— 62
Zur Zeit wird im Stadtgebiete der tägliche Kehrichianfall mittelst
62 Absuhrwagen mit je 3 cbm Inhalt entfernt, welche zusammen im
Tage ca. 50 Fuhren leisten. Da das spezifische Gewicht des Kehrichts
0,7 ist, ergiebt sich als tägliche Kehrichtmenge ca. 100 Tonnen oder
pro Kopf der Bevölkerung ca. 0,6 kg Anfall.
Nimmt man die Leistung einer Zelle in 24 Stunden zu 6 Tonnen
an, so könnte eine Anlage mit 6 Zellen täglich 36 Tonnen, also den
Kehrichtanfall von ca. 60000 Einwohnern verbrennen.
Es würden somit 3 Anlagen mit je 6 Zellen hinreichen, um den
derzeitigen Anfall unschäd-
Quer-schmtt
werden
Schnitt A-B
lief) zu machen. Bei zu
nehmender Ausdehnung der
Stadt und entsprechender
Zunahme des Kehrichtanfalls
würde eine Vergrößerung
der Einzelanlagen oder die
Neuerstellung weiterer An
lagen stattzufinden haben.
Es empfiehlt sich, die
einzelnen Anlagen nicht allzu
groß zu machen, damit der
Weg zum Ofen nicht zu Hos
weit und die Zufuhr nicht
zu teuer wird; 2,5 km ist
für gewöhnlich die weiteste
Entfernung zum Ofen, da
gegen sollte jede Anlage
mindestens auf 12 Zellen
später vergrößert
können.
In England bestimmt
man meist die Verbrennungs
stationen für durchschnittlich
75000 Einwohner.
Es wäre nun das
Nächstliegende für Stuttgart,
4 getrennte Verbrennungs
öfen entsprechend den der
zeitigen Hauptauffüllplätzen
anzulegen und zwar einen
bei Heslach, einen im Vogel
sangthal, einen am Ameisen
berg. einen in der Eckarts
halde. Die beiden letztge
nannten liegen aber ziemlich
abseits vom Anfallgebiet
und ziemlich hoch über
demselben, so daß die Ab
fuhr nach diesen Plätzen
einen bedeutenden Höhen
transport erfordert.
Nun haben abermeines
Erachtens diese Oefen nur
dann einen Sinn, wenn
durch die Herstellung der
selben die Zufuhrkosten der
Anfälle nicht vermehrt son
dern verbilligt werden. In
Zürich wurde festgestellt, daß jeder Hektometer Mehrdistanz über
2 km vom Schwerpunkt des Produktionsgebietes einen jährlichen
Mehraufwand von 2000 Frs. an Zufuhrkosten erfordert.
Da sich nun hier in der Mitte zwischen dem Ameisenberg und
der Eckartshalde und zugleich in der Thalebene gelegen ein
sehr zweckmäßiger Platz im Stöckach neben der tierärzt
lichen Hochschule an der Cannstatter Straße befindet, habe ich diesen
zur Zeit städtischen Lagerplatz zur Erstellung des ersten Ofens in
Vorschlag gebracht, so daß man im ganzen 3 Verbrennungsstationen
(im Stöckach, im Vogelfang und in Heslach) erhalten würde, was
auch der Konfiguration unserer Stadt am besten entspräche. Bezüglich
der Fertigung des Detailprojektes habe ich mich mit dem Vertreter
des Horsfall'schen Ofensystems, Ing. Hempel in Berlin, in Ver
bindung gesetzt und von demselben die Zeichnungen und Kostenberech
nung zunächst für eine 6zellige Anlage ausarbeiten lassen.
Das Projekt ist aus den ausgehängten Plänen ersichtlich; die
Kosten sind zu mindestens 100000 JL ohne Zubehörden berechnet.
Auf Grund dieses Projektes wurde die Errichtung einer 6zelligen
Kehricht-Verbrennungsanlage, welche eine Vergrößerung auf 12 Zellen
leicht ermöglichen läßt, von
Verbrennungsofen: neueste Anlage in Leeds/
Ausfahrt
i«.»-st •" r :
Drau.f gi cht.
1:100
den hiesigen Gemeindekoüe-
gien genehmigt und zunächst
die Summe von 100000^
dafür verwilligt.
DerVerwirklichung des
Projektes stellten sich aber
unerwartete Schwierigkeiten
entgegen. Obwohl aus den
Berichten und Urteilen maß
gebender Techniker und Ver
waltungsbeamter sowohl
bezüglich der seit Jahren in
Betrieb befindlichen eng
lischen Anlagen als auch
hinsichtlich der neuesten Ham
burger Anlage es als fest
stehende Thatsache anzusehen
ist, daß derartige Oefen mit
keinen oder nicht nennens
werten Belästigungen für
die Umgebung verbunden
sind, und obwohl es allge
mein anerkannt ist, daß
man den gegenwärtigen
Mißständen durch die Ein
führung der Kehrichtver
brennung in Bälde abhelfen
müsse, hat sich gegen den
im Stöckach ziemlich abseits
a. Ladedfsmmg von dem eigentlichen Wohn-
l id.sürbrosseStüdse.^/f gelegenen Platz aber
S ebenso gegen die übrigen
Ofensohle. Plätze eine lebhafte Agita
tion erhoben, welche es bis
heute nicht zu einer Ent
scheidung in der Platzftage
kommen ließ.
Nach dem bekannten
Sprichwortc: „Verschon'
mein Haus, zünd' andre
an!" will jeder Stadtteil
die neue Anlage aus seinem
Gebiet in ein anderes ver
schoben wissen.
Inzwischen sind in der
Sache einige neue Systeme
zu Tage getreten, so z. B.
der Schmelzofen von Schnei
der in Dresden und von Wegener in Berlin, beide auf annähernd
demselben Prinzip beruhend. In den Oefen werden die Kehricht
massen unter Anwendung bedeutend höherer Hitzgrade, bis zu 2000° C.,
vollständig zur Sinterung und Schmelzung gebracht; damit wird eine
wesentliche Verminderung der Rückstände (bis auf 10%), sowie noch
eine größere sanitäre Sicherheit erreicht, allein nur unter Zuhilfe
nahme künstlicher Feuerung mittelst Gas-Regeneratoren. Dies erhöht
aber die Betriebskosten ganz wesentlich; wenn auch ein Teil der
Rückstände sich vorteilhafter als beim gewöhnlichen Ofen verwerten
läßt, so decken die hieraus erzielten Einnahmen den Mehraufwand
d. Rost.
e. festlicher Zug.
s. Aschensa.ll