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Besichtigung der neu erbauten Wil'hekms-Htealschnte.
Dieselbe fand am Nachmittage der Hauptversammlung unter
großer Beteiligung statt. Sämtliche Räume und deren höchst prak
tische Ausstattungen bis zum Dachstock hinauf mit der darüber an
gebrachten Plattform und der von derselben sich darbietenden schönen
Aussicht wurden eingehend besichtigt und es fand nanicntlich die
neu eingerichtete Beleuchtungsiveise, bei welcher die Räume nur durch
das von der Decke zurückgestrahlte Licht von nach unten verdeckten
Bogenlampen erhellt werden, vielen Beifall. Im Musiksaal wurden
die Besucher noch durch mehrere Vorträge, welche von dem Streich
instrumenten-Orchester der Realschüler in sehr gelungener Weise
aufgeführt wurden, angenehm überrascht.
Isamilien-Aöend am 8. November 1896.
Der in üblicher Weise mit der Hauptversammlung verbundene
Familien-Abend fand im Festsaal des oberen Museums unter großer
Beteiligung statt. Dem in fröhlicher Stimmung eingenommenen
gemeinschaftlichen Abendessen gingen teils voraus, teils folgten ihm
musikalische, theatralische, deklamatorische und komische Aufführungen
und schließlich eine lebhafte Tanzunterhaltung.
XII. zvaiidcrveismnmlung des Verbandes deutscher Architekten und
Zngenieur-Kereine ni Berlin
vom 30. August bis 2. September 1896.
Die Begrüßung der zahlreich und in Begleitung vieler Damen
erschienenen Teilnehmer, denen sich auch Oesterreicher und Schweizer
angeschlossen hatten (im ganzen wurden 825 Mitglieder gezählt),
fand am Sonntag Abend (29. August) durch einen festlichen Empfang
statt, welchen die Stadt Berlin in den festlich geschmücklen und mittelst
verstärkter Beleuchtung zu imponierender Wirkung gebrachten Re-
präsentationsräumen des Rathauses dargeboten hatte.
Nach einer Ansprache des Vorsitzenden des Ortsausschusses, Herrn
Oberbaurat v. d. Hude, in welcher er darauf hinwies, daß die
Feier auch dem 25jährigen Bestehen des Verbandes gelte, begrüßte
Herr Bürgermeister Kir sch ne r im Namen der Stadt Berlin die
Versammlung, worauf Herr Oberbaurat Baumeister (Karlsruhe)
mit einem im Namen der Gäste ausgesprochenen Dank antwortete.
Es folgte dann auf einer im Hintergründe des Saales errichteten
Bühne die von lautem Beifall begleitete Aufführung des von Herrn
Ebhard gedichteten Festspieles „Ein Architekten träum", worauf die
Teilnehnier in festlich animierter Stimmung in den verschiedenen Sälen
sich verteilten und auch den dargebotenen Erfrischungen zusprachen.
Am nächsten Morgen (31. August) waren mehr als 500 Teil
nehmer zu ernster Arbeit in dem neuen Reichstagsgebände, dessen
herrliche Räume sämtlich ihnen zugänglich waren, vereinigt. Der
Vorsitzende des Verbandes, Herr Geh. Baurat Hinkeldeyn, eröffnete
die Versammlung mit einer in Form und Inhalt gleich ausgezeich
neten Ansprache, welche mit folgenden Worten abschloß:
„Lassen Sie es unser gemeinsames Ziel sein, jeder für sich
„in unsern Vereinen und in unserm Verbände den Gedanken
„zu hegen und zu pflegen, daß mit allen andern staatserhalten-
„den Kräften auch wir berufen sind, daran mitzuarbeiten, daß
„unser teures deutsches Vaterland
„in Freiheit geeinigt,
„durch Kultur mächtig,
„durch Arbeit blühend
„und durch Wohlstand glücklich
„für fernste Zeiten bleibe."
Unmittelbar daran anschließend, begrüßte Herr Minister Thielen
im Namen der Reichsverwaltung und der preußischen Staatsregierung
und darauf Herr Dr Langerhaus int Namen der Stadt Berlin
die Versamnilung.
Nachdeni dann der Vorsitzeitde für diese Begrüßungen den Dank
der Versammlung ausgesprochen hatte, wurde zunächst von Herrn
Stadtbauinspckior Pintenburg ein kurzer Geschäftsbericht über die
Abgeordnetenversammlnng^ erstattet, worauf die Vorträge des Herrn
Eisenbahn-Bauinspektor Klinke über die Erweiterung der Stadt-
und Ringbahn in Berlin, namentlich in Bezug auf die Berliner Ge
werbe-Ausstellung, und des Herrn Baurat Dr. Steinbrecht über
die Wiederherstellung des Marienburger Schlosses folgten.
Der Nachmittag war verschiedenen Besichtigungen gewidmet,
welche bei einer Gruppe von Teilnehmern mit der Gnadenkirche be
gann, darauf über die Hauptplätze der Stadt, die beiden Kaiser-
Gedächtniskirchen, das Hansaviertel und die Volksbadeanstal: sich er
streckte, bei einer zweiten Gruppe sich mit der Besichtigung von neu
angelegten Stadtteilen beschäftigte, wobei sich viele schöne Häuser und
Villen in zuvorkommender Weise den Besuchern öffneten, und eben
falls mit der Besichtigung der Kaiser Wilhelm-Gcdächtniskirche und
der Volksbadeanstalt endete, und bei einer dritten Gruppe die für
Ingenieure wichtigsten Objekte der Gewerbe-Ausstellung in Betracht
zog. Die drei Gruppen trafen abends bei der internationalen Kunst
ausstellung im Landes-Ausstellungspark zu zwanglosem Zusammen
sein ein.
An, zweiten Tage (1. September) fand ein Ausflug nach Potsdam
mittelst eines mittags abgehenden Extrazugs statt. Die Besichtigung
der königlichen Gärten und Schlösser, sowie der Stadt und ihrer
Kirchen erfolgte in 6 Gruppen, welche schließlich mit Dampfern nach
dem schwedischen Pavillon in Wannsee gebracht wurden, wo unter
einem flott hergestellten Zelte am Ufer des Sees, welcher durch
Feuerwerk und farbig beleuchtete Villen belebt war, in fröhlichster
Stimmung das Abendessen eingenommen wurde, worauf unter Fackel-
und Lampion-Beleuchtung der Rückmarsch zum Bahnhöfe erfolgte.
Am dritten Tage (2. September) vormittags versammelten sich
die Teilnehmer wieder im Reichstagsgebäude. Es fanden die Vor
träge des Herrn Dir. Kolle über die elektrischen Eisenbahnen und
des Herrn Dombanmeisters Salz mann (Bremen) über die Wieder
herstellung des Domes in Bremen statt. Damit war der beratende
Teil der Wanderversammlnng erschöpft.
Kurz nach Mittag brachten Spreedampfer die Teilnehmer nach
der Gewerbe-Ausstellung, wo sie in 5 Gruppen zur Besichtigung ge
führt wurden. Daran schloß sich um 5 Uhr das große Festmahl
im Hauptrestaurant an, an welchem sich 600 Personen, unter ihnen auch
Herr Minister Thielen, beteiligten und bei welchem die ohnehin
sehr lebhafte Stimmung noch durch viele mit großem Beifall auf
genommene Trinksprüche erhöht wurde.
Einen interessanten Abschluß erhielten die festlichen Tage durch
die beiden sich ihnen anschließenden Ausflüge. Den ersten derselben
unternahmen 24 Personen. Sie fuhren nach Stendal, welche inter
essante Stadt des gothischen Mittelalters durchwandert wurde;
darauf brachte ein Wagenzug die Teilnehmer nach Tangermünde, wo
mehrere alte Gebäude besichtigt und bei einer Fahrt auf der Elbe
auch das Stadtbild von der Wasserseite genossen wurde. Den Abend
trunk nahm man in Stendal ein.
Der andere Ausflug nach Danzig und der Marienburg fand
eine erheblich stärkere Beteiligung, nämlich von 103 Personen. Für
denselben hatte die Preußische Eisenbahnverwaltung einen Harmonika-
Sonderzng mit Speisewagen zur Verfügung gestellt. In Zoppot,
wo man nachmittags eintraf, wurde eine kurze Besichtigung des Bade
ortes vorgenommen, bis eine Anzahl Mitglieder des westpreußischen
Vereins zur Begrüßung der Ausflügler eintrafen, worauf die ge
meinsame Fahrt nach der Westerplatte unternommen wurde. Das
im dortigen Kurhaus eingenommene Abendessen zählte 160 Gedecke.
In der elften Abendstunde erfolgte die Rückfahrt nach Danzig, wo
im schönen Artushof die Teilnehmer von Stadtbaurat Ehlers im
Namen der Stadt Danzig begrüßt wurden. Am nächsten Morgen
fand von Seite der Architekten eine Besichtigung der Stadt statt,
während die Ingenieure auf einem Dampfer nach Einlage fuhren,
um den Weichseldurchstich und die Schleusenanlagen zu besichtigen.
Darauf fuhreit alle Teilnehmer von Dirschau nach Marienburg zur Be
sichtigung des in verjüngter Gestalt erstandenen großartigen Schlosses;
dasselbekam namentlich abends bei bengali'cher Beleuchtung zu mächtiger
Wirkung. Nach der Besichtigung vereinigte ein zwangloses Abschieds
mahl die Teilnehmer im Gesellschaftshause zu Marienburg bis zum
Abgang der Züge.
lurnuegegeben mmi würitemb. iuntn für vandunde. Für tu-nseUirtK (Obevbamrat a. D. Ärockmonn. — Ärnck von Xtfred Mutter * U». — vertag von *. Gelse'»
chofbuchhaubtung, sämtlich in Lluttgarl.