Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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Die von der Kommission aufgestellten Grundsätze lauten mit! 
den durch die Versammlung bei der Erörterung angenonimcnen Aender 
ungen, wie folgt: 
Einleitung: 
Um den Bauherrn, wie den sich beteiligenden Baukünstlern eine 
gewisse Garantie für den Erfolg eines öffentlichen Konkurrenzver 
fahrens zu bieten, ist die allgemeine Annahme folgender Grund 
sätze erforderlich: 
8 1. 
Unter den Preisrichtern müssen Fachmänner (Bautechniker) vor 
wiegend vertreten sein. 
8 2. 
Die Richter sind im Programm zu nennen, das Programni muß 
von den Preisrichtern in Verbindung mit dem ausschreibenden Bau 
herrn — in besonders wichtigen Fällen womöglich in gemeinsamen 
Zusammenkünften — auf Grundlage dieser „Grundsätze" verfaßt 
worden sein. 
8 3. 
Die Annahme des Richteramts bedingt Verzichtleistung auf jede 
direkte und indirekte Preisbewerbung und bei Entwurfskonkurrenzen 
(s. ß 5) auf die Beteiligung an der Ausführung des bctr. Baues. 
8 4. 
Es werden „Vorkonkurrenzen" (Ideen- oder Skizzenkoukurrenzen) 
und „Entwurfskonkurrenzen" unterschieden. In beiden Fällen sollen 
die zeichnerischen Anforderungen auf das zur Klarlegung der Idee 
oder des Entwurfs Notwendige beschränkt werden. Bei Vorkonkur- 
renzcn aus dem Gebiet des Hochbaufachs soll der Maßstab 1 :200, 
für größere Anlagen l:400 betragen. Bei Entwurfskonkurrenzen 
soll der Maßstab höchstens 1 :100 betragen. Bei beiden Wettbe 
werbungen sind Berechnungen nur in allgemeiner Form zu fordern; 
ein Kostenvoranschlag darf ebenfalls nur eine summarische, auf Maß 
einheit (m Länge, qm Fläche, cbm Rauminhalt) u. s. w. gekürzte 
Berechnung enthalten. 
8 5- 
Es ist bei großen Aufgaben mehr Gewicht auf Borkonkurrenzen 
zu legen. 
Bei Aufgaben rein lokalen Charakters soll an Stelle eines all 
gemeinen Ausschreibens ein örtlich begrenzter Wettbewerb treten. 
Auch für diesen sind sämtliche Grundsätze maßgebend. 
8 6. 
Es ist im Preisausschreiben in schärfster Weise auseinander zu 
halten: 
a) welche Anforderungen als Wünscht zu betrachten sind, 
b) welche Anforderungen als maßgebende Bedingungen zu 
gelten haben. 
In beiden Fällen ist stets — sofern Einhaltung einer be 
stimmten Bausumme oder eines Einheitssatzes pro qm oder pro cbm 
verlangt ist — auszusprechen, ob und beziehungsweise welcher freie 
Spielraum gestattet ist; in allen Fällen unter Angabe eines Ein 
heitssatzes nach qm oder cbm. Bei Vorschrift der Bausumme ist 
anzugeben, in welcher Weise die Berechnung zu erfolgen hat. Des 
gleichen müssen über Gebäudestellung oder Bauflucht, sowie über die 
Lage von Räumen, auf deren Orientierung besonderes Gewicht ge 
legt wird, im Preisausschreiben präzise Angaben enthalten sein, sowie 
die Erwähnung, ob die Wahl des Baustils freigegeben ist. 
8 7. 
Die Ausschließung des Entwurfs von der Preisbewerbung 
findet statt: 
a) wenn derselbe nicht rechtzeitig eingeliefert ist. Es ist im 
Programm zu sorgen, daß die Zeit der Absendung (nach 
Ausweis des Poststempels der Abgangsstation) stets vorge 
schrieben ist, 
b) wenn die nach 8 6 vorgeschriebenen Bedingungen nicht ein 
gehalten sind. 
Von den angenommenen Entwürfen sind durch die Preisrichter 
diejenigen Projektstücke von der Beurteilung und Ausstellung auszu 
schließen, welche über das im Preisausschreiben Verlangte hinaus» 
gehen. 
8 8. 
Soweit hienach konkurrenzfähige Arbeiten vorhanden sind, sollen 
die ausgesetzten Preise an die relativ besten Entwürfe verliehen wer 
den. Rur wenn die Preisrichter einstimmig der Ansicht sind, daß 
keine Arbeit des ersten Preises würdig sei, oder bei gleichwertigen 
Arbeiten ist es zulässig, die für Preise ausgesetzte Gesamtsumme in 
anderer Verteilung zur Auszeichnung der hervorragenden Entwürfe 
zu verwenden. 
8 9. 
Sämtliche zur Beurteilung angenommenen Arbeiten sind (wo 
möglich zwei Wochen lang) in der Regel thunlichst sofort nach der 
Entscheidung des Preisgerichts öffentlich auszustellen. Die Nennung 
der Namen der Verfasser ist bei der Ausstellung erwünscht, jedenfalls 
aber gestattet. 
Es empfiehlt sich, in dem Preisausschreiben Bestimmungeu 
darüber zu treffen, ob die Teilnehmer am Wettbewerb berechtigt sein 
sollen, ihre Pläne vor der Ausstellung zurückzuziehen. Das gut 
achtlich begründete Urteil der Preisrichter ist allen Bewerbern bekannt 
zu geben. 
8 io. 
Die preisgekrönten Entwürfe sind nur insofern Eigentum des 
Preisausschreibers, bezw. des Bauherrn, als sie für die betreffende 
Ausführung benützt werden. Das Recht der Veröffentlichung, sowie 
einer anderweitigen Verwendung bleibt dem Verfasser. 
8 11. 
Der Preis, oder wenn mehrere Preise ausgesetzt sind, die Summe 
derselben, hat bezüglich der Hamburger Norm (Beschluß von 1888) 
zu betragen: 
a) bei Vorkonkurrenzen (Skizzenkonkurrenzen) mindestens das 
dreifache Honorar für Skizzen, 
b) bei Entwurfskonkurrenzen mindestens das zweieinhalbfache 
Honorar für Entwürfe. 
Bei mehreren Pr.'jen soll der erste Preis wenigstens entsprechen: 
a) bei Vorkonkurrenzen dem einfachen Betrag des Honorars für 
Skizzen, 
b) bei Entwurfskonkurrenzen dem einfachen Betrag des Honorars 
für Entwürfe. 
Es ist überhaupt mehr auf Erteilung einer größeren Anzahl 
von Preisen als auf die Höhe des ersten Preises abzuheben. 
8 12. 
Es ist im Preisausschreiben in der Regel bekannt zu geben, 
ob der Ausschreiber oder die ausschreibende Behörde beabsichtigt, nur 
eine Idee oder einen Entwurf zu erhallen, nach welchem von den 
Ausschreibern selbst oder deren Angestellten die Bauausführung er 
folgen soll, oder ob die Ausschreiber die Bauausführung nicht als 
eigene Unternehmung beabsichligen. Im letzteren Falle wird ange 
nommen, daß die Preisrichter ihren Einfluß bei den Ausschreibern 
dahin geltend machen, daß in allen Fällen, in denen dies möglich 
ist, in denen also nicht genügende Gründe für ein anderes Verfahren 
sprechen, dem oder einem der Sieger die Ausführung seines Entwurfs, 
auch nach den etwa nötigen Abänderungen desselben, gesichert wird. 
Bei der Beratung durch die Versammlung bemerkt Laißle zu 
8 4, daß dieser Grundsatz nur für Architektur-Konkurrrenzen zuge 
schnitten erscheine, sowie Schmid, daß es ihm sympathischer sein 
würde, wenn man den Maßstab 1:100 nicht ausgesprochen hätte. 
Berner macht jedoch darauf aufmerksam, daß zwischen Ideen- und 
Entwurfskonkurrenzen zu unterscheiden sei. Mayer pflichtet der 
Ansicht von Schmid bei und schlägt vor, den Zusatz zu machen: 
der Maßstab 1:100 soll nur bei Objekten von kleinen Abmessungen 
verlangt werden. Berner berichtigt die Ansichten der Vorredner und 
verliest nochmals die betreffenden Sätze des Kommissionsberichtes, 
worauf dieselben von der Versammlung genehmigt werden. Zu § 9 
entspinnt sich eine lebhafte Debatte, an welcher sich Mayer, 
v. Tritschler, v. Leibbrand, v. Fuchs, Laißle und Eisen- 
lohr beteiligten. Schließlich kommt der Antrag von Laißle,
	        
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