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Die von der Kommission aufgestellten Grundsätze lauten mit!
den durch die Versammlung bei der Erörterung angenonimcnen Aender
ungen, wie folgt:
Einleitung:
Um den Bauherrn, wie den sich beteiligenden Baukünstlern eine
gewisse Garantie für den Erfolg eines öffentlichen Konkurrenzver
fahrens zu bieten, ist die allgemeine Annahme folgender Grund
sätze erforderlich:
8 1.
Unter den Preisrichtern müssen Fachmänner (Bautechniker) vor
wiegend vertreten sein.
8 2.
Die Richter sind im Programm zu nennen, das Programni muß
von den Preisrichtern in Verbindung mit dem ausschreibenden Bau
herrn — in besonders wichtigen Fällen womöglich in gemeinsamen
Zusammenkünften — auf Grundlage dieser „Grundsätze" verfaßt
worden sein.
8 3.
Die Annahme des Richteramts bedingt Verzichtleistung auf jede
direkte und indirekte Preisbewerbung und bei Entwurfskonkurrenzen
(s. ß 5) auf die Beteiligung an der Ausführung des bctr. Baues.
8 4.
Es werden „Vorkonkurrenzen" (Ideen- oder Skizzenkoukurrenzen)
und „Entwurfskonkurrenzen" unterschieden. In beiden Fällen sollen
die zeichnerischen Anforderungen auf das zur Klarlegung der Idee
oder des Entwurfs Notwendige beschränkt werden. Bei Vorkonkur-
renzcn aus dem Gebiet des Hochbaufachs soll der Maßstab 1 :200,
für größere Anlagen l:400 betragen. Bei Entwurfskonkurrenzen
soll der Maßstab höchstens 1 :100 betragen. Bei beiden Wettbe
werbungen sind Berechnungen nur in allgemeiner Form zu fordern;
ein Kostenvoranschlag darf ebenfalls nur eine summarische, auf Maß
einheit (m Länge, qm Fläche, cbm Rauminhalt) u. s. w. gekürzte
Berechnung enthalten.
8 5-
Es ist bei großen Aufgaben mehr Gewicht auf Borkonkurrenzen
zu legen.
Bei Aufgaben rein lokalen Charakters soll an Stelle eines all
gemeinen Ausschreibens ein örtlich begrenzter Wettbewerb treten.
Auch für diesen sind sämtliche Grundsätze maßgebend.
8 6.
Es ist im Preisausschreiben in schärfster Weise auseinander zu
halten:
a) welche Anforderungen als Wünscht zu betrachten sind,
b) welche Anforderungen als maßgebende Bedingungen zu
gelten haben.
In beiden Fällen ist stets — sofern Einhaltung einer be
stimmten Bausumme oder eines Einheitssatzes pro qm oder pro cbm
verlangt ist — auszusprechen, ob und beziehungsweise welcher freie
Spielraum gestattet ist; in allen Fällen unter Angabe eines Ein
heitssatzes nach qm oder cbm. Bei Vorschrift der Bausumme ist
anzugeben, in welcher Weise die Berechnung zu erfolgen hat. Des
gleichen müssen über Gebäudestellung oder Bauflucht, sowie über die
Lage von Räumen, auf deren Orientierung besonderes Gewicht ge
legt wird, im Preisausschreiben präzise Angaben enthalten sein, sowie
die Erwähnung, ob die Wahl des Baustils freigegeben ist.
8 7.
Die Ausschließung des Entwurfs von der Preisbewerbung
findet statt:
a) wenn derselbe nicht rechtzeitig eingeliefert ist. Es ist im
Programm zu sorgen, daß die Zeit der Absendung (nach
Ausweis des Poststempels der Abgangsstation) stets vorge
schrieben ist,
b) wenn die nach 8 6 vorgeschriebenen Bedingungen nicht ein
gehalten sind.
Von den angenommenen Entwürfen sind durch die Preisrichter
diejenigen Projektstücke von der Beurteilung und Ausstellung auszu
schließen, welche über das im Preisausschreiben Verlangte hinaus»
gehen.
8 8.
Soweit hienach konkurrenzfähige Arbeiten vorhanden sind, sollen
die ausgesetzten Preise an die relativ besten Entwürfe verliehen wer
den. Rur wenn die Preisrichter einstimmig der Ansicht sind, daß
keine Arbeit des ersten Preises würdig sei, oder bei gleichwertigen
Arbeiten ist es zulässig, die für Preise ausgesetzte Gesamtsumme in
anderer Verteilung zur Auszeichnung der hervorragenden Entwürfe
zu verwenden.
8 9.
Sämtliche zur Beurteilung angenommenen Arbeiten sind (wo
möglich zwei Wochen lang) in der Regel thunlichst sofort nach der
Entscheidung des Preisgerichts öffentlich auszustellen. Die Nennung
der Namen der Verfasser ist bei der Ausstellung erwünscht, jedenfalls
aber gestattet.
Es empfiehlt sich, in dem Preisausschreiben Bestimmungeu
darüber zu treffen, ob die Teilnehmer am Wettbewerb berechtigt sein
sollen, ihre Pläne vor der Ausstellung zurückzuziehen. Das gut
achtlich begründete Urteil der Preisrichter ist allen Bewerbern bekannt
zu geben.
8 io.
Die preisgekrönten Entwürfe sind nur insofern Eigentum des
Preisausschreibers, bezw. des Bauherrn, als sie für die betreffende
Ausführung benützt werden. Das Recht der Veröffentlichung, sowie
einer anderweitigen Verwendung bleibt dem Verfasser.
8 11.
Der Preis, oder wenn mehrere Preise ausgesetzt sind, die Summe
derselben, hat bezüglich der Hamburger Norm (Beschluß von 1888)
zu betragen:
a) bei Vorkonkurrenzen (Skizzenkonkurrenzen) mindestens das
dreifache Honorar für Skizzen,
b) bei Entwurfskonkurrenzen mindestens das zweieinhalbfache
Honorar für Entwürfe.
Bei mehreren Pr.'jen soll der erste Preis wenigstens entsprechen:
a) bei Vorkonkurrenzen dem einfachen Betrag des Honorars für
Skizzen,
b) bei Entwurfskonkurrenzen dem einfachen Betrag des Honorars
für Entwürfe.
Es ist überhaupt mehr auf Erteilung einer größeren Anzahl
von Preisen als auf die Höhe des ersten Preises abzuheben.
8 12.
Es ist im Preisausschreiben in der Regel bekannt zu geben,
ob der Ausschreiber oder die ausschreibende Behörde beabsichtigt, nur
eine Idee oder einen Entwurf zu erhallen, nach welchem von den
Ausschreibern selbst oder deren Angestellten die Bauausführung er
folgen soll, oder ob die Ausschreiber die Bauausführung nicht als
eigene Unternehmung beabsichligen. Im letzteren Falle wird ange
nommen, daß die Preisrichter ihren Einfluß bei den Ausschreibern
dahin geltend machen, daß in allen Fällen, in denen dies möglich
ist, in denen also nicht genügende Gründe für ein anderes Verfahren
sprechen, dem oder einem der Sieger die Ausführung seines Entwurfs,
auch nach den etwa nötigen Abänderungen desselben, gesichert wird.
Bei der Beratung durch die Versammlung bemerkt Laißle zu
8 4, daß dieser Grundsatz nur für Architektur-Konkurrrenzen zuge
schnitten erscheine, sowie Schmid, daß es ihm sympathischer sein
würde, wenn man den Maßstab 1:100 nicht ausgesprochen hätte.
Berner macht jedoch darauf aufmerksam, daß zwischen Ideen- und
Entwurfskonkurrenzen zu unterscheiden sei. Mayer pflichtet der
Ansicht von Schmid bei und schlägt vor, den Zusatz zu machen:
der Maßstab 1:100 soll nur bei Objekten von kleinen Abmessungen
verlangt werden. Berner berichtigt die Ansichten der Vorredner und
verliest nochmals die betreffenden Sätze des Kommissionsberichtes,
worauf dieselben von der Versammlung genehmigt werden. Zu § 9
entspinnt sich eine lebhafte Debatte, an welcher sich Mayer,
v. Tritschler, v. Leibbrand, v. Fuchs, Laißle und Eisen-
lohr beteiligten. Schließlich kommt der Antrag von Laißle,