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Die Bauregistratur und Bauratsschreiberei erhält den Geschoß
teil an der Küferstraße, anschließende Räume an der Eichstraße bis
zum Mittelbau und zwei Zimmer in diesem; die anstoßenden Räunie
daselbst sind bestimmt für die Feuerschauer und das Bürgerrechtsbureau
An der Eichstraße liegen ferner das Verbranchssteueramt,
Arbeitsräume für die Stadtgeometer und Garderobe zum Festsaal.
Im dritten Obergeschoß, welcher im Bauteil am Markt
noch von den mit doppelter Geschoßhöhe projektierten Saalbautcn
eingenommen wird, befindet sich im Bauteil Hirschstraße und der
Hälfte des Mittelbaues das Hochbauamt, im Bauteil Küfer- und
Eichstraße, sowie der anderen Hälfte des Mittelbaues das Tiefbauamt.
Innerhalb der eisernen Dachkonstruktion werden ebenfalls noch
Räume zum Aufbewahren von Akten für event. Vergrößerung des
Verwaltungsbetriebs vorgesehen.
Hinsichtlich der Konstruktion des Gebäudes ist folgendes zn
erwähnen:
Die Fundamentierung wird durchweg in Beton hergestellt; ich
möchte nicht verfehlen, bei dieser Gelegenheit zu bemerken, daß ent
gegen der vielfach verbreiteten Ansicht der Baugrund ein durchaus
vorzüglicher ist, wenigstens bei dem jetzt im Bau begriffenen Teil.
Aus Gründen der Feuersicherheit wird das ganze Gebäude nur
in Stein und Eisen konstruiert, die Decken enthalten eiserne ITräger,
zwischen denen die Kleine'sche Deckenkonstruktion liegt; die Fußböden
in den Arbeitsräumen werden aus Gipsestrich mit Linoleumdeckung
hergestellt, Korridore rc erhalten Mettlacher Fliesenbelag.
Sämtliche Fronten werden in Haustein ausgeführt, als Material
hierzu wird zum größten Teil der vorzügliche Keupersandstein aus
den Brüchen des Schönbuchs verwendet.
Das ganze Gebäude erhält eine mit Ventilation in Verbindung
stehende Zentralheizungsanlage. Als System ist die Niederdruckdampf
heizung gewählt, deren vier Kessel durch die Bauweise bedingt, in
zwei gesonderten Heizräuuien unter dem Mittelbau untergebracht
werden. Ratskeller und Sitznngsräume, sowie Hausmeisterwohnung
sind auszuschalten, so daß diese Räume an Sonn- und Festtagen
von einem Kessel gesondert beheizt werden können.
Der Ventilationsanlagc wurde ein einmaliger Luftwechsel zu
Grunde gelegt, für den Fest- und Vorsaal, Trausaal und Kommissions
sitzungssaal sowohl als für den Ratskeller ist eine mechanische Pnl-
sionsventilation mit im Winter vorgewärmter Luft beabsichtigt.
Die Beleuchtung mittelst Elektrizität ist in der Hauptsache in >
den Arbeitsräumen als Tischbeleuchtnng, in den Festräumen als |
Deckenbeleuchtung gedacht. Nebenbei wird für besondere Zwecke und
zur Aushilfe für Gasbeleuchtung Sorge getragen.
Die Leitungen der Heizungs- und die der elektrischen Beleuch-
tungs- und Läuteanlage befinden sich immer für zwei Räume ge
meinschaftlich in isolierten an der Fensterwand in den Trennwänden
liegenden Doppelkanälcn. Diese sind behufs Kontrolle und Vornahme
von Reparaturen bei etwa vorkommden Störungen im ganzen Hause
zugänglich, und ihre Verschlüsse werden organisch der Innenarchitektur
der Räume angepaßt.
Neben diesen Schlitzen liegen in den Trennwänden die aus
innen glasierten Tonzellen bestehenden Entlüftungskanäle. Hierbei
sind wir von dem bestehenden System der Anlage dieser Ventilations
röhren in den Mittelwänden abgegangen, welche den Nachteil hat, j
daß diese durch Deckenlast außerordentlich beanspruchten Wände durch
die Röhren derart aufgelöst werden, daß eigentlich nur noch einzelne
Pfeiler stehen bleiben, ganz abgesehen davon, daß bei dieser Methode
ein Auswechseln der Deckenbalken sich kaum umgehen läßt, was bei
der architektonischen Ausbildung der Decken unter Benützung der
Balken störend wirkt.
Auch die Anlage der Ventilationsröhren in den Trennwänden
von 38 cm bezw. 2b cm, letztere mit '/, Stein-Vorlage, ist eine kon
struktiv falsche, da man bei der Notwendigkeit, in jeder Wand Rohre
zu haben, diese alle auflöst und zwar meistens an der Verbindungs
stelle mit der Mittelwand in zwei schivache Zungen zu je '/-Stein,
gerade an dem konstruktiv wichtigsten Punke. Wir wählten daher
Thonrohre, welche '/»Stein Außenmaß haben und beim Vermauern
in den Trennwänden, auf einer Seite bündig, diesen wenigstens die !
konstruktive Stärke von 1 Stein — 25 cm lassen. Die Mittelwände
bleiben dadurch ganz frei.
Der,zweite Teil, die formale Aufgabe des Architekten, besteht, <2\
wie schon früher bemerkt, in der Ausschmückung und architektonischen
Entwicklung des Gebäudes.
Bei jedem Bauwerk ist unter allen Umständen anzustreben:
1) durch die Architektur den Zweck, dem das Gebäude dient, auch
äußerlich zum Ausdruck zu bringen,
2) in Formen und Verhältnissen das Bauwerk dem Ort bezw.
dem Bauplatz anzupassen.
Den Zweck eines Gebäudes im Aeußeren erkennen zu lassen,
bedarf cs hauptsächlich der Aussprache der bedeutungsvollsten Jnnen-
räume in der Hauptfassade in deren Größenverhältnissen unter event.
Hinzufügen traditioneller Attribute. Weit schwieriger ist die An
passung der Gesamtbaumasse und Einzelformen an den Bauplatz und
damit die Schaffung einer guten Architektur, eines guten Gesamtbildes.
Der Mensch ist gewöhnt, unwillkürlich in seinen Schönheits
und Größenempfindungen bei allen Eindrücken künstlerischer Art als
Vergleichsmaßstab seine eigene wirkliche und, bei Bildern, scheinbare
Körpergröße zu Grunde zu legen. Diese Maßstabseinheit und die
Verhältnisse eines Kunstwerks und seiner Teile zu ihr bilden deshalb
die Grundlage des Eindruckes des Werkes.
In der Jnnehaltung, der Schwächung oder Steigerung dieses
Maßstabes liegt in der Kunst der Eindruck des Natürlichen, Zierlichen
oder Gewaltigen.
Sind die Formen und sonstigen Details eines Kunstwerks dem
absoluten Maßstab des darzustellenden Gegenstandes angepaßt oder-
kleiner als dieser, so erhält man die Wirkungen des Natürlichen oder
Zierlichen; sind dieselben größer in ihrem absoluten Maßstab, so tritt
uns das Gewaltige, Gigantische entgegen.
Soll nun letztere Wirkung nicht schwerfällig oder übernatürlich
sein, so ist es unbedingt notwendig, eine Maßstabsvermittlung zwischen
dem großen absoluten Maßstab, der die Wirkung des Gewaltigen
hervorruft, und demjenigen des Natürlichen, dem Memcheneinhcits-
maßstab, zu schaffen.
Diese Maßstabsvermittelung bilden die Details. In der Natur
z. B. vermittelt den Eindruck eines gewaltigen Berges sowohl die
Bewaldung als auch die Färbung und Beleuchtung bis zur Bebauung
und Belebung mit Mensch und Tier, bei einem Fluß, einem See
die Wasserbewegung, Spiegelung der Wolken bis zur Belebung mit
Tieren und Schiffen.
In der Architektur liegt es bei einem Monumentalbau im
Charaker desselben, daß die Formen und der eigene Maßstab ganz
oder teilweise größer genommen werden müssen, entsprechend den er
forderlichen Größen der im Aeußern zum Ausdruck kommenden
Jnnenräume als bei einem gewöhnlichen Privaihause.
Um nun auch hier einen befriedigenden Eindruck des Architektur-
bildes zu erhalten, muß dieser große Maßstab, diese Vervielfachung
des Einheitsmaßstabes, eine Vermittelung für das menschliche Ein-
pfinden erhalten. Diese Vermittelung muß hier eine zweiteilige sein:
1) eine ästhetische Reduktion der Masscngliederung durch Vorder
grund und Umgebung;
2) eine Reduktion des absoluten Maßstabes in sich selbst und
Vermittelung desselben mit dem Mcnscheneinheitsmaßstab durch
die Details der Architekmrteile.
Nur wenn diesen beiden Forderungen Genüge geleistet ist, zeigt das
Schaubild keine störenden Maßstabs-Disharmonien.
Die hervorragendsten Baumeister aller Zeiten tvaren sich dessen
bewußt und haben daher, um ihre Monumentalbauten für das mensch
liche Auge zu vermittelu, den absoluten Maßstab des Gebäudes in
richtigen Einklang gebracht zunächst mit dem Maßstab der Umgebung.
Sie haben mit den Abmessungen der ihren Monumentalgebäuden
meistens vorgelagerten Plätze die Harmonie des Architekturbildes ab
gestimmt und mit ihren Details dieselben mit dem Menscheneinheits-
maßstab zusammengebracht.
Durch die uns überlieferten Beispiele jener Meister dürfte die
Richtigkeit meiner Behauptung bewiesen sein, und sollen wir Archi
tekten daraus folgende Lehre ziehen: