Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1893-97)

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selbe hat 17,5 m Breite und 1,95 m Höhe. Zur weiteren Vor 
sorge, daß im Donaukanal stets ausreichende Fahrwassertiefe vor 
handen ist, sollen auf die gesamte Länge von 16 km gleichmäßig 
verteilt 3 Haltungen mit beweglichen Wehren eingelegt werden. Hie- 
mit wird auch den seitherigen sanitären Mißständen bezüglich Aus 
dünstung des städtischen Schmutzwassers gründlich abgeholfen sein. 
Fig. 3. 
Von hervorragendem technischem Interesse ist die außerordent 
liche Tiefe bis zu 27 m, auf welche in Rücksicht des unzuverlässigen 
Untergrundes von zerfließendem Schwimmsand die Quaimauern des 
Cameree'schen Wehres mittelst eiserner Caissons gegründet werden 
mußten. 
Ungeachtet der auf 4 Stunden reduzierten Arbeitszeit und 
sorgfältigen Auswahl gesunder Arbeiter war nicht zu vermeiden, daß 
wiederholt schwere Erkrankungen und selbst ein Todesfall und zwar 
je nach erfolgtem Ausschleusen der Arbeiter eintraten. 
Die Bauleitung, bezw. die Unternehmung der gesamten Ar 
beiten — Firma Redlich & Berger — haben sodann zu dem eben 
so einfachen als zuverlässigen Mittel gegriffen, eine besondere pneu 
matische BcobachtungSstation einzurichten, in welcher die der Er 
krankung verdächtigen, ausgeschleusten Leute bei ganz allmählig ab 
nehmendem Luftdrucke so lange belassen wurden, bis keine Gefahr 
für ihre Gesundheit mehr zu befürchten war. Diese Anordnung, 
bei welcher allerdings seitens der Unternehmung der Zeitaufwand 
für die Arbeiter vergütet werden mußte, hat sich ganz vorzüglich 
bewährt, indem seither keine einzige Erkrankung mehr vorgekommen ist. 
Die Häupter der Kammerschleuse wurven ebenfalls mittelst 
eiserner Caissons gegründet. Die Gründung der 80 m langen 
Wandungen der Schleuse dagegen geschah der Ersparnis halber nicht 
mittelst eiserner Caissons, sondern durch direktes Versenken der ein 
zelnen hohlen Mauerstücke, welche unterhalb des Wasserspiegels als 
gemauerte Caissons behandelt wurden. Die Kosten dieser Umwand 
lung des Donaukanals sind zu 10 000 000 fl. veranschlagt worden, 
ein Betrag, der jedoch voraussichtlich erheblich überschritten werden wird. 
Die Verhandlungen über die großen Kanalprojekte bewegten sich 
in der Hauptsache mehr auf volkswirtschaftlichem Gebiete und in 
technischer Beziehung erfordern sie zu ihrer vollen Würdigung spezielle 
Kenntnis der lokalen Verhältnisse. 
Uebereinstimmend wurde von allen Rednern betont, daß die 
Eröffnung neuer, bezw. die Verbesserung bestehender Wasserstraßen 
nicht nur vom Standpunkte der direkten Rentabilität zu würdigen 
sei, sondern daß in erster Linie deren hohe, volle wirtschaftliche Be 
deutung maßgebend sein solle und daß man insbesondere auch mehr 
Vertrauen zu der Thatsache haben sollte, daß die Wasserstraßen 
mehr als jede Eisenbahn geeignet sind, sich ihren Verkehr in Zukunft 
selbst zu schaffen, weil sie auch die allerbilligsten Materialien, Ab 
fallstoffe u. dergl. versandfähig machen und an jeder Stelle — nicht 
bloß an ausgewählten Stationen — die Anbanung industrieller 
Etablissements u. dergl. ermöglichen. 
Für die Technik gewähren ein entschieden allgemeines Interesse 
die Mitteilungen, welche Herr Geh. Rcgierungsrat A. Riedler-Berlin 
über die Entwickelung der Schiffshebewerke gab. 
Aus Anlaß der durch den Industriellen Franz Ferdinand 
Poeschl-Wien in Auftrag gegebenen Projektierung eines Donau- 
Moldau-Elbekanals zwischen Budweis in Böhmen und Untermühl 
in Oberösterreich mit einer Länge von 70 km ergab sich die vor- 
teithafteste Trasse zur Ueberschreitung der Wasserscheide mittelst langer 
flacher Haltungen von 60—100°/oa und dreier sog. geneigter Ebenen 
von 80 resp. 85 resp. 75 m Höhe. 
Es wurde nun in der Folge eine Konkurrenz zwecks Erlangung 
von Entwürfen über die bei solchen großen Höhenunterschieden prak 
tisch ausführbaren Schiffahrtshebewerke ausgeschrieben und eine viel- 
gliedrige Preisrichterkommission aus Sachverständigen des Bau- | 
ingenieurfaches, des Maschinenwesens und der Schifffahrt eingesetzt. 
Der § 2 des Programms für den Wettbewerb besagt: Die 
untere Haltung eines Kanals liegt in einem Thale vom Gefäll 
1 : 400; die beiderseitigen Gelände dieses Thales fallen unter 1:15 
gegen die Thalsohle ein. Die zu überwindende Höhendifferenz zur ‘I 
oberen am Gelände liegenden Haltung beträgt 100 m. Beide 
Haltungen sind durch eine einzige oder mehrere hinter einander ge 
schaltete, schiefe Ebenen oder vertikale Schiffshebewerke so zu ver 
binden, daß der möglichst günstige Uebergang der unten bezeichneten 
Schiffe von einer Haltung zur andern möglich ist, wobei die Schiffe 
schwimmend zu transportieren sind u. s. w. 
§ 3 giebt die Schiffsdimensionen zu G1,5 m größte Länge, ff 
8,0 m größte Breite (in der oberen Schwimmlinic gemessen) und 
1,75 m Tauchtiefe. 
Die Breite des Kanals im Wasserspiegel wird zu 30,0 m, die 
Sohlbreite zu 18,0 und die normale Wassertiefe zu 2,1 m vor 
geschrieben. 
Ans Grund dieser Wettbewerbung hat die Jury den Entwurf jl 
1. der vereinigten fünf böhmischen Maschinenfabriken — ein- » 
fache Querbahn mit Gegengewichtsausgleichung für 100 m jl 
Hubhöhe — und 
2. der Firma Haniel & Lueg in Düsseldorf — einfache und » 
doppelte Längsbahn für 50 und 100 m Hubhöhe — 
als für konstruktiv richtig erklärt und denselben einen ersten bezw. 
zweiten Preis zuerkannt. Je 
Der Bericht der Jury über diese für die weitere Entwicklung 
des Kanalbaues bahnbrechende Anwendung geeigneter Ebenen W 
ist in Rücksicht dieser Wichtigkeit des Gegenstandes im Druck er 
schienen. Wien und Prag 1897. 
Diesem Bericht bezw. dem ans dem Verbandslage gehaltenen »l 
Vortrage des Herrn Geh. Regierungsrats Riedler, welcher selbst in 
der Jury als Fachreferent thätig war, entnehmen wir nachstehende 
Notizen. 
Die seither übliche Verwendung von Kammerschleusen empfiehlt 
sich nur für Höhenunterschiede von 8—15 m, je nach örtlichen Ver 
hältnissen. Bei vorliegendem 100 m Gefälle eine Doppelschleusen- . 
treppe auszuführen, verbieten, abgesehen von dem lästigen Betrieb m 
und dem großen Wasserverbrauch, lediglich schon die hohen Anlage- 
kosten. 
Die zur Ersparnis an Wasserfüllnng neuerdings angewandten 
Sparbecken, welche den Zweck haben, das abfließende Wasser schichten- V 
weise wieder benützen zu können, gewähren allerdings bis zu 50°/o 
Wasserersparnis, verlangsamen aber den Betrieb noch mehr und er- j/ 
fordern weitere Anlagckosten. 
Da der Nutzeffekt einer Kammerschleuse, wenn man die aus 
fließende Wassermenge zur geförderten je in Pferdekräften in Ver 
gleich setzt, ein äußerst geringer ist (etwa 1 lu), so muß bei spar 
samem Wasserzufluß von Anwendung von Kammerschleusen überhaupt 
abgesehen werden. Z. B. wäre das Aufpumpen der Wasserfüllung 
zur nochmaligen Verwendung aus finanziellen Gründen vollständig 
ausgeschlossen. 
Bei maschinellen Hebewerken wird ein entschieden besserer Nutz 
effekt erzielt. Jedoch sind senkrechte Preßkolben-Hebewerke nicht zu em 
pfehlen, da bei nur einem einzigen Kolben dieser ganz ungewöhnliche Be 
lastung erhält und andererseits bei Verwendung mehrerer Kolben 
die Anlage kompliziert wird. Die Fnndation der Kolben ist sehr 
schwierig und Betriebsstörungen sind nicht selten, wie an einem in 
Les Fontinettes (Nordfrankreich) ausgeführten Beispiel zu ersehen ist. 
Es ist aber in der Praxis nicht angängig, solche Einrichtungen, 
welche bei kleinen Verhältnissen ganz brauchbar sind, ohne Weiteres 
in ganz kolossale Verhältnisse zu übersetzen.
	        

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