelungs- | 
geschickte des deutschen Bauernhauses, wird berichtet, daß Verhand- . 
lungen mit den österreichischen Architekten- und Ingenieur-Vereinen an 
geknüpft und von denselben Beteiligung an diesen Arbeiten zugesagt 
sei. Auch mit schweizerischen Vereinen sollen solche Verhandlungen 
angestellt werden. Dabei wird als Bedingung angenommen, daß 
jeder Teil seine Kosten selbst trägt, daß ein aus dem zu veröffent 
lichenden Werk sich ergebender Gewinn nach der gelieferten Bogenzahl 
vcrleill wird und daß jedem Mitarbeiter das Autorrecht gewahrt 
bleiben, jedoch kein Anrecht auf den aus dem Werk sich ergebenden 
Gewinne gewährt werden soll. Die Leirung der Arbeiten wird einem 
Ausschüsse übertragen, bestehend aus 3 Deutschen, 2 Oesterreichern und 
I Schweizer; gewählt werden als Deutsche Lutsch (Breslau), 
Schäfer (Karlsruhe), Fritsch (Berlin); für den Fall einer Ab 
lehnung der Wahl werden als Ersatzmänner gewählt: Pfeifer 
(Braunschweig), Bargum (Wiesbaden), v. Bezold (Nürnberg), 
A d a m i (Darmstadt), Or. Paulus (Stuttgart). Zur Regulierung 
der finanziellen Frage (Kosten der Herausgabe des Werkes) wird be 
schlossen, daß zunächst aus den verfügbaren Mitteln des Verbandes 
ein Vorschub in Erwartung der Rückerstattung geleistet und die Fest 
stellung der Kosten dem Ausschuß übertragen werden soll, worauf 
das Weitere zu beschließen sein wird. 
Hinsichtlich der Frage, betreffend den weißen Ausschlag auf 
Ziegelmauerwerk, sollen die durch Umfrage bei den Einzelvereinen 
erhaltenen Erfahrungsergebnisse vom Lübecker Verein zusammengestellt 
und darauf in die Verbandsmitteilungen aufgenommen werden. 
Die Frage der Zonenbauordnung wird als erledigt erklärt, da 
die Bestrebungen des Verbandes durch die in einigen Städten bereits 
bewirkte, und in andern sicher bevorstehende Einführung dieser Bau 
ordnung im wesentlichen erfüllt sind. 
In Betreff der Zwangsumlegung städtischer Grundstücke be 
schließt die Versammlung, da für diesen Gegenstand eine gesetzliche 
Regelung nach Ablehnung des betreffenden A d i ck e s schen Entwurfes 
erst recht wichtig sei, die Behandlung desselben durch Sachverständige, 
damit eine bessere Grundlage für die gesetzgebenden Körperschaften 
geschafft werde. Es wird ein Ausschuß zur Abfassung einer Denk 
schrift, welche den Staatsregierungen und den gesetzgebenden Körper 
schaften unterbreitet werden soll, gewählt, bestehend aus de» Herren 
Stübben (Köln), Classen (Hamburg) und Baumeister 
(Karlsruhe). 
Dieser Ausschuß wird in gleicher Weise auch die Frage über 
Zonenenteignnng behandeln. 
Die Arbeiten, betreffend die Neuauflage des deutschen Normal 
profilbuches für Walzcisen, und die Vorschriften für die Beanspruchung 
des Eisens, haben, wie berichtet wird, noch nicht abgeschlossen werden 
können. 
Der Ausschuß für die Behandlung der Frage über die zulässige 
Grenze der Stützweiten und der Onerschnitte tragender Konstruktions 
teile in Frontwänden beantragt das Folgende: 
1) Jedes ganz oder teilweise in Eisenkonstruktion ausgeführte 
Gebäude muß in sich genügende Standfestigkeit und ins 
besondere gegen Winddruck genügende Widerstandsfähigkeit 
besitzen; 
2) wenn diesen Bedingungen genügt ist, sind weitere Vorschriften 
entbehrlich; 
3) bei tadellosem Material und guter Ausführung ist eine 
höhere Inanspruchnahme, als bei ruhender Belastung üblich 
ist, unbedenklich, z. B. für Walzeisen 1500—1600 kg, statt 
750 — 1000 kg; für Klinkermauerung in fettem Zement 
mörtel 25—30 kg statt 14- 16 kg; 
4) werden verschiedene Materialien neben einander verwendet, (z. B. 
Stützen teils von Eisen, teils von Stein), so muß das eine 
Material für sich allein genügende Sicherheit darbieten; 
5) bei Gebäuden, welche unten Lagerräume oder Läden enthalten, 
über welchen Menschen sich dauernd aufhalten, sind die 
unteren Eisenkonstruktionen gegen die Zerstörung durch Feuer 
zu schützen und von den oberen Räumen durch feuersichere 
Decken zu trennen; von den oberen Räumen müssen feuer- 
und rauchsichere Treppen ins Freie führen; 
6) in der Regel ist eine derartige Anordnung der Eisenkonstruk 
tionen, daß eine periodische Revision ermöglicht wird, nicht er 
forderlich. 
Die Versammlung stimmt diesen: Antrage zu und beauftragt den 
Ausschuß, eine Schrift auszuarbeiten, welche der Vorstand den Zentral 
behörden zur wohlwollenden Prüfung und Berücksichtigung em 
pfehlen wird. 
Zum Schlüsse berichtet Herr Gleim (Hamburg), daß die 
American Society of civil engineers ihren Dank ausgesprochen 
hat für die Zusendung der bei Gelegenheit der Wanderversamm 
lungen herausgegebenen Werke über die Bauten verschiedener deutschen 
Städte. Ferner berichtet er, daß der Vorsitzende des Ausschusses der 
amerikanischen Jngenieurvereine, E. L. Corthell, für die neu in 
Chicago gegründete Universität, mit welcher eine Hochschule für In 
genieure verbunden werden soll, um die Ueberlassuug der in der 
deutschen Jngenieurausstellung in Chicago enthaltenen Gegenstände 
ersucht habe und daß geantwortet sei, eine Ueberlassung der Originale 
sei nicht möglich; es könnten nur Reproduktionen gegeben werden. 
Endlich teilt Herr Gleim noch mit, daß Corthell die 
Gründung eines internationalen Ingenieur- und Architektenvereins 
angeregt habe; nach der Ansicht des Redners sei jedoch eine derartige 
Gründung noch nicht zeitgemäß, er beantrage daher, daß man ant 
worten möge, der in Chicago betretene Weg der internationalen 
Kongresse sollte wieder aufgenommen werden. 
Die Versammlung erklärt sich hiemit einverstanden. 
Am folgenden Tage (Sonntag den 26. Aug.) machten die Ab 
geordneten unter liebenswürdigster Führung bei schönstem Wetter 
einen sehr genußreichen Ausflug in die Vogesen, welchem auch mehrere 
Damen beiwohnten.
	        
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