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in Stnttqart.
Jahrgang 1899.
est 6.
Inhalt: Familienausflug nach Hall. — Schecrers Rettungsfenster und Benzenberg's Rettungsleiter. Mitteilungen durch Landesfeuerlösch-Jnspektor Kleber.
— Die technische Hochschule und die wissenschaftliche Forschung. — Verschiedenes. — Personalnachrichten.
Der Zamilienausflug nach Hall.
welcher schon am Feiertage Peter und Paul stattfinden sollte, aber
wegen zu schwacher Beteiligung verschoben werden mußte, fand am
Sonntag den 2. Juli statt.
Trotzdem schon in der Frühe der Himmel seine Schleusen
öffnete, fand sich doch eine wanderfrohe Schar von Mitgliedern, fast
ebenso viele Damen wie Herren, auf dem Bahnhöfe zusammen, um
den längst verabredeten Ausflug auszuführen. Schon während der
Fahrt schlossen sich da und dort auswärtige Mitglieder an und als
in Hessenthal noch die Haller und Heilbronner mit ihren Damen
zu uns stießen und der Regen gerade nachgelassen hatte, entschloß
man sich, am Programm festzuhalten und den Einkorn zu besteigen.
Die malerische Ruine der vom Blitz zerstörten Kirche, die herrliche
Rundsicht vom Aussichtsturin über die Ellwanger Berge, die Hohen
loher Hochebene mit dem Schloß Waldenburg und über einen Teil
unserer Alb mit Hohenstaufen und Rechberg entschädigten die Teil
nehmer vollauf für den etwas schmutzigen und schlüpfrigen Aufstieg,
zumal des Försters Töchterlein mit Speise und Trank auch für die
leiblichen Bedürfnisse Sorge trug. Nach kurzer Rast wurde der
Weg zur Veste Komburg angetreten, deren gut erhaltene Ringmauer
und großartige, 3türmige Kirche schon aus der Ferne die allgemeine
Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Nach einem verstohlenen
Blicke auf das bekannte Wahrzeichen Komburgs, das Steinrelief an
der Ringmaner und nach Durchschreitung des äußeren Thores stand
man dem alten, aus romanischer Zeit stammenden Thorbaue mit
seinen beiden Türmen und seiner reizenden Arkadengallerie gegen
über, um nun unter der liebenswürdigen Führung von Kollege
Jordan die eigentliche Burg zu betreten. Die ganze großartige
Anlage hier zu beschreiben, würde zu weit führen, es sei nur an
die reichen Stuckdecken in den jetztigen Montierungskammern des
Bez.-Kommandos, an den alten mit Arkaden umgebenen Zentralbau
des sogenantcn Archivs, den mächtigen Jnnenrauni der Kirche selbst
mit dem berühmten romanischen Kronleuchter und dem uralten gol
denen Antependium, sowie an die Schreckenkapelle und den die Burg
umschließenden Wehrgang mit seiner stets wechselnden Aussicht erinnert,
um sofort allen Teilnehmern am Ausfluge wieder das ganze viel
seitige Bild dieser gut erhaltenen Ordensburg ins Gedächtnis zurück
zurufen.
Beim Abstiege entlang den alten verwitterten Ritterstandbildern
wurde leider der Regen immer stärker, so daß sich nur noch ein
Teil der Gesellschaft zur Besichtigung von Kleinkomburg und dessen
mittelalterlichen Wand- und Deckenmalereien entschließen konnte,
während der Rest in strömendem Regen aber heiteren Sinnes an
Unterlimpurg vorbei durch die verschiedenen Thorbauten dem nahen
Hall zustrebte. Im Soolbad daselbst vereinigte sich die ganze
Gesellschaft, die nun auf etwa 40 Personen angewachsen war, zum
frohen Mahle, das durch ernste und launige Reden von Vorstand
Kölle, Baurat Ganßer und Bauinspektor Jordan noch eine besondere
Würze erhielt.
Nach dem Essen wurde unter Führung von Baurat Dolmetsch
die von ihm erneuerte Katharinenkirche besichtigt. Dem dringenden
Bedürfnisse nach mehr Platz mußte die alte kleine, aber malerische
Anlage weichen. Die ganze Kirche wurde freigelegt, der obere bau
fällige Teil des Turmes abgebrochen und durch einen neuen Aufsatz
in schönem Werkstein ersetzt, das ganze Langhaus in Werkstein mit
einer sehr hübschen Holzdecke neu erstellt, der Triumphbogen ver
größert und der Chor mit gemalten Fenstern versehen. Sehr in
teressant waren einzelne konstruktive Details, die der Erbauer näher
erläuterte, so der Anschluß des niederen Chors an den neuen, hohen
Triumphbogen, die Anbringung eines alten Krucifixes zur Mas
kierung der Verschlauderung dieses Bogens, die akustisch wirksame
Riffelung des Deckcngetäfers, die praktische Einrichtung der Sitzplätze,
die Heizeinrichtung und vieles andere. Der ganze Um- und Neu
bau der Kaiharinenkirche fand den ungeteilten Beifall der Besucher.
Von der Katharinenkirche aus ging es nun über die große
Kocherbrücke am Landgericht und dem Neubaue des Spitals vorbei
zum Markiplatze. Der Marktbrunnen mit dem reizenden gothischen
Pranger, das Rathaus mit seinem Uhrtürmchen, die altehrwürdige
Michelskirche mit ihrer riesigen Freitreppe und die alten Patricier-
häuser, dies alles bot ein so fesselndes Stadtbild, daß man sich nur
schwer davon trennen konnte. Nachdem noch das Innere von Rat-