Full text: Monatsschrift des Württembg. Vereins für Baukunde in Stuttgart (1898-1904)

Jahrgang 1899. 
Heft 9. 
Inhalt: Die Unschädlichmachung des Straßen- und Hauskehrichts in Stuttgart. Bortrag, gehalten von Stadtbaurat Kölle, am 28. Oktober 1899. 
Mit 6 Abbildungen. — Die Jungfraubahn. Mit 1 Tafel, 
Die Unschädlichmachung des Straßen- und Vauskehrichts in Stuttgart 
Vortrag gehalten von Stadtbaurat Kölle am 28, Oktober 1899. Mit 6 Abbildungen, 
Meine Herren! Vor einigen Jahren habe ich Ihnen im Verein 
Mitteilungen über die Einführung der Straßenreinigung in städtischer 
Regie und über die Organisation des betreffenden Dienstzweiges ge 
macht. Inzwischen hat sich diese Art der Reinigung hier sehr ein 
gebürgert und soweit ausgedehnt, daß nahezu sämtliche gepflasterte 
Straßen in Regie teils bei Tag teils bei Nacht gereinigt werden. 
Mit der Straßenreinigung wurde zweckmäßig verbunden die 
Abfuhr des auf den Straßen anfallenden Unrates und der in den 
Häusern und Gewerben anfallenden Abfälle, des sog, Kehrichts. 
Dieser Kehricht ist bislang in besonders konstruierten Wagen 
auf einzelne Auffüllplätze aus der Stadt hinausgeführt und dort 
abgelagert worden. 
Mit der weiteren baulichen Ausdehnung der Stadt rücken nun 
die Wohnhäuser diesen Lagerplätzen immer näher, und da auch bei 
sorgfältigster Behandlung, insbesondere in der heißen Jahreszeit, es 
nicht zu vermeiden ist, daß übelriechende Ausdünstungen von diesen 
Plätzen aus sich entwickeln und verbreiten, wird es immer schwieriger, 
diese Lagerplätze beizubehalten. Andererseits erschweren die hiesigen 
koupierten Terrainverhältnisse, welche mit der größeren Entfernung 
aus der Stadt alsbald einen beträchtlichen Höhentransport bedingen, 
die Hinauslegung dieser Plätze ganz außerordentlich und überdies 
kommen dieselben auch hier in das ausgedehnte Gebiet der Stadt 
erweiterung und zwar gerade in diejenigen Gebiete herein zu liegen, 
welche für Wohnquartiere, Villenviertel u. dgl. vorgesehen sind und 
keine geeignete Umgebung für solche Plätze bilden. 
Man müßte daher, um vor Klagen wegen Belästigungen sicher 
zu sein, noch erheblich über die Stadterweiterungszonen hinausgehen 
und käme damit in unsere Wälder und in die Zone der Spaziergänger 
und Luflschnapper hinein, die hier besonders heilig ist und einen 
derartigen Sammelplatz nicht ertragen kann, oder gar auf fremde 
Markungen, deren Inhaber sich für das großstädtische Geschenk recht 
schön bedanken; außerdem würden die Transportweiten ins Unge 
messene steigen und die Transportkosten unerschwinglich werden. 
Während so auf der einen Seite die Schwierigkeiten für die 
Beseitigung des Kehrichts immer größer werden, wachsen andererseits 
die Anforderungen bezüglich der Reinhaltung bei der Bevölkerung 
und damit die Massen der Anfälle von Jahr zu Jahr. 
Hier den richtigen Ausweg zu schaffen, ist eine ebenso heikle 
als schwierige Aufgabe für die hiesige Stadtverwaltung, welche sie 
schon seit einiger Zeit beschäftigt und welche in Bälde einer Lösung 
zugeführt werden muß, da die gegenwärtigen Zustände unhaltbar sind. 
In dem ausgehängten Uebersichtsplane sehen Sie die Abfuhr 
distrikte der einzelnen Kehrichtwagen (im ganzen sind es jetzt deren 32) 
mit verschiedenen Farben und den beigeschriebenen Nummern ange 
geben, ebenso die bisherigen Lagerplätze im Kühnle, im Ameisenberg, 
in der Eckartshalde, im Vogelsang, im Eiernest, in den Buiziballen 
(beim neuen Schießhause). 
Der erstgenannte ist bereits eingegangen und mehrere andere 
sind am Ende ihre Daseins. 
Im allgemeinen giebt es nun zwei Wege zur Abhilfe bezw. 
zur Unschädlichmachung des Kehrichts und zwar: 
1) Die Sammlung an einer oder mehreren Sammelstellen in der 
Nähe von leistungsfähigen Verkehrswegen (Wasserstraßen, Eisen 
bahnen) und Beförderung in großen Massen und Zügen auf 
größere Entfernnngen ins Land hinaus, wo dieselben auf die 
Felder oder in Gruben untergebracht und „unterpflügt" werden. 
2) Durch Verbrennung in besonders angelegtenOefen sog.Destruk- 
toren, wobei es allerdings auch nicht ganz ohne Rückstände 
abgeht, deren Lagerung aber in sanitärer Beziehung nicht zu 
beanstanden ist. 
Der erstgenannte Ausweg ist der ältere; er wurde zuerst in großem 
Maßstabe in London angewendet (Verladung auf Schiffe und Versenkung 
ins Meer), in Deutschland in ähnlicher Weise in Berlin ausgeführt 
(Beförderung mittelst Schiffen auf den Kanälen ins Land hinaus) 
und erst neuerdings in München mittelst Beförderung per Bah« 
eingeführt.
	        
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