Berlin, den 30. April 1898.
Normalprofile für Bauhölzer.
Bauhölzer, Bohlen und Bretter in trockenem abgelagerten Zustande in auszuführenden Bauten
zu verwenden, ist schon von jeher ein Bedürfniß gewesen und ist nachweislich auch früher schon Bauholz
für das Lager gearbeitet worden. Lange vor Einführung des Metermaßes in Deutschland hatte das
Geschäft im Holzhandel schon einen bedeutenden Aufschwung genommen und war ein wirthschaftlicher
Faktor im Erwerbsleben geworden. Es müssen also in dieser Zeit schon bestimmte Dimensionen
existirt haben, welche gewissermaßen die Marktware bildeten. Diese gangbaren Dimensionen hatten sich
dem Bedürfniß angepaßt. Mit dem Theurerwerden des Rohmaterials stellte sich von selbst zu der
oftmals recht großen Verschwendung eine zweckmäßigere Ausnutzung desselben in Bezug auf Trag
fähigkeit ein, und so entstanden allmählich, aus Bedürfniß und Zweckmäßigkeit, die zum Theil noch
heute geltenden Dimensionen der Bauhölzer.
Nach dem Gang der Entwickelung dieses Handelsartikels wäre es nur natürlich gewesen,
wenn nach Einführung des Metermaßes in: Deutschen Reiche, auch allmählich eine Ueberführung der
Fuß- und Zolldimensionen in das Metermaß stattgefunden hätte. Aber ein Zeitraum von mehr als
20 Jahren ist darüber hingegangen, das Metermaß hat sich in dem Volksleben derart eingebürgert, daß
die jüngere Generation die Maßeinheit Fuß uud Zoll nur noch dem Namen nach kennt. Sämmtliche
Bauausführungen und Abrechnungen werden jetzt allgemein nach Metern berechnet und regulirt, trotzdem
ist bisher nichts geschehen, um eine Ordnung in dem Maßwirrwar herbeizuführen. Auf Bestellung
schneidet man wohl nach dem Metermaß, im übrigen aber wird nach Zollen oder nach Centimetern
gearbeitet, wie es jedem gut dünkt. Die vorhandenen Umrechnungstabellen von Fuß in Meter,
welche bei der Einführung des Metermaßes gute Dienste leisteten, sind jetzt die Hilfe, mit der man
die geradezu unhaltbaren Zustände weiter fortführt, man schneidet und handelt mit Zollmaß und
rechnet ab mit Hilfe dieser Tabellen nach Centimetern.
Es mag zugegeben werden, daß diese Zustände zum Theil auf alte Gewohnheit und Schwer
fälligkeit zurückzuführen sind, hauptsächlich aber sind es Rücksichten, welche auf den Handel mit dem
Auslande, sowohl beim Einkauf als beim Verkauf der Hölzer genommen werden, und die verhindert
haben, daß das alte Maßsystem noch immer nicht aus dem Holzhandel verschwunden ist.
Wenn von seiten der Holzhändler behauptet wird, daß nach Wegfall der bisherigen Praxis —
das Schneiden nach Fuß und Zoll — das überseeische Holzgeschäft Schaden erleiden würde, so ist
darauf zu erwidern, daß die Verluste im Jnlande durch Umrechnung der verschiedenen Maße zwischen