Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

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schon abdrehbar gerichtet, so daß dem Fuße der nötige Auftritt auf 
der Leiter garantiert ist. 
Die am jetzigen Modell vorhandenen inneren Stellhebel sollen 
in der Ausführung durch Federn erseht werden und die koulissen- 
artigen Leiterteile sollen ebenfalls durch Federn festgehalten werden, 
was möglich ist, weil dieselben bei geschlossenem Fenster außer Thätig 
keit treten. Mit jedem Znghebel kann Feuermeldung nach einem 
besonderen Raume des Hauses (Portierstube, Kasernenwache, Famu- 
luszimmer u. s. w.) verbunden werden, so daß sofort auch bekannt wird, 
in welchem Stockwerke des Hauses ein Brand ausgebrochen ist. 
Für Fabrikfenster sollen sich die Kosten z. Zt. für den Quadrat 
meter fertiges Fenster ohne Ausstellung auf etwa 100 Mk. stellen; 
bei der Herstellung im Großen werden sich die Kosten voraussichtlich 
auf 60 Mk vermindern. 
Das Fenster ist in letzter Zeit für die Kaserne des 2. Garde 
regiments in Berlin ausgeführt worden, ein solches für das Monopol- 
Hotel daselbst wird folgen, auch für München und Nürnberg sind 
Bestellungen erfolgt. In Stuttgart wird ein Reltungsfenster voraus 
sichtlich an der städtischen Hospitalschule angebracht. 
Nach Erläuterung der aufgehängten Zeichnungen und Photo- 
graphieen ging der Vortragende zur Vorführung des sehr schönen 
Modells des Rettungsfeusters über. Dasselbe stellt in solider Aus 
führung einen Teil der Fensterwand eines dreistöckigen Hauses in 
7» natürlicher Größe dar, an dessen drei übereinander stehenden 
Fenstern der Scherrer'sche Mechanismus angebracht ist. Der Vor 
zeigung in geschlossenem Zustande von außen und von innen folgte 
die plötzliche Lösung des Mechanismus von irgend einem der einzelnen 
Stockwerke aus und die Herstellung der durchgehenden Rettungsleiter. 
Auch diese wurde sowohl von außen als von innen vorgeführt und 
erregte durch ihr plötzliches und tadelloses Funktionieren das Interesse 
der Anwesenden im höchsten Grade. 
Nach wiederholter Jndienstsetzuug der Rettungsleiter ging der 
Vortragende zur Besprechung der Benzenberg'schen Klappleiter, wozu 
er ein kleines, schematisches, hölzernes Demonstrationsmodell (z. vergl. 
die Abbildung) vorzeigen konnte, mit folgendem über: 
Die stationäre Klappleiter von Albert Benzcnberg in Elber 
feld war anfänglich nur im Modell im Maßstab 1:10 eingesendet 
worden. 
Diese, am Aeußeren von Gebäuden zu befestigende, jedoch zu- 
samnienklappbare Leiter reicht vom Trottoir bis unter das Hauptgesims, 
sie hat das Aussehen einer gewöhnlichen Klappleiter und ihre Eigen 
tümlichkeit besteht im Fertigmachen zum Gebrauch und dem 
Verschluß der Leiter gegen böswillige Einwirkung von 
außen, insbesondere gegen die Benützung zum Einsteigen. 
Da die Ausführung der Leiter aus Winkel- und Flacheisen er 
folgt, so stellt sie in zusammengeklapptem Zustande eine Stange von 
nur 4,5 X 4,5 qcm Querschnitt dar und soll deshalb nach Ansicht 
des Erfinders im Verputz von Massivbauten, bezw. in den Verkleidungen 
von Fachwerksbauten fast ganz versteckt, also überall unauffällig ange 
bracht werden können. Gebrauchsfertig hat die Leiter bei 27 cm 
Lichtweite 35 cm Sprossenabstand. 
Nach der Auslösung, welche in jedem Stockwerk möglich ist, fällt 
die Leiter senkrecht zur Gebäudeflucht auf und ist gebrauchsfähig, sie 
ist also außerordentlich einfach. Während nun das anfängliche 
Modell zur Sicherung eine unter dem Dachgesims zu befestigende 
Konsole mit Führungsschiene in Viertelskreisform zeigte, auf welcher 
eine am äußeren Leiterholm angebrachte Rolle herablief und sich mit 
Haken feststellte, war bei der am Steiger 
hause der Ausstellung des XV. Deutschen 
Feuerwehrtages zu Charlottenburg an 
gebrachten Leiter die obere Viertelskreis 
führung durch einen am äußeren Holm 
befestigten Flachciseustab ersetzt, der ver 
mittelst Dorn in einem Scherenschlitz des 
inneren Holms geführt wird. 
Die Feststellung der Leiter erfolgte 
durch eine in jedem Stockwerk ange 
brachte Verriegelung und es waren 
die Verriegelungen der einzelnen Stock 
werke derartig durch einen durchgehenden 
Rundeisenstab verbunden, daß ihre Aus 
lösung von jedem Stockwerk aus erfolgen 
konnte, gemeinsam geschah und durch 
einen inneren Auswerser mit Handgriff 
bewirkt wurde, der in jedem Stockwerke 
neben dem Ausstiegfenster angebracht 
war, und beim Anzug des Handgriffes 
auch gleichzeitig die Auslösung der vor 
handenen Verriegelungen besorgte. 
Die vorgenommenen Proben haben 
nun ergeben, daß das Auslösen der 
Leiter, bezw. das Fertigmachen derselben 
zum Gebrauch leicht bewerkstelligt werde» 
kann und daß der Verschluß gegen mut 
willige oder unerlaubte Benützung von 
außen gut ist, fraglich ist aber, ob nicht die Witterung ungünstig 
auf die Charniere einwirkt. Zum mindesten muß die Leiter beständig 
kontrolliert werden. 
Wenn auch das Anbringen dieser Leiter an architektonisch durch 
gebildeten Fassaden unschön ausfallen dürfte (Gesimse), so ist deren 
Anbringung an einfachen, namentlich Fabrikgebäuden, an Hinter 
häusern, Hoffronten u s. w. nicht störend. In dieser Hinsicht ist 
das am Aeußern des Gebäudes im gewöhnlichen, verschlossenen Zu 
stande gar nicht sichtbare Scherrer'sche Rettungsfenster im Vorzug. 
Der Preis der Benzenberg'schen Rettungsleiter mit 7 Ji 20 ^ pro 
laufender Meter ab Fabrik ist jedoch ein äußerst geringer. 
Vlbert Venzenberg 
(stationäre Mapplcsterf' 
Elberfeld. 
D.R.E.M. 84031. 
Die Technischen Nochlchulen und 
Bei der Uebernahme des Rektorates der Technischen Hochschule 
zu Berlin-Charlottenburg am 1. Juli d. I. hielt der neue Rektor, 
Hr. Geh. Negierungsrat Prof. Ri edler, eine Ansprache, die mit 
Weglassung der innere Angelegenheiten betreffenden Einleitung laut 
Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure Nr. 28 vom 15. Mai 
1899 wie folgt lautete: 
Wir rüsten uns zur Jahrhundertfeier unserer Hochschule. Sie 
wird uns kein Anlaß sein, froh des Errungenen stillzustehen, sondern 
ein neuer Ansporn zu immer weiterem Vorwärtsschreiten. Denn auf 
unseren Arbeitsgebieten giebt es keinen Stillstand. Wir werden dank 
bar die vielhundertjährige wissenschaftliche Vergangenheit würdigen, 
auf die wir unsere Arbeit aufbauen konnten; wir werden die auf 
allen Gebieten geleistete wissenschafrliche Arbeit aller Zeiten aufs 
höchste anerkennen, die auch uns zugute kommt. 
die missenschastliche Forschung. 
Wir werden aber auch mit berechtigtem Selbstbewußtsein unsere 
eigene Thätigkeit und die Bedeutung unseres Arbeitsgebietes zur 
Geltung bringen. Diese Bedeutung zeigt sich schon äußerlich durch 
den mächtig ansteigenden Besuch der technischen Hochschulen. 
Nach der Gesamtzahl der Hörer im letzten Winterhalbjahr ist 
unsere Hochschule die zweitgrößte Preußens (Universität Berlin 6929, 
Technische Hochschule Berlin 3428) und die viertgrößte des Reiches 
(Universität München 4104, Leipzig 3751). 
Wichtiger jedoch als der Umfang ist für die Bedeutung der 
technischen Hochschulen: die Vollwertigkeit unserer Studien und wissen 
schaftlichen Arbeiten, auch mit dem Maßstab der überlieferten ge 
lehrten Studien gemessen. 
In dieser Hinsicht herrschen viele Vorurteile und unrichtige 
Auffassungen.
	        
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