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Verschiedenes.
Keöung der Aluß- und Kanalschiffahrt. (Schluß.)
Ueber die Trace des Kanals teilt die erwähnte Denkschrift
folgendes mit:
Die Kanallinie nimmt ihren Anfang bei Korneuburg, hebt sich
von dort zuerst in westlicher, dann nordwestlicher, später nördlicher
Richtung von Wagram aus an das Gesenke der Ausläufer des
Manhartsgebirges, um sich dann wieder in westlicher Richtung an
Eggenburg vorüber in einem weiten Bogen um Horn herum zu
entwickeln.*) Der Kanal steigt sodann auf das Hochplateau der
Wasserscheide zwischen der Kamp und der Thaya einerseits und der
Luznic andererseits auf die europäische Wasserscheide zwischen der
Donau und Elbe, zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee.
Die Linie durchsetzt die Wasserscheide zwischen der Kamp und Thaya,
entwickelt sich sodann von Allensteig in nördlicher Richtung und tritt
bei Schwarzenau ans rechte Ufer der Thaya, die sie übersetzt, um
längs der Kaiser Franz Josef-Bahn Gmünd zu erreichen. Etwa
6 km hinter Gmünd verläßt die Kanallinie das Flußgebiet der
Luznic, um ini Thale des Stobnitzbaches in das Flußgebiet der
Maltsch hinabzusteigen. Der Kanal führt dann über die Filzmoose
des Engelsteincr Waldes, über den Reithgraben nach Schweinitz in '
das Thal des Schweiuitzbaches, welchem er bis zum Maltschflusse
folgt, an dessen rechtem Ufer er sich sodann an den Gehängen der
Plana Hora in nördlicher Richtung bis Budweis entwickelt.
Die Ergebnisse der verkehrsstatistischen Projektierungsarbeit lassen
sich in folgenden Angaben zusammenfassen:
Unter der Voraussetzung, daß das Schleusen der Schiffe nicht
auf die Nacht ausgedehnt wird und durchschnittlich 15 Stunden im
Tage beträgt, ferner daß der Betrieb abzüglich der Sonn- und Feier
tage, sowie der durch Eis und Ausbesserungsarbeiten bewirkten Kanal
sperre nur an 230 Tagen stattfindet, endlich, daß die Schiffe nicht
immer mit voller Ladung fahren, sondern nur mit etwa 60°/o der
Güter, die vollbeladene Normalschiffe zu führen vermögen, unter
diesen Voraussetzungen können den Kanal in beiden Richtungen zu
sammen in einem Tage 45 Schiffe oder in einem Jahre 10 350 Schiffe
befahren, die im Maximum 3 622500 Tonnen Güter mit sich führen.
Bei dem für den Kanal zunächst in Aussicht genommenen
Maximalverkehr von 1 500 000 Tonnen in beiden Richtungen würde j
sich demnach unter den Annahmen wie vorher die Anzahl der durch
schnittlich in einem Tage verkehrenden Schiffe mit rund 18 in beiden
Richtungen berechnen.
Bei 15 ftünbiger täglicher Arbeitszeit brauchten sich in diesem
Falle die Schiffe nur in Intervallen von 100 Minuten zu folgen;
da aber der Verkehr auf den Kanälen erheblichen Schwankungen
unterworfen und der Bedarf au Massengütern in den verschiedenen
Jahreszeiten sehr ungleich ist, auch Witternngsverhältnisse einen großen
Einfluß ausüben, so wird zu gewissen Zeiten die Anzahl der Schiffe,
die den Verkehr von 1 500 000 Tonnen zu bewältigen haben, größer
als 9 in jeder Richtung sein.
Legt man daher dem Betriebe ein Intervall der Schiffe von
80 Minuten zu Grunde, dann können täglich 11 Schiffe in jeder
Richtung bequem befördert werden und diese Zahl läßt sich bei einem
jederzeit zu verändernden Betriebe von 40 Minuten Abstand auf
22 Schiffe im Tage und in jeder Richtung bringen, ohne daß es
nötig wird, die Betriebszeit auf die Nacht auszudehnen. Mit
22 Schiffen in jeder Richtung oder der mehr als doppelten Anzahl
der durchschnittlich für die Bewältigung eines kilometrischen Verkehrs
von 1500 000 To. notwendigen Schiffe ist aber für absehbare Zeit jedem
Verkehrsbedürfnisse auf dem Donau-Moldau-Elbekanal Genüge geleistet.
Den Details der Verkehrsberechnungen von 1 500 000 Tonnen
nachzugehen, würde uns zu weit führen.
Ueber die Frachtsätze sowohl für Schiffe wie für Floßholz gibt
der dem Generalprojekte der österreichischen Regierung über die
Kanalisierung der Moldau und Elbe von Prag bis Aussig beigefügte
ökonomische Bericht einige für das analoge bayerische Projekt der
Mainkanalisierung u. s. w. beachtenswerte Grundlagen. Es wird
*) Vergleiche die „Uebersichtskarte der deutsch-österreichischen Kanalprojekte"
in Zöpfl: „mittelländische Verkehrsprojekte, Berlin 1895."
näinlich auf der kanalisierten Strecke Prag-Aussig — auf Gruud der
an der Elbe, namentlich auf der Strecke Magdeburg-Hamburg ge
machten Erfahrungen — pro Tonne und Kilometer (1 Tonnen
kilometer) mit 0.40 kr. gerechnet.
Hiebei wird hervorgehoben, daß auf kanalisierten Flüssen die
Beförderung mittelst des Schleppdampfers (Remorqueur) viel vorteil
hafter sei als die Kettenschiffahrt. Auf der kanalisierten Maas sei
die Kette als unvorteilhaft beseitigt worden, weil aus einem kanali
sierten Flusse, der durch Stauanlagen in mehrere horizontale
Haltungen verteilt sei, der Schleppdampfer bei seiner gegenwärtigen
maschinellen Einrichtung besser arbeite, als der Kettendampfer.
Wird nach dem ökonomisch-technischen Berichte des k. k. Mini
steriums die Frachtengebühr auf dem zu kanalisierenden Teil der
Elbe und Moldau von Aussig bis Prag mit dem Satze des Spezial-
tarifes III der k. k. österr.-ung. Staatseisenbahnen (vor der Erhöhung)
für gleiche Entfernungen verglichen, so ist in dem gegebenen Falle
bei einer Entfernung von 121 km der letztere Satz um fl. 1.09
(fl. 1.57 bis 0.48) per Tonne oder um 69°, 0 höher als der Tarif
satz des Wassertransportes. Auch in dem Falle, daß der Jnvestitions-
aufwand mit 3 l /s°/o verzinst und die Verwaltungskosten gedeckt
werden sollten, werde die Differenz (fl. 1.57 bis 0.97) 60 kr. per
Tonne oder 38.2 °/o zu Gunsten des Wassertransportes betragen.
Auch der Transport des geflößten Holzes würde künftighin auf
dem kanalisierten Flusse mit Hilfe der Schleppdampfer viel voll
kommener und billiger sich gestalten, uno es berechnet der citierte
Bericht, daß die Preisdifferenz des jetzigen und des künftigen Trans
portes ans der kanalisierten Strecke (45.8—22.6) 17.8 kr. per Tonne
von Prag nach Aussig betragen wird, bei doppelten Flößen sogar
25.6 kr. zu Gunsten des künftigen Transportes; in dem Falle, daß
auf der kanalisierten Strecke eine Gebühr eingeführt werden sollte,
wird der Transport einer Tonne von Prag nach Aussig um 5 kr.
billiger zu stehen kommen.
So die Angaben der neuesten offiziellen österreichischen Publi
kationen über das Projekt!
Ein Donau-Elbekanal wäre ein Verkehrsweg, welcher dem
bayerischen Lande in weit höherem Maße als ein Donau-Oderkanal
Konkurrenz machen würde.
Ein österreichischer Donau-Elbekanal würde — ganz abgesehen
von der Konkurrenzfähigkeit des Handels und der Industrie — auf
den bayerischen Transitverkehr vom Norden und Nordwesteu nach
Südosten in ähnlicher Weise wirken, wie die österreichische Arlberg
bahn ans den westöstlichen Transitverkehr in Südbayern wirkte. Mit
Eisenbahn-Tarifänderungcn würde man dieser Konkurrenz gegenüber
auf die Dauer machtlos sein. Gegen diese österreichische Wasserstraße
kann Bayern nur durch eine ebenso leistungsfähige, moderne Main-
Donau-Wasscrstraße ankämpfen. So wenig Bayern den rührigen
und — was noch mehr sagen will — auch opferwilligen Interessenten
in Oesterreich den Donau-Elbckanal mißgönnt, so sehr muß es als
notwendig bezeichnet werden, daß nun endlich auch in Bayern mit
den technischen und wirtschaftlichen Projektierungsarbeiten für den
Main-Donau-Großschiffahrtskanal begonnen wird. Die bayerische
Staatsregierung war mit ihrem an den vorigen Landlag gebrachten
bekannten Projeklierungs-Postulat auf dem richtigen Wege. Sie
wollte durch Kommissionen die Fragen gründlich studieren lassen.
Wäre damals mit diesem Studium begonnen worden, dann wäre
Bayern heute in paralleler Linie mit der österreichischen Aktion; so
aber ist Oesterreich um 2 Jahre voran.
Süddeutsche Mauzeitnng.
Das K. Bayerische Staatsministerium des Innern hat in An
erkennung der Bestrebungen der Süddeutschen Bauzeitnng, „ein Bild
der baulichen Thätigkeit in Süddeutschland, speziell in Bayern, zu
geben und fördernd auf dieselbe einzuwirken," die Kreisbaureferate
an den K. Regierungen und die K. Bauämter angewiesen, die Zeitung
aus Regiemitteln zu halten und sich ihrer bei öffentlichen Aus
schreibungen zu bedienen.
Äcrausgegeben vom Württemb. verein für Daukunde. Für denselben: Cberbanrat a. D. v. Ärockmann. — Druck von Alfred Müller & Co. — Verlag von L. Wrije's
Hofbuchl)andlung. sämtlich in Ltuttgarl.