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Haus und Kirche besichtigt war, ging es über den Haalplatz und
die altertümliche Holzbrücke zurück zum Soolbad, wo sich die ganze
Gesellschaft bei den Klängen der Stadtkapelle oersammelte, um mit
den Haller und Heilbronner Mitgliedern noch einen Abschiedstrunk
zu thun. Nur zu bald schlug die Stunde der Trennung und führte
die Stuttgarter aus der interessanten alten Salzstadt nach ihrer
Nesenbachresidenz zurück, die man in demselben Regen wieder fand,
wie mau sie morgens verlassen hatte. Der ganze Ausflug muß als
ein äußerst gelungener bezeichnet werden, der allen Teilnehmern in
angenehmer Erinnerung bleiben wird. B.
Bcherrer's Jicttuugäfcnllcr und BeiiMlierg's Mettunplriter.
Vorzeigung von Modellen mit Erläuterungen durch Landesfeuerlösch-Jnspektor Kleber, am 10. Juni 1899.
Als Mitglied der technischen Kommission des Deutschen Feuer
wehrausschusses erhielt der Württembergische Landesfeuerlöschinspektor
auf der in Gotha am 26. Mai 1896 abgehaltenen Ausschußsitzung
den Auftrag, mit Major Renner-Heilbronn eine längere sachgemäße
Prüfung von Menschenrettungsapparaten zur Selbst
rettung fürdasPublikuminBrandfällen zu veranstalten.
Nachdem seitens der Erfinder und Fabrikanten an 20 Apparaten
angemeldet waren, begann deren Prüfung im Frühjahr 1897 in
der Jakobsturnhalle mit Leuten der Berufsfeuerwehr, die Brand
direktor Jacoby zur Verfügung gestellt hatte.
Unter den angemeldeten Gegenständen befand sich auch das
„Rettungsfenster" Patent Architekt Franz Scherrer-
Essen, dessen erste Besichtigung an einem 3 Stock hohen Modell
natürlicher Größe am 13. Januar 1897 in Bonn vorgenommen
worden war. Am 9. und 10. Juni 1897 konnte die erste Vor
führung der Apparate vor der in Wiesbaden tagenden technischen
Kommission stattfinden, der weitere Prüfungen folgten; auch war nun
noch die stationäre Klappleiter von Albert Benzenberg
in Elberfeld hinzugetreten.
Beim XV. Deutschen Feuerwehrtage, abgehalten zu Charlotten
burg am 9.—12. Juli vorigen Jahres, erstattete Landesfeuerlösch
inspektor Kleber sodann Bericht über die Prüfungsresultate. Der
Druckbericht über diesen XV. Deutschen Feuerwehrtag enthält hierüber
das Nähere. Wer sich über neuere Selbstrettungsapparate zum all
gemeinen Gebrauche, also nicht zum Gebrauche durch die Feuerwehr,
Rats erholen will, wird denselben durch den Druckbericht erhalten.
Scherrer's Rettungsfenster und Benzenberg's Klappleiter sind nun
dazu geeignet, die Aufmerksamkeit der Mitglieder des Vereins für
Baukunde in erster Linie zu verdienen, weshalb vom Vortragenden
die Gelegenheit ergriffen wurde, ein ihm eben zur Verfügung stehen
des Modell einer drei Stock hohen Fensterwand mit Scherrer's
Rettungsfenster vorzuzeigen.
Nach Ansicht des Erfinders ist das zunächst in Schmiedeisen
hergestellte Fenster dazu bestimmt, namentlich in Fabriken,
aber auch in öffentlichen Gebäuden, gewissen Arten
von Krankenhäusern, Schulen, Hotels u. dergl., .sogar
in Privathäusern auf einfache, sichere und plötzliche Art
einen einfachen, wohlgelungenen und sicheren, vor
Rauch und Flamme geschützten Rettungsweg zur
Massenentleerung eines Gebäudes herzustellen und
gewissermaßen auch der Feuerwehr als stets bereite
Angriffsleiter zu dienen.
Dies erreicht Scherrer dadurch, daß er eine Reihe senkrecht
übereinander liegender Fenster des betreffenden Gebäudes durch eine
durchgehende Stange verbindet, deren von jedem beliebigen Stockwerke
aus mögliche Drehung das Oeffnen dieser besonders konstruierten
Fenster bewirkt. Die Fenster haben auf die Sprossen passende
Steigeisen; nach geschehener Oeffnung der Fenster bis zur senkrechten
Stellung gegen die Hausfläche, löst sich ein am Fenster angebrachter
koulissenartiger Leiterteil selbstthätig aus, gleitet bis zum darunter
befindlichen Fenster herab und bildet auf diese Weise eine vom
Trottoir bis zum oberen Stock reichende Leiter.
Die erste Mitteilung über dieses Fenster erfolgte am 20. August
1895 im „Archiv und Zentralblatt für Feuerschutz und Rettungs
wesen." Während nun die durchgehende Stange damals noch am
Aeußern des Hauses angebracht war, zeigten schon die eingesendeten
Zeichnungen, sowie das 1897 in Bonn eingesehene Modell insofern
eine Verbesferung, als nunmehr die Stange ins Innere des Hauses
verlegt war. Da die Stange auf einem Exzenter gelagert und be
schwert war, so konnte sie durch Anziehen eines in jedem Stockwer-