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springenden Aufschrift versehen „sofort nach dem Tode zu öffnen"
und in das Couvert einen kurzen Hinweis auf den § 9 Absatz 2
einfügen, so wird gewiß allen Eventualitäten vorgebeugt. In der
Praxis stellt sich diese Sache überhaupt nicht so schwierig, als wie
die Versicherungskandidaten anzunehmen scheinen; denn meistens ver
läuft ein Todesfall, der durch Unfall hervorgerufen wird, in mehr
oder weniger Aufsehen erregender Weise und kommt bald zu unserer
Kenntnis, worauf von uns unverzüglich weitere Maßnahmen ergriffen
werden. Es ist übrigens diese Bestimmung bei allen Gesellschaften
dieselbe, und zwar aus denselben vorstehend ausgeführten Gründen.
Wir geben uns der angenehmen Hoffnung hin, daß auch Ihnen
diese Bestimmung bei der Acquisition Schwierigkeiten nicht bereiten
wird und empfehlen uns
hochachtungsvoll
Magdeburger Lebensversicherungs-Gesellschaft
(gez.) Linde. (gez.) Richter.
4) Auszug aus den Schreiben des Subdirektors I. Bernhard
vom 9. März und 20. April 1898.
Den meiner Lebens- und Unfallversicherungs-Gesellschaft bei
tretenden hochverehrten Herren Mitgliedern des Bauvereines werde
ich stets coulanteste Bedienung angedeihen lassen.
Insbesondere bei Schadensregulierungen sollen die Wünsche der
Herren nach größter Möglichkeit erfüllt werden.
Die vielen Mitglieder der 6 Vereine, mit welchen Verträge
bestehen, haben alle Ursache, mit meiner Gesellschaft zufrieden zu sein.
Sollte ein Versicherter oder dessen Angehörige infolge eines
Unfalles eine Abschlagszahlung wünschen, so leiste ich solche
gern auf mein Risiko.
Wenn Bedingungen zu Gunsten der Versicherten ge
ändert werden sollten, so verpflichte ich mich gerne, alle Mit
glieder des Bauvereines hierauf aufmerksam zu machen.
Mein vollstes Bestreben ist, die Herren Mitglieder des Bau
vereines stets coulant zu bedienen.
(gez) I. E. Bernhard.
Erste ordentliche Wersammkung am 4. Dezember 1897.
Vorsitzender: Mayer. Schriftführer: H o f a ck e r.
Anwesend: 89 Mitglieder.
Der Vorsitzende begrüßt im Namen des Vereins das nach Stutt
gart übergesiedelte Mitglied, Geh. Regierungsrat v. Schübler, und
teilt der Versammlung mit, daß die Aufnahme folgender Herren vor
geschlagen ist:
Reg.-Bauf. Nüßle in Balingen,
Reg.-Bmstr. Schreher, Assistent an der technischen Hochschule,
Bauinspektor Schmohl in Biberach,
und als außerordentliches Mitglied Schumayer, Studierender der
technischen Hochschule.
Von Berlin ist das Mitgliederverzeichnis des dortigen Archi
tekten- und Ingenieur-Vereins eingelaufen.
Der Magdeburger Ingenieur- und Architekten-Verein hat in
einem Rundschreiben die dem Verbände angehörigen Vereine auf
gefordert zur Unterstützung eines von ihm an den Verbands-Vor
sitzenden gerichteten Dringlichkeits-Antrages in Veranlassung des Um
standes, daß in Preußen den untergeordneten Technikern im Eisen
bahnbauwesen der Titel „Bahningenieur" verliehen worden ist. Der
Vorsitzende befürwortet unter Hinweis auf die österreichischen Ver
hältnisse die Zustimmung zu diesem Antrage und die Versammlung
erklärt sick> damil einverstanden.
Ferner teilt der Vorsitzende mit, daß er dem Baudirektor v. Egle
das Dankschreiben für die Schenkung seines Werkes über die Frauen
kirche in Eßlingen persönlich überbracht habe.
Oberbaurat Laißle hält hierauf einen durch viele Zeichnungen
erläuterten Vortrag über den von ihm konstruierten Glockenstuhl des
Ulmer Münsters.
(Ein Abdruck dieses Vortrags folgt weiter unten.)
Der Vorsitzende spricht dem Redner den Dank der zahlreich er
schienenen Mitglieder aus.
Der neue eiserne Glockenstuhl für das Münster in Ulm
Vortrag von Oberbaurat Laißle, gehalten am 4. Dezember 1897.
(Mit einer Zeichnungs-Beilage.)
Der seitherige Glockenstuhl im Ulmer Münster, welcher 6 Glocken
zur Unterstützung diente, ist etwa im Jahre 1626 aus Holz erbaut
worden. Die Glocken hingen in einer Höhe von ca. 60 m über
dem Boden des Münsters. Der eigentliche Glockenstuhl bestand aus
4 Tragwänden von ungleicher Länge und von 4,5 m Höhe, die
nach der Quere und Länge mit soliden Verstrebungen versehen sind.
Der Boden, auf welchem der Glockenstuhl sitzt, ruht nicht auf
den Umfassungsmauern des Turmes, sondern ist mittelst Böcken von
11,6 m Höhe auf dem sogenannten steinernen Boden ab
gestützt, welcher, etwas höher als das Kirchenschiff, auf 44,3 m über
dem Boden der Kirche gelegen ist (siehe das angeschlossene Zeich
nungsblatt). Die horizontalen Kräfte, welche durch das Schwingen
der Glocken erzeugt werden, kommen hiedurch erst in dieser Höhe
auf die Umfassungsmauern des Turms zur Wirkung. Die unter
stützenden Böcke bestehen aus kräftigen geneigten Streben, welche in
wirksamer Weise die Horizontalkräfte übertragen; dieselben treffen die
Balken des unteren Bodens erst in der Nähe der Auflager, der Boden
ist deshalb durch das Gewicht der Glocken nicht wesentlich belastet.
Da dieser Boden jedoch häufig zum Aufstapeln von Baumaterial rc.
benützt wird, so ist derselbe in mehreren Balkenlagen über einander
und von sehr kräftigen Hölzern konstruiert worden, welche durch
Streben noch auf den Umfassungsmauern abgestützt worden sind. Es
sind trotzdem im Laufe der Zeit durch Schadhaftwerden des Holzes
Verstärkungen nötig geworden und so hat sich schließlich ein ganzer
Wald von Hölzern in diesem Boden angehäuft.
Da das Regenwasser frei durch die Tnrmfenster der beiden
Etagen eintreten kann, so waren beide Böden mit Backsteinen auf
Holzunterlagen abgedeckt; durch starke Querneigung der Böden (von
7 resp. 14°/«) war für rasche Wasserabführung gesorgt.
Um die Glocken und andere Gegenstände auf den Turm schaffen
zu können, sind in den Böden in der Mitte Oeffnungen von 2,0 m
Weite ausgespart. Das Aufziehen erfolgt durch eine in der Wächter
wohnung aufgestellte Hebevorrichtung (Krahnen), welche im Jahre 1893
umgebaut worden ist. Der Einbau der Wächterwohnung ruht auf
zwei aus Eisengerippen bestehenden Tragwänden, so daß der ganze
Einbau frei vom Gewölbe im Turm sitzt und zum Aufziehen von
Lasten bis 100 Ztr. genügende Tragfähigkeit besitzt.
Die Oeffnung im unteren Boden ist durch eine Klappe ge
schlossen, welche von der Turmwächterswohnung aus bewegt werden
kann. Der Abschluß ist nötig, um das Herabfallen von Gegen
ständen auf den Kirchenboden zu verhüten. Dieser Abschluß wird
später, wenn eine Heizung der Kirche eingerichtet ist, die im nächsten