Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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Ueber den Entwurf für neue Normen zur Berechnung des 
Honorars für Arbeiten der Architekten und Ingenieure und die 
von den Einzelvereinen dagegen erhobenen Bedenken wird eine leb 
hafte Diskussion geführt. Schließlich wird zur weiteren Bearbeitung 
des Gegenstandes ein Ausschuß gewählt, bestehend aus K a y s e r 
(Berlin) Vorsitzender, Haller (Hamburg) und Eisenlohr 
(Stuttgart) als Architekten, und H a v e st a d t (Berlin), Gleim 
(Hamburg), Lueger (Stuttgart) als Ingenieure. 
Für die Feststellung der Regen-Riederschlüge in Deutschland 
ist an 78 Städte das Ersuchen gerichtet worden, die Arbeit durch 
Beobachtungen zu unterstützen; daraus sind bisher nur 16 Antworten 
eingelaufen und von diesen lauten 12 ablehnend. Unter diesen Um 
ständen wird eine weitere Berichterstattung auf unbestimmte Zeit bis 
zum Vorliegen weiteren Materials verschoben. 
Die Denkschrift, betreffend die Umlegung städtischer Grundstücke 
nnd die Zonenenteignung, welche bei der Abgeordneten-Versammlung 
in Straßburg beschlossen war, ist bis auf einige Ergänzungen und 
die Zeichnungen festgestellt; sie wird bis Ende dieses Jahres fertig wer 
den. Für die Zeichnungen werden die Kosten mit 300 Ji. bewilligt. 
Die sämtlichen Unterlagen für das neue Normalprofilbuch für 
Walzeisen sind fertig gestellt und die Verhandlungen zum Abschluß 
des Vertrages mit dem Verleger La Ruelle in Aachen eingeleitet. 
Es wird beschlossen, mit Rücksicht auf den gemeinnützigen Zweck auf 
den geringen Gewinn, der sich für den Verband aus dem Unternehmen 
ergeben würde — je 0,50 Ji. für das Exemplar — zu verzichten, 
wie dieses bereits von dem Verein deutscher Ingenieure und dem 
Verein deutscher Eisenhüttenleute ausgesprochen worden ist. 
Die Frage der Beanspruchung des Eisens wird vom Arbeits 
plan abgesetzt, weil eine Einigung der Mitglieder des betreffenden 
Ausschusses nicht zu erzielen gewesen ist. 
Ueber die Stellung der städtischen höheren Baubeamten sind 
von den einzelnen Vereinen zahlreiche Mitteilungen eingegangen, 
jedoch erscheint das Material für die Ausarbeitung einer Denkschrift 
noch nicht geeignet. Der Ausschuß wird deshalb einen Fragebogen 
aufstellen und auf Grund der darauf einlaufenden Antworten seine 
Arbeiten fortsetzen. 
Hiemit ist die Tagesordnung erschöpft. 
Rede des Präsidenten v. Ieibdrand bei dem Festmahle am Schlüsse der EntlMnngs 
frier des Denkmals für Friedrich voll Schmidt in Vielt. 
Hochverehrte Herren! 
In Deutschland, im Schwabenlande stand die Wiege Schmidt's. 
Sie dürfen deshalb wohl erwarten, daß sich auch ein Vertreter 
Deutschlands bei Ihnen einfindet, um Ihnen zu dem heutigen Ehren 
tage namens des Verbandes der deutschen Ingenieur- und Architekten- 
Vereine vom Herzen Glück zu wünschen. 
Ich thue dies freudigen Sinnes, meine verehrten Herren. Sie 
gestatten mir dabei vielleicht, daß ich mit einigen Worten versuche, 
die Wege zu schildern, auf denen Schmidt zu Ihnen gekommen und 
der Ihre geworden ist. 
In einem einsamen Waldwinkel des schwäbischen Landes erblickte 
Schmidt das Licht der Welt. In der zu seiner Zeit gar stillen 
Residenzstadt Stuttgart legte er den Grund zu seiner wissenschaftlichen 
Bildung; dort, meine Herren, war es auch, wo er den Zweispitz, den 
Meißel und Hammer führen mußte, um neben harter Arbeit noch 
zu studieren. So leicht, wie es heute die akademische Jugend, wie 
es heute die werdenden Bauküustler haben, hatte es Schmidt nicht; 
ungeachtet dessen jedoch, daß er im Stuttgarter Gymnasium nicht zu 
den vollberechtigten gehörte, daß er dort nicht Griechisch lernte, daß 
er nur der sogenannten Barbarenklasse angehörte, ungeachtet dessen 
ist er ein rechter ganzer Mann geworden. (Bravo! Bravo! Hände 
klatschen.) Das gäbe eigentlich zu denken angesichts der Frage über 
die Ausbildung der jungen Bautechniker, die Sie in Oesterreich 
gerade so wie uns in Deutschland zur Zeit beschäftigt, aber ich 
unterlasse es, dieses Thema heute zu verfolgen. 
Die Zeiten waren nicht günstig für den werdenden Baukünstler, 
als Schmidt in der Hauptsache ausstudiert und ausgelernt von 
Stuttgart wegziehen mußte. Wir hatten im Württemberger Lande 
zu Anfang der vierziger Jahre noch wenig Leben im Gebiet der 
Baukunst, einem Mann von der Schaffensfreude, von der Willens 
kraft und dem Selbstbewußtsein Schmidt's mußten die schwarz-roten 
Grenzpfähle zu eng werden, er wandte sich nach Köln zum dortigen 
Dom. Unzweifelhaft hat er dort den Grund zu seiner späteren, 
gorwiegend gothischen Schaffensrichtung gelegt und die Ueberzeugung 
gewonnen, daß auf diesem Felde sein künftiger Beruf liege. 
Wir könnten in Deutschland, wir sollten in Schwaben neidisch 
auf Sie in Oesterreich blicken, weil das Geschick Schmidt nicht im 
engeren und weiteren Vaterlande gelassen hat, daß es nicht möglich 
gewesen ist, diesen Mann uns zu erhalten. Aber, meine Herren, so 
sind wir nicht. Wir wissen, daß die Kunst an keine Landesgrenzen 
gebunden ist; der Kunst gehört die Welt. (Bravo!) Und so sind 
wir nicht neidischen Blickes dem Aufwärtskommen, dem Vormärts- 
streben Schmidt's gefolgt, sondern nur Freude und Stolz hat uns 
erfüllt, daß er doch einer der unsrigen ist, daß sein Wirken und 
Schaffen Ihre Anerkennung, Ihre Bewunderung in so hohem Maße 
gesunden hat. (Bravo!) 
Einer meiner geehrten Herrn Vorredner hat schon mit beredten 
Worten darauf hingewiesen, daß Schmidt ganz Wiener geworden ist. 
Es liegt dies vielleicht eben darin, daß er nicht ausschließlich Bau 
künstler war. Wir Jünger der Baukunst in Deutschland kommen 
mehr und mehr auch zu der Ueberzeugung, daß wenn einer ein ganzer, 
ein voller Mann werden soll, er nicht stehen bleiben darf bei seinem 
Berufe, daß er sich vielmehr auch am öffentlichen Leben beteiligen 
muß, daß er mitarbeiten inuß in der Gemeinde, im Staat; und das 
hat Schmidt gethan. Ihn hat das Vertrauen seiner Mitbürger in 
das Rathaus und ihn hat die Gnade Sr. Majestät des erlauchten 
Kaisers auch in das hohe Herrenhaus des österreichischen Staates 
berufen. 
Meine Herren! Gerade in diesem weitgehenden Ziele, in dieser 
Auffassung der praktischen Bedürfnisse des Lebens seitens des ge 
feierten Schmidt, gerade hierin erkenne ich einen nicht kleinen Teil 
seiner wirklichen, unvergleichlichen Größe. 
Meine Herren, hat auch Schmidt bei Ihnen in einer langen 
Reihe von Jahren rastlos gearbeitet und sind czpch Werke, herrlich 
und einzig in ihrer Art, aus seinem Geiste und seiner schaffenden 
Hand entsprungen, so säumten auch wir in Deutschland und in 
Schwaben nicht, diese herrliche Kraft uns zu Nutze zu machen. Bei 
den größten baulichen Aufgaben der deutschen Nation, beim Bau 
des deutschen Reichstagshauses in Berlin, bei der Aufrichtung des 
Nationaldenkmals im Niederwald am schönen Rhein und vielen anderen 
großen Bauwerken hat er beratend mitgewirkt. 
Als das schwäbische Land seine größte gothische Aufgabe, den 
Ausbau des Ulmer Münsters zu lösen im Begriffe stand, da war 
es immer wieder Schmidt, der sein gewichtiges Wort auf unser Bitten 
einlegte, nie hat er uns seinen Rat und seine thatkräftige Mitarbeit 
vorenthalten: dafür möchte ich ihm im Namen der deutschen Architekten 
schaft in dieser Stunde ausdrücklich danken. (Bravo! Bravo!) 
Meine Herren! Ein Denkmal, einzig schön, haben Sie heute 
angesichts des stolzesten Baues des großen Meisters enthüllt. Ich 
habe den Gedanken, meine Herren, daß dieses Denkmal für uns in 
Deutschland auch noch eine besondere Bedeutung hat. Wiederholt 
hatte ich das Glück, in der Nähe Schmidts bei unseren großen Ver 
bandstagungen, insbesondere in Stuttgart zu sein und da zu sehen, 
welche Glut von Begeisterung diesem Manne entgegenströmte, wenn 
er erschien. Wie fand der bewundernde Jubel kein Ende, als er 
uns in Köln ein Bild von der Wiederherstellung des Stephansdomes 
in Wien in glänzenden Worten entrollte, noch lebhafter ist mir als 
Schwabe in Erinnerung, wie es uns in der Seele packte, als er im
	        

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