94
und Weift, wie gut vorbereitete Anträge auf den Abgeordneten-Ver-
fammlungen behandelt werden, einer scharfen Kritik; er halte dieses
Geschäftsgebaren für ein großes Hindernis, man bekomme bei den
Beratungen den Eindruck, daß der Verband keine leistungsfähige
Institution sei. Er fordere jedoch, trotzdem daß die gleichen Fragen
jetzt zum zweiten oder dritten mal wieder vorgelegt werden, die Mit-
glieder auf, sie nochmals zu erörtern, die Delegierten aber zu be
auftragen, mit aller Entschiedenheit dafür einzutreten, daß die Ent
scheidungen auf den Abgeordneten-Versammlungen nicht immer wieder
vertagt werden.
Lueger tadelt, daß häufig technische Fragen zur Beschluß
fassung gestellt werden, welche eigentlich nicht lvohl eine allgemein
geltende Lösung zulassen, wie z. B. die Normalien für Hausent-
wässerungs-Anlagen; er bespricht ferner die bei Gerichten herrschende
Inkonsequenz, welche darin besteht, daß bei einer großen Menge von
Fällen die Berechtigung der Ingenieure und Architekten, ihre Preise
nach den dafür aufgestellten Normen zu bemessen, anerkannt wird,
während die Gerichte selbst bei Gutachten von Technikern eine Zahl
ung leisten, welche in keinem Verhältnis zu dem Aufwand von Zeil
und Mühe steht.
v. Schlierholz schließt sich den Worten des Vorsitzenden an
und tadelt es, daß so manche unpraktische, eine allgemeine Lösung
nicht zulassende Fragen auf die Tagesordnung und zur Diskussion
gestellt werden, wodurch es schon auf früheren Versammlungen, wie
in Heidelberg, Frankfurt a. M. und Stuttgart zu ernstlichen Er
örterungen gekommen sei.
Mayer stimmt ebenfalls dem Vorsitzenden bei in Betreff der
Organisation und der Thätigkeit des Verbandes; nach seiner Ansicht
sollten die Abgeordneten ermächtigt sein, im Laufe der Verhandlungen
sich ihre Ansichten zu bilden und dementsprechend abzustimmen, nicht
aber sollten sie vorher mit bindenden Instruktionen versehen werden.
Es dürfte wohl möglich sein, die Organisation des Verbandes so zu
ändern, daß etwas Ersprießliches erzielt würde; er halte den Um
stand, daß der Verein deutscher Ingenieure ein Gesamtverein ist,
welcher sich nach Bezirksvereinen gliedert, für sehr wertvoll und frucht
bringend, eine Einrichtung, welche sich auch für den Verband deutscher
Architekten- und Ingenieur-Vereine empfehlen dürfte.
Der Vorsitzende teilt die von Lueger ausgesprochene Ansicht,
daß die Ausmerzung ungeschickter Fragen notwendig sei, und unter
stützt den von Mayer geäußerten Wunsch, daß an die Stelle des
Verbandes ein Verein deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine
treten möge, mit voller Ueberzeugung.
Damit wird die Diskussion geschlossen.
Hinsichtlich der Hauptversammlung wird beschlossen, daß dieselbe
wie im vorigen Jahre und zwar Anfang November gehalten wer
den soll.
Zehnte ordentliche Wersammlung am 31. Oktober 1896.
Vorsitzender: v. Leibbrand. Schriftführer: Feil.
Anwesend 35 Mitglieder und 3 Gäste.
Der Vorsitzende teilt eine Zuschrift des Verbandsvorstandes mit,
nach welcher das Werk „Berlin und seine Bauten" von Verbands
mitgliedern um den ermäßigten Preis von 45 Jl ungebunden und
von 55 Ji gebunden auf Bestellung beim Verbandsvorstand zu
beziehen ist.
Bezüglich der Gründung einer Verbands-Zeitschrift teilt der Vor
sitzende mit, daß er zu einer betreffenden Beratung, welche im Laufe
des Novenlber in Hannover abgehalten werden solle, eingeladen sei.
Hierauf hält Stadtbaurat Mayer einen Vortrag über die neu
gebaute Realschule an der Hohenheimerstraße in Stuttgart. Der
durch viele Zeichnungen reich illustrierte Vortrag (welcher in einem
späteren Heft erscheinen wird) wird mit großem Beifall aufgenommen.
Der Vorsitzende spricht dem Redner den Dank des Vereins aus.
Kauplversammlung am 8. November 1896.
Vorsitzender: v. Leibbrand. Schriftführer: Feil.
Anwesend 42 Mitglieder.
Der Vorsitzende begrüßt die Versammlung und wirft einen
kurzen Rückblick auf das verflossene Vereinsjahr.
Es wird darauf von dem Vereinssekretär der folgende Jahres
bericht vorgelesen:
Die Vereinsämter waren im verflossenen Jahre wie folgt besetzt:
Vorstand: v. Leibbrand, Präsident.
Stellvertreter des Vorstandes: v. Fuchs, Direktor.
Schriftführer: j
Kassier: Mayer, Stadtbaurat.
Bibliothekar: Kölle, Stadtbaurat.
Weitere s v. Brockmann, Oberbaurat a. D.
Vorstands- ( v. Hänel, Oberbaurat.
Mitglieder: ( Walter, Direktor.
Die Redaktion der Monatsschrift hat Oberbaurat v. Brockmann
besorgt.
Der Vergnügungskommission gehörten Privatdozent Lauser,
Architekt Feil und Regierungsbaumeister Heim an.
Als honorierter Sekretär war Bauinspektor Mederle thätig.
Der Verein zählte bei der letzten Hauptversammlung 268 Mit
glieder, nämlich 149 Stuttgarter und 119 auswärtige Mitglieder.
Seither sind folgende Veränderungen eingetreten:
I. Aus dem Verein sind ausgeschieden
a) ansgetreten:
1. San 6 er, Regierungsbaumeister in Stuttgart.
b) gestorben:
2. v. Morlok, Baudirektor a. D. in Stuttgart,
3. Eulenstein, Baurat a. D. in Friedrichshafen,
4. Rümeli», Bezirks-Bauinspektor in Heilbronn,
5. Völker, Betriebs-Bauinspektor in Böblingen,
II. In den Verein eingetreten sind:
1. Fein, E. (senior), Elektrotechniker
2. Fein, E. (junior), Elektrotechniker \
3. Halmhuber, Professor und Architekt in Stuttgart,
4. Müller, Regierungsbaumeister \
5. Ritter, Oberinspektor
6. L u g s ch e i d e r, Administrator der Süddeutschen Bau
zeitung in München.
Von Stuttgart weggezogen sind:
1. F a i ß, Betriebs-Bauinspektor, nach Aulendorf,
2. Buck, Regierungsbaumeister, nach Calw.
Nach Stuttgart sind gezogen:
1. Ditting, Bauinspektor, von Aulendorf,
2. Reichert, Abteilungsingenieur, von Heilbronn.
Der heutige Stand beträgt:
151 Stuttgarter Mitglieder (2 mehr als im Vorjahr),
118 auswärtige „ (1 weniger „ „ „ ),
zus. 269 Mitglieder (1 mehr „ „ „ ).
In dem verflossenen Jahre haben stattgefunden:
10 ordentliche Versammlungen, durchschnittlich von 40 Personen
(39 Mitgliedern und 1 Gast) besucht;
1 Hauptversammlung (die heutige), von 42 Mitgliedern besucht,
während die vorjährige 24 Mitglieder zählte;
1 gesellige Vereinigung mit Damen in Untertürkheim und
die Besichtigung des neuen Laudesgewerbeniuseums. Ein nach
Freudenstadt, Alpirsbach und Schramberg geplanter Ausflug
kam wegen zu geringer Beteiligung nicht zur Ausführung.
In den ordentlichen Versammlungen wurden Vorträge gehalten:
1. von Architekt Privatdozent Lauser über die Ausführung der
freien Brüstungen in den verschiedenen Stilen;
2. von Architekt Heng er er über die Rathausbaufrage in Stutt
gart;