Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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find keine besonderen Tabellen aufgestellt; in einer kleinen schema 
tischen Tabelle ist nur Anweisung gegeben, wie dieselben nach Pro 
zenten des Gesamthonorars berechnet werden sollen. 
Bei der Benützung der Haupttabelle ist angenommen, daß für 
jeden ausgerechneten Teilbetrag interpoliert werden kann, und sind 
zu diesem Zweck am Fuß der Tabelle die nötigen Hilfszahlen eingefügt. 
Den Schluß der Gebührenordnung bilden einige charakteristische 
Beispiele. 
Was nun die Höhe der Prozentsätze anbelangt, so übersteigen 
dieselben die Sätze der alten Norm um ca. 1—1,5 °/o. In Betracht 
gezogen muß hiebei werden, daß eine neue Einzelleistung für „Bau 
vorlagen" hinzugetreten ist und daß hierin schon ein Teil der Er 
höhung enthalten ist. 
Die Ansicht der anwesenden Kommissionsmitglieder über diesen 
Teil der neuen Norm geht dahin, daß für unsere verhältnismäßig 
einfachen lokalen Gebäude diese erhöhten Sätze vorläufig mit Vorsicht 
zu gebrauchen sein werden, daß aber andererseits auch hier zu Land 
Bauaufgaben gestellt werden, für welche die neuen Sätze nicht zu 
hoch gegriffen sind. 
Abgesehen von einigen kleinen redaktionellen Aenderungen erklärt 
sich die Kommission mit dem vorliegenden Norm-Entwurf, soweit er 
sich auf Architekten bezieht, einverstanden und empfiehlt denselben dem 
Verein zur Annahme. 
2. Bauingenieure. 
Die alte Norm berechnet das Honorar entweder nach Maßgabe 
der aufgewendeten Zeit (§ 8) oder nach der Bausumme, in letzterem 
Falle entsprechend verschiedene Klassen der Bauausführungen. Beide 
Grundlagen find im wesentlichen auch in dem neuen Entwurf fest 
gehalten; es tritt aber in dem Verhältnis A : G zwischen den eigent 
lichen Ausbaukosten A und den Gesamtkosten 6 ein neuer Faktor 
hinzu und findet außer der Berechnung nach Prozenten der Bausumme 
noch eine solche nach Länge der Linie, Größe der Fläche und nach 
dem Rauminhalte eines Bauobjektes unter Normierung verschiedener 
Bauklasscn statt. Bei der Berechnung nach Größe der Fläche sind 
Preisansätze nicht eingedruckt. Im übrigen sind die eingeführten Ge 
bühren, auch jene nach Maßgabe der aufgewendeten Zeit, erheblich 
höher als bei der alten Norm. Wir anerkennen gerne die Vorteile, 
welche eine Berechnung des Honorars für den Bauingenieur nach 
Länge der Linie und Größe der Fläche rc. bieten. Wir müssen aber 
entschieden verneinen, daß die hohen Ansätze des Entwurfs für die 
eine Privatpraxis treibenden Bauingenieure Württembergs durchführ 
bar sind, wo meist kleinere Gemeinden die Auftraggeber bilden, deren 
finanzielle Leistungsfähigkeit eine beschränkte ist; man würde durch 
die hohen Ansätze die Erteilung von Aufträgen zum Stillstände 
bringen und nur die Vorteile der nieder geprüften Techniker fördern. 
Wenn aber die strikte Anwendung der neuen Norm doch nicht mög 
lich ist, so sind wir der Meinung, daß es sich für den Verein für 
Baukunde nicht empfiehlt, ihre Einführung zu befürworten. 
Ueber Blitzableiter. 
Vortrag, gehalten am 10. Juni 1899 von Baurat Find eisen. 
(Schluß.) 
Von größter Bedeutung ist es, daß die Einschlagstelle des 
Blitzes geschützt wird. Man suchte dies bekanntlich seither durch hohe 
Auffangstangen mit Edelmetallspitzen zu erreichen und sprach von 
einem einfachen, doppelten oder 
4 
h 
dreifachen Schutzraum, je nachdem 
die Horizontalentfernung des zu 
schützenden Punktes von der Auf 
fangstange der einfachen, doppelten 
oder dreifachen Höhe der Blitz 
ableiterspitze über dem zu schützen 
den Punkt entsprach und verlangte, 
daß alle höchst gelegenen Ecken 
des Gebäudes sich noch im ein 
fachen, alle höchst gelegenen 
Kanten im doppelten und jeder 
Fig. 1. Ltchjchlag >» Bcywiuer am g. Alljj. 18g?. Punkt der Dachflächen sich inner 
halb des dreifachen Schutzraums 
einer Anffangstange befinden. Hienach wurde Zahl, Lage und Höhe 
der Auffangstangen bestimmt. 
Fig. 2 u. 8. Blitzschlag in Wohlmulhausen am 27. Juni 1827. 
Es ist nun aber wiederholt die Beobachtung gemacht worden, 
daß Gebäudeteile, welche sich in größerer Entfernung von einer Auf 
fangstange noch innerhalb des einfachen Schutzraumes derselben 
befanden, vom Blitz getroffen wurden, womit die Unzuverlässigkeit 
obiger, auch theoretisch unbegründeter Regeln erwiesen ist. Man 
weiß nur so viel, daß Auffangstangen oder beliebige andere Metall 
massen je nach ihrer elektrostatischen Kapazität und leitenden Ver 
bindung mit der Erde einen einschlagenden Blitz nur bis auf wenige 
Fig. 4 u. 5. Blitzichlag in Altdors am 8. Juli 1828. 
Meter auf sich abzulenken im Stande sind. Es ist deshalb als das 
Sicherste erkannt worden, alle wahrscheinlichen Blitzeinschlagstellen 
entweder durch darüber hinweggeführte Leitungen oder durch in ihnen 
selbst angebrachte Metallmassen unmittel 
bar zu schützen. Was aber die wahr 
scheinlichen Blitzeinschlagstellen sind, dar 
über giebt wieder die Statistik in 
Uebereinstimmung mit den Gesetzen der 
Spannungselektrizität ziemlich genaue 
Auskunft Es sind — mit ganz seltenen, 
bestimmt begründeten Ausnahmen — die 
höchst gelegenen Ecken und Kanten 
der Gebäude, z. B. bei einem glatt 
durchlaufenden Satteldach befindet sich die 
Einschlagstelle regelmäßig im First und Ns- «• S0li 1 f ,l 3 l{ n 1 f 9 a 6 ‘ cnfutt[Qm 
zwar vorzugsweise an einem Ende des 
Firstes in einer Giebelspitzc. 
Man braucht also bei einem solchen Gebäude nur eine genügend 
starke Metallleitung über den First zu ziehen, welchen Zweck, wie 
schon bemerkt, eine Abdeckung desselben mit Blechstreifen statt mit
	        

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