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Monatsschrift des Württ'embg. Vereins für Baukunde in Stuttgart.
Nr. 1
in 2 Hauptgruppen: das Lehrgebäude und das anstossende
Laboratorium. Hinter dem Letzteren befindet sich im Hof
raum der Dampfkamin und ein Schuppen.
Die gesamte Anlage ist in schlichter Weise und mit mög
lichster Sparsamkeit ausgeführt, doch konnte wegen der ver
schieden hohen Bauteile eine malerische Gruppierung erreicht
werden.
Das Sockelgeschoss der Dammstrassenfäcade und der zwei
Nebenseiten ist aus Buntsandstein als Rustica- bezvv. Bossen-
gemäuer mit kräftiger Sockelgurt, der Sockel der übrigen Facaden
als Buntsandsteinimitation in Beton mit Bossenquadern her
gestellt. Die Stockmauern sind als Backsteinmauerwerk mit
sparsamer Verwendung von Buntsandslein für Fensterbänke,
Bogenfänger, Schlusssteine und Gurten hergestellt. Die Damm
strassen faijade und die 2 anschliessenden Nebenseiten haben
Frankfurter Verblendsteine erhalten, wärend die übrigen Facaden
mit Höfer’schen gelben Backsteinen verkleidet sind. Das Gon
solengesims des Lehrgebäudes, das Hauptgesims der Maschinen
halle mit Giebel und Aufsätzen sowie alle übrigen Hauptgesimse
sind Kunststeine in Buntsteinimitation, die von Krutina & Mühle
in Untertürkheim geliefert worden sind. Das Lehrgebäude hat
Schieferbedachung, die Plattform desselben und das Dach der
Maschinenhalle haben Zinkbedachung, das Kesselhaus mit dem
anstossenden Motoren- und Werkstättenraum Holzzementbe
dachung erhalten; das Dach des zwischen dem Lehrgebäude
und dem Kesselhaus befindlichen Kohlenraumes ist mit Well
blech abgedeckt. Maschinenhalle und Kesselhaus haben ausser
reichlichem Seitenlicht grosse Oberlichter, welch letztere nach
dem System Lorenz eingedeckt sind.
Das 15,34 m lange, 18,10 m breite, 14,77 m hohe Lehr
gebäude enthält im rd. 3 m hohen Sockelgeschoss die Wohnung
des Maschinenmeisters, im rd. 5 m hohen Erdgeschoss den
grossen 14 m langen, 9,37 m tiefen Hörsaal mit anstossendem
Wasch- und Ankleideraum, 1 Versuchszimmer und die Aborte,
im rd. 4,15 m hohen I. Stock das Zimmer des Institutsvorstands,
das Zimmer der Studierenden — gleichzeitig Bibliothek —, das
Zimmer des Maschineninspektors und eines Assistenten. Im
Dachstock befindet sich ein grosser Raum für Modelle, die aus
2 Kammern bestehende Heizerwohnung, 1 Dachkammer und
ein Bühnenraum. Das Sockelgeschoss ist ganz unterkellert,
enthält Keller, Versuchsgelasse und freie Magazinräume. Eine
massive 2 läufige Treppe von Schnaitheimer Kalkstein auf
T-Schienen verbindet das Sockelgeschoss mit dem Dachstock.
Die Ausstattung sämtlicher Räume ist sehr einfach.. Die Böden
der Gänge und Treppenpodeste des Ankleideraumes und des
Aborts haben Fliesenbelag, die Institutsräume buchenen Riemen
belag erhalten. Mit Ausnahme des tapezierten Vorstandszimmer
zeigen alle Wände Leimfarbanstrich, das Treppenhaus auf
1,50 m Höhe einfache Oelfarbbrüstung. Das Dachbodengebälk
wie auch dasjenige der Gelasse im I. Stock sind in Holz, alle
übrigen Böden sind aus I-Trägern mit Kleine'scher Decke, teils
mit Betonschüttungen, konstruiert. Zur Heizung dienen Gasöfen,
für die Beleuchtung ist durchweg das Auer sehe Glühlicht ein
geführt. Der Hörsaal hat für 84 Zuhörer Platz und ist wie
sämtliche Institutsräume einfach aber gut ausgestattet.
Das hart an das Lehrgebäude anstossende Laboratorium
besteht aus der Maschinenhalle, dem Kesselhaus, dem Gas
generatorraum, einem Raum für Gaskraftmaschinen, der Schmiede,
der Werkstätte und dem Kohlenraum. Die Maschinenhalle
ist 27,96 m lang, 13,86 m breit, 10,95 m hoch. Sie besteht
aus der eigentlichen ca. 9 m hohen Maschinenhalle mit 2
Dampfmaschinen, dem 3,90 m hohen Pumpenraum mit den
2 grossen Pumpmaschinen, welche ihr Wasser aus dem Saug
schacht des vom Mühlkanal hergeführten Kanals entnehmen,
dem 2,75 m hohen Raum unter den Pumpen mit den Wasser
zuleitungsröhren und dem bis in die Maschinenhalle reichenden
Windkessel. Von sämtlichen Geschossen führen Verbindungs
thüren nach dem Lehrgebäude. Die Maschinenhalle erhält
durch 8 grosse Wandfensler und ein etwa 3 m breites, 12 m
langes Oberlicht gute Beleuchtung. An letzterem sind von
unten regulierbare Jalousieklappen. Der Pumpenraum hat reich
liches Seitenlicht und zum Teil Licht von der Maschinenhalle.
Durch Untergeschossfenster und Deckenlichter ist der Raum
darunter noch ausreichend beleuchtet. Die Dachhaut der Halle
bildet zugleich deren Decke, welche auf Pfetten und eisernen
Dachbindern ruht. Die Wände haben 1,70 m hohe Wand
bekleidung von Thonfliesen und Leimfarbanstrich darüber, der
in Bautzen geliefert wurden.
Boden Fliesbelag erhalten. Ein grosser über die ganze Hallen
breite reichender fahrbarer Krähn ermöglicht die Beförderung
von Eisenteilen in jeden Teil der verschiedenen Stockwerke
durch Oeffnen zweier aufnehmbarer Bodenbeläge. Zwei ein
gebaute Nebentreppen vermitteln den Verkehr zwischen den
einzelnen Geschossen. An die Langseite dieses Laboratoriums *
schliesst sich 2 Stufen höher als der Pumpenraum liegend, das
15,63 m lange, 13,35 m breite, 8,50 m hohe Kesselhaus
an, welches vom Hofraum aus direkt zugänglich und mit
der Maschinenhalle durch eine Nebentreppe verbunden ist.
Es hat drei grosse und drei kleinere Seitenfenster und drei grosse
Oberlichter. Drei Dampfkessel, ein Kessel für indirekte Heizung,
der Ueberhitzer und sonstige Apparate sind darin aufgestellt.
An der südl. Schmalseite ist der gleich hohe Gasgeneratorraum
angebaut, welcher durch eine Treppe direkt mit der Maschinen
halle verbunden ist. Anschliessend an diesen Raum befindet
sich im Erdgeschoss der Motorenraum und die Schmiede und
über diesen Räumen in gleicher Höhe mit der Maschinenhalle
die Werkstätte. Eine Wendeltreppe vermittelt die Verbindung
dieser Räume unter einander. Gasgeneratorraum, Motorenraum
und Schmiede liegen in gleicher Höhe mit dem Pumpenraum.
Ein vor der Werkstätte befindlicher auf dem Trottoir aufge
stellter Drehkrahn ermöglicht die Beförderung der Lasten nach
der Werkstätte. Die Dachhaut bildet hier ebenfalls wieder die
Decke. Die Wände erhielten einfachen Leimfarbenstrich. —
Sämtliche Gebälke dieser Räume bestehen aus I-Trägern mit
Betonschüttung und Gementglattstrich. Die Fenster dieser Labo
rierräume haben schmiedeiserne Fensterrahmen mit den er
forderlichen Lüftungsflügeln, welche von der Firma Zimmermann
An der Nordseite des Kesselhauses und an das Lehr
gebäude anstossend liegt der 9,70 m lg. und 3— 4 m breite, circa
4,80 m hohe Kohlen raum mit Vorraum zum Wägen des |
Heizmaterials. Zur Aufstapelung weiterer Heizvorräte dient die ;
Hälfte des frei in den Hof gebauten 20 m lg. und 8 m br; D
Schuppens. Die andere Hälfte mit Wänden aus Eisenfachwerk j
dient für Versuchswerke (Fallversuche) etc. Der Schuppen ist -|
mit Wellblech überdeckt.
Im Laborierraum ist durchgängig Gasbeleuchtung durch
geführt. Zur Heizung des Pumpenraumes dienen 3 Rippen
heizkörper, welche vom Dampfkessel aus gespeist werden.
Von den Dampfkesseln des Kesselhauses führt der ca.
1,20 m br. 1,20 m hohe Kanal nach dem im Hofe befindi.
37,2 m hohen mit 1 m Durchmesser ausgeführte Dampf
kamin, das ausser Steigeisen im Innern noch eine Korbleiter
aussen hat, um Wärmemessungen in verschiedenen Kamin
höhen ausführen zu können. Zu diesem Zweck sind kleine
cylindrische Dehnungen in das Kamininnere belassen, um ein |
Thermometer dort einstecken zu können.
Der Baugrund ist sehr verschieden und hat ganz ver-,J
worfene Schichtung. Auf grössere Ausdehnung zeigte sich
ca 1,60 m unter Terrain eine 35 cm starke Tuffsteinschichte,
auf welche die Fundamente des Kesselhauses und Lehrgebäudes
aufgesetzt wurden. Andere Stellen, insbesondere unter der j
Maschinenhalle zeigten in dieser Tiefe nur vereinzeilte Tuffstein-'®
stücke und in einer Tiefe von 3,5 m unter Terrain zum Teil 1
eine ca 35 cm starke umfangreiche Tuffstein platte (auf der die j
Pumpenfundamente ruhen), zum Teil eine feste Kiesschichte j
mit etwas Lette vermengt. Ausserdem [zeigten sich grössere
und kleinere 20 cm und 15 cm dicke Tuffsteinschichten
80 cm — 1,15 m unter Terrain, die plötzlich wieder aufhörten. 1
Die Auffüllung bezw. die Humusschichte ist 80 cm hoch. Im ■(
Uebrigen stiess man auf mehr oder weniger kompakten Tuff- jj
sand zum Teil mit Letten und Kies vermischt. Bei der Fun- '
dation der tiefliegenden Teile war gegen einen lebhaften
Wasserandrang anzukämpfen, da die Sohle ca 1,75 m ;
tiefer als der normale Wasserstand des Mühlkanales liegt und
weil in der Mitte der Maschinenhalle und unter dem Saugschacht
I Sauerwasserquellen zum Vorschein kamen.
Einige Quellen kamen bei Hochwasser mit einem ca. 12 cm j
hohen Sprudel über die Oberfläche des ca. 60 cm tiefen Wasser- »
I Stands der Maschinenhalle heraus. Mit Hilfe zweier Centrifugal-
pumpen gelang es, die Baugrube wasserfrei zu halten. Das
Bauterrain lag etwa 3,0 m tiefer als die inzwischen aufgefüllte
Dammstrasse. Es empfahl sich daher, diesen Höhenunterschied
möglichst voi teilhaft für den Bau auszunützen durch Einbau
von Untergeschossen.