Uereins-Thiitigkeit.
Am 11. Januar 1896 erste ordentliche Versammlung (Vortrag des Architekten Privatdozent Lauser über die Ausführung der freien
Brüstungen in den verschiedenen Stilen).
Am 1. Februar 1896 zweite ordentliche Versammlung (Beratung über Vorschriften, betreffend die Ausbildung der Studierenden des
Baufaches und über die Revision der Grundsätze für das Verfahren bei öffentlichen Wettbewerbungen; Vortrag des Architekten
Hengerer über die Rathausbaufrage in Stuttgart).
Am 22. Februar 1896 dritte ordentliche Versammlung (Beratung über den Schutz der architektonischen Arbeiten vor der Ausbeutung
durch die Presse und über die Frage der Einführung einer für ganz Deutschland giltigen Bezeichnung der akademisch gebildeten
Techniker; Vortrag des Regierungsbaumeisters Heim über die Bauten für das 5. deutsche Sängerbundesfest in Stuttgart).
Erste ordentliche Wersammkung am 11. Januar 1896.
Vorsitzender: v. Leibbrand. Schriftführer: Feil.
Anwesend 39 Mitglieder.
Der Vorsitzende teilt der Versammlung mit, daß die Herren
Oberbürgermeister Mülberger (Eßlingen) und Regierungsbaumeister
Stöcker (Stuttgart) in den Verein aufgenommen und daß zur Auf
nahme angemeldet sind die Herren E. und C. Fein (Stuttgart) und
Telegraphenbauinspektor Ritter (Stuttgart).
Auf den Wunsch des Verbandsvorstandes, für die in diesem
Jahre in Berlin stattfindende Architektur-Ausstellung die Originale
der Zeichnungen ves verstorbenen Oberbaurats Gnauth für die in
Stuttgart erbaute Vereinsbank zu erhalten, richtet der Vorsitzende an
die Versammmlung eine entsprechende Anfrage, worauf Regierungs
baumeister Heim die Auskunft erteilt, daß wahrscheinlich der Architekt
Geyer in Düsseldorf, welcher lange bei Gnauth in Nürnberg be
schäftigt gewesen sei, in der Lage sich befinde, über den Verbleib
jener Zeichnungen Näheres mitteilen zu können.
Die für den 19. Januar geplante Besichtigung des Karl-Olga-
Baues muß eingetretener Hindernisse halber verschoben werden.
Professor Weyrauch erstattet darauf Bericht über die Thätig
keit des Ausschusses, welcher über die Frage der zulässigen Grenze
der Stützweiten und der Querschnitte tragender Konstruktionen in
Frontwänden zu beraten hatte. Der klar abgefaßte und vorgetragene
Bericht (welcher in Nachfolgendem abgedruckt ist) findet ungeteilten
Beifall und Genehmigung.
Hierauf hält Privatdozent Lauser den angekündigten Vortrag
über die freien Brüstungen in den verschiedenen Stilen; derselbe
wird durch eine sehr reiche Zahl von Zeichnungen illustriert, welche
der Vortragende für seine Vorlesungen an der technischen Hochschule
in großem Maßstabe und in trefflicher Weise ausgeführt hatte.
Ter Vortragende hatte sich die Aufgabe gestellt, an einem ein
zelnen architektonischen Motiv die je aus den den besonderen Stil
beherrschenden Grundzügen und Formgedanken sich entwickelnden Neu
bildungen nachzuweisen und vorzuführen. Der Inhalt des sehr aus
führlichen, eingehenden Vortrags ist in kurzem der folgende:
Ausgehend von dem natürlichen Bestreben des Menschen, seinem
Schaffen eine bestimmte, wohl überlegte Ordnung nach Reihung und
Symmetrie zu geben, ist man von dem ursprünglichen für die Be
festigung und Umfriedigung der Dörfer dienenden Zaungeflechte mit
eingeschlagenen Pfählen zu der Aufrichtung von Pfosten in gleich
mäßigen Abständen mit horizontalen Schrankenhölzern und zu der
Einfügung sich kreuzender Hölzer in die einzelnen Schrankenfelder
übergegangen. In dieser Weise sind die aus Stabformen zusammen
gesetzten Brüstungen und Gitterfüllungen des griechischen und römischen
Stiles entstanden, wobei bei der Ausführung in Marmor nur zur
Erzielung größerer Haltbarkeit von dem Durchbrechen der Stabfelder
abgesehen wurde, wie Fragmente von der Burg des Königs Attalos
in Athen, sowie römische Reste zeigen. Volle Brüstungsplatten mit
Sockeln und Deckgesimsen, geschmückt mit Trophäen, sind von dem
Portikus der Stoa zu Pergamon erhalten geblieben.
An einer Auswahl von Beispielen wird gezeigt, wie bei der
Verzierungskunst der Araber von den einfachsten Flächenornamenten
bis zu den reichsten Arabesken, und ebenso bei den maurischen Wand
bekleidungen und Deckenbildungen ein charakteristischer Grundzug der
Durchkreuzung der Formen besteht, welcher in den zierlichen, recht
winkelig und diagonal sich durchkreuzenden Brüstungen und Gitter
werken der „Muscharabien" vortrefflich zum Ausdruck kommt. Die
selben bestehen aus kleinen abgedrehten Stabformen, welche in dicke
Kuppelformen hineingesteckt sind.
Bei dem romanischen Stil findet sich nur in seltenen Fällen
die Verwertung der nordischen Band- und Riemenverschlingungen zu